Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 8 (acht) Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. September 1955 geborene jugoslawische Staatsangehörige Savo A (A) des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach § 15, 202 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (B) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und (C) der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt, weil er am 7. Juli 1983 in Wien (14. Gemeindebezirk) (zu A) Janja B durch Gewalt, nämlich dadurch, daß er sie an den Haaren riß, auf sie einschlug und sie würgte, wobei er sie zur Türe ihrer Wohnung zu drängen trachtete (S 101), zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen versuchte, (zu B) Milan C durch Zuschlagen mit einem Sessel und Tritte, wodurch der Genannte Schwellungen am Hinterkopf und am rechten Unterarm sowie Blutergüsse an diesem und am rechten Oberschenkel erlitt, vorsätzlich am Körper verletzte und (zu C) dadurch, daß er Monika D ein Strickleibchen vom Körper riß und es dabei zerriß, vorsätzlich eine fremde Sache unbrauchbar gemacht hat. Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten ausdrücklich 'in seinem gesamten verurteilenden' Teil, der Sache nach allerdings nur in Ansehung der Schuldsprüche laut Punkt A und C des Urteilssatzes mit einer auf die Z 4, 5
und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Angeklagte in der Abweisung seines zum Beweis dafür, daß es ihm nicht möglich gewesen wäre, gleichzeitig - nämlich um 21 Uhr - an den Tatorten in Wien 14., Linzerstraße 85 (Schuldspruch Punkt A und B) einerseits und Wien 14., Cumberlandstraße (Schuldspruchfaktum C) andererseits anwesend zu sein, gestellten Antrages auf Vornahme eines Ortsaugenscheines und 'Befahrung der beiden Tatorte' (S 89). Das Erstgericht gründete die Ablehnung dieses Beweisantrages auf die Erwägung, daß aus den Akten eine 'gewisse Zeitdifferenz' (zwischen den Tatzeitpunkten) zu entnehmen sei, in welcher es dem Angeklagten möglich gewesen sei, von dem einen zum anderen Tatort zu gelangen (S 92).
Durch dieses Zwischenerkenntnis wurden Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt.
Er übersieht nämlich, daß präzise Zeitangaben der Zeugen, welche die Annahme einer Begehung der verschiedenen Taten durch denselben Täter an verschiedenen Orten ausschließen könnten, gar nicht vorliegen. So haben die Zeugen B und C (zu Punkt A und B) gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten, welche bereits um 21,05 Uhr von der Funkstelle an den Tatort Linzerstraße 85 beordert worden waren, die Tatzeit mit 'gegen 21 Uhr' angegeben (S 13 f). Gleiches deponierte der Zeuge C in seiner späteren Vernehmung vor der Polizei (S 37). Aus seiner Aussage in der Hauptverhandlung hinwieder geht nur hervor, daß sich der Vorfall 'nach 8 Uhr abends' ereignete (S 87). Nach den Angaben der Zeugin B bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung durch die Polizei war ihr der Angeklagte (knapp) nach 20,30 Uhr in ihr Wohnhaus gefolgt (S 53). Dem Protokoll über die Hauptverhandlung sind Angaben der Zeugin B über die Tatzeit nicht zu entnehmen; der Hinweis auf das Eintreffen der Polizei um 'ca 8,20 Uhr' (vgl S 88, gemeint wohl: '9,20' =
21,20 Uhr) beruht offenbar auf einem Irrtum. Demgegenüber bezeichnete die Zeugin D (Punkt C) sowohl in ihrer um 22,05 Uhr des Tattages zu Protokoll gegebenen Anzeige als auch in der Hauptverhandlung die Tatzeit mit 'ca 21 (bzw 9) Uhr' (S 29 f, 83). Demnach ist dem Erstgericht beizupflichten, wenn es unter Beachtung der gerichtsnotorischen räumlichen Nähe der beiden Tatorte und der nach den Verfahrensergebnissen (einschließlich der in der Hauptverhandlung - S 92 -
verlesenen Polizeierhebungen) zumindest möglichen zeitlichen Divergenz der Tatbegehungen die Täterschaft einer und derselben Person nicht für ausschließbar und daher die beantragten Beweiserhebungen nicht als entscheidungswesentlich erachtete. Ebensowenig erweist sich die teils in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) enthaltene Mängelrüge als nicht stichhältig.
