OGH 12Os83/14v

OGH12Os83/14v28.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Moritz als Schriftführer in der Strafsache gegen Sveto S***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Mai 2014, GZ 84 Hv 16/14h‑48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00083.14V.0828.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sveto S***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er ‑ zusammengefasst wiedergegeben ‑ am 23. Jänner 2014 in W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zur Ausführung der strafbaren Handlung des Zeljko K***** beigetragen, der am 23. Jänner 2014 unter Verwendung einer Gaspistole von der Kassiererin einer B***** Filiale in W***** Geld forderte und Bargeld in Höhe von 6.475 Euro sowie 390 USD wegnahm, indem er Zeljko K***** vereinbarungsgemäß mit seinem Fahrzeug zur Bankfiliale fuhr und während der Tat fluchtbereit in zweiter Spur wartete, nachdem er zuvor den Tatort ausspioniert hatte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, „9“ und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die fehlschlägt.

Die in § 281 Abs 1 Z 3 StPO enthaltene Aufzählung jener Bestimmungen, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, ist taxativ (RIS-Justiz RS0099128; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 193, Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 33). Eine analoge Anwendung der eine Nichtigkeitssanktion enthaltenden Vorschrift des § 250 Abs 2 StPO, wonach der gemäß Abs 1 leg cit in der Hauptverhandlung zeitweilig abwesende Angeklagte bis zum Schluss des Beweisverfahrens von allem in Kenntnis zu setzen ist, was in seiner Abwesenheit vorgenommen worden ist, insbesondere von den inzwischen gemachten Aussagen, auf den Fall eines in der Hauptverhandlung durchgehend anwesenden, jedoch nur über ungenügende Deutschkenntnisse verfügenden Angeklagten kommt nicht in Betracht (vgl RIS‑Justiz RS0099088, RS0099118).

Die aus Z 4 erhobene Kritik daran, dass dem anwaltlich vertretenen Angeklagten die in der Hauptverhandlung getätigten Zeugenaussagen nicht in eine für ihn verständliche Sprache übersetzt worden seien, scheitert schon am Erfordernis einer ‑ fallbezogen aber unterbliebenen ‑ entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung.

Die zum Beweis dafür, dass Zeljko K***** den Angeklagten durch Versetzen von Schlägen dazu gezwungen habe, die Fahrt fortzusetzen, begehrte Beischaffung von Pullover und Handschuhen aus der Zelle des Angeklagten und die verlangte Einholung eines Gutachtens zum Beweis dafür, dass die darauf befindlichen Blutspuren vom Angeklagten stammen (ON 47 S 49), konnte ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil das Begehren schon angesichts der weiteren Beitragshandlung keinen Konnex zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage erkennen ließ (RIS‑Justiz RS0118444; Danek, WK-StPO § 238 Rz 7; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 328).

Ebensowenig orientiert sich die Mängelrüge (Z 5) an den Vorgaben des Prozessrechts, indem sie die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe unterlässt (RIS‑Justiz RS0116504, RS0119370). Die Tatrichter haben sich nämlich mit den, im Zuge des gesamten Verfahrens wechselnden Einlassungen des Angeklagten eingehend auseinandergesetzt (US 5 ff), sind dessen anfangs wie zuletzt leugnender Verantwortung jedoch nicht gefolgt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) fand die Aussage des Angeklagten, Zeljko K***** habe bei seiner Rückkehr zum Auto eine Waffe in der Hand gehabt, sogar ausdrücklich Beachtung (US 8).

In Ansehung der Verwendung einer Waffe leiteten die Tatrichter die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen in unbedenklicher Weise aus dem objektiven Tatgeschehen ab (US 9). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ist nämlich ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar, ja bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 452; RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671).

Nominell aus „Z 9“, der Sache nach aus Z 10 behauptet die Beschwerde betreffend die Benutzung einer Waffe durch den unmittelbaren Täter das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Beitragstäters.

Die Rüge nimmt dabei aber nicht ‑ wie bei Geltendmachung materieller Nichtigkeit stets geboten ‑ an den Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit Maß (RIS-Justiz RS0099810), weil sie die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte wusste und wollte, dass Zeljko K***** eine Gaspistole verwendet (US 5), schlichtweg übergeht.

Mit der Forderung nach außerordentlicher Strafmilderung nach § 41 StGB beschränkt sich die Sanktionsrüge (Z 11) auf ein Berufungsvorbringen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus gemäß § 285i StPO die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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