Die Feststellung, wonach der Angeklagte durch sein gewaltsames Vorgehen Janja B 'gefügig machen wollte, um mit ihr geschlechtlich verkehren zu können' (S 101) - womit der für das Verbrechen nach § 202 Abs 1 StGB erforderliche Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) umschrieben wird, mit Gewalt zu bewirken, daß das ernstlich widerstrebende Opfer letztlich in den außerehelichen Beischlaf einwilligt - ist teils in der Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei, wo er zugab, daß er beabsichtigt hatte, mit Janja B geschlechtlich zu verkehren (S 45) und teils in deren vom Erstgericht in freier überzeugung für glaubwürdig befundenen (§ 258 Abs 2 StPO) Darstellung des Tatherganges gedeckt und durch die im Urteil erfolgte Bezugnahme auf diese Verfahrensergebnisse zureichend und auch sonst mängelfrei begründet. Entgegen der Beschwerdeauffassung ist darin, daß das Erstgericht im übrigen die Angabe der genannten Zeugin, sie habe den Angeklagten vor dem gegenständlichen Vorfall nicht gekannt (S 53, 88), für fragwürdig hält (S 103), gleichfalls kein Begründungsmangel (Z 5) gelegen. Denn es ist mit dem Wesen der dem Schöffengericht gemäß § 258 Abs 2 StPO eingeräumten Befugnisse durchaus zu vereinbaren, einem Beweismittel auch nur teilweise Glaubwürdigkeit zuzuerkennen, und das Erstgericht begründet dies im gegebenen Zusammenhang in bezug auf die Zeugin B logisch und lebensnah (S 103 f).
Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) die erwähnte Feststellung zur subjektiven Tatseite des Verbrechens nach § 202 Abs 1 StGB bestreitet, bringt er den materiellen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Wenn der Beschwerdeführer unter demselben Nichtigkeitsgrund fernerhin in Ansehung des Schuldspruches laut Punkt A des Urteilssatzes sein Verhalten als straflose Vorbereitungshandlung gewertet wissen will, weil es seiner Ansicht nach als weder zeitlich noch örtlich und spezifisch tatbildbezogen ausführungsnah im Sinne der Kriterien strafbaren Versuches nach § 15 Abs 2
StGB zu werten wäre, ist ihm folgendes zu erwidern: Zum einen entfernt sich die Beschwerde auch hier von den Urteilsfeststellungen, weil das Erstgericht als erwiesen annahm, daß der Angeklagte sein Opfer im Zuge der Gewalthandlungen zur Türe dessen Wohnung zu drängen versuchte, um dortselbst und sogleich den Geschlechtsverkehr auszuführen. Zum andern stellten nach dem vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Tatplan des Angeklagten die von ihm gesetzten, auf die Willensbeugung ausgerichteten Gewaltakte bereits den Beginn der Ausführungshandlungen zum Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf dar. Die Annahme strafbaren Versuches erfolgte somit frei von Rechtsirrtum.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 202 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, deren Vollziehung gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben wurde.
Bei der Strafbemessung wertete es den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Teilgeständnis (hinsichtlich der Körperverletzung) und den Umstand, daß es in Ansehung der Nötigung zum Beischlaf beim Versuch blieb, als mildernd, hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend.
Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend festgestellt, jedoch ein Strafmaß gefunden, das nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs überhöht ist. Bei richtiger Wertung der für die Strafbemessung herangezogenen Umstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht ergibt sich, daß jenes der Milderungsgründe - in deren Rahmen auch noch die durch den Alkoholgenuß bewirkte Enthemmung (vgl S 24) zu berücksichtigen ist - doch beträchtlich höher ist als vom Erstgericht angenommen, weshalb die Strafe in Stattgebung der Berufung auf die aus dem Spruch ersichtliche, der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) entsprechende Dauer von acht Monaten herabzusetzen war. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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