European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00075.16W.0714.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Adem S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch mehrere Mitangeklagte betreffenden) Urteil wurde – soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung – Adem S***** des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt (A./I./10./a./ und b./).
Danach hat er in einverständlichem Zusammenwirken (§ 12 StGB) mit den Mitangeklagten Daniel und Dominic N***** anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen durch Einbruch weggenommen, und zwar
A./I./10./a./ am 1. Oktober 2014 in G***** Wanda B***** Bargeld, Getränke, ein Mobiltelefon und Zigaretten, indem sie ein Fenster zum Cafe „L*****“ aufbrachen und in das Lokal einstiegen;
A./I./10./b./ nachts zum 14. Oktober 2014 in P***** Karl Z***** zwei Sparvereinskästen samt 1.000 Euro Bargeld, indem sie ein Fenster zum Lokal „E*****“ aufbrachen und in die Gaststätte einstiegen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 3, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider hat der Schöffensenat eine „Rufdatenrückerfassung“ in Bezug auf den Angeklagten Adem S***** gar nicht „verwertet“ (vgl US 42 ff), sodass das Rechtsmittelvorbringen schon deshalb ins Leere geht.
Dass das Erstgericht in der Hauptverhandlung eine Bestimmung verletzt oder missachtet hätte, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet (so etwa § 140 Abs 1 StPO), behauptet die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen nicht.
Die Kritik am Unterbleiben einer Belehrung der „Zeugen Daniel und Dominic N*****“ über deren „Entschlagungsrecht gemäß § 152 StPO“ anlässlich der polizeilichen Vernehmung, wodurch sich diese Zeugen „selbst belasten“ konnten, hat mangels der unerlässlichen Bekanntgabe der jeweiligen Fundstellen in den umfangreichen Akten (zehn Aktenbände) auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0124172).
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Beschwerdeführer auch insoweit keinen in der Hauptverhandlung unterlaufenen Verstoß gegen eine der in § 281 Abs 1 Z 3 StPO (taxativ) aufgezählten Vorschriften bekannt gibt.
Der Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall), die Tatrichter hätten sich nicht mit den Depositionen der Mitangeklagten Daniel und Dominic N***** auseinandergesetzt, wonach Adem S***** bei den in Rede stehenden Lokaleinbrüchen nicht beteiligt gewesen sein soll, trifft nicht zu (US 43).
Indem die Beschwerde dem aus einer Reihe von Indizien (Beziehung des Adem S***** zur Tochter eines Mitangeklagten, Aussagen der Mitangeklagten hinsichtlich eines dritten Mittäters, Ergebnisse der Wahlkonfrontation, Angaben des Zeugen Reinhold F*****, Ähnlichkeit von Schuhabdruckspuren) abgeleiteten Schluss des Schöffengerichts auf die Tatbegehung des Angeklagten Adem S***** (US 42 ff) lediglich eigene Beweiswerterwägungen zu einzelnen Elementen der Indizienkette entgegensetzt, vernachlässigt sie prozessordnungswidrig die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370) und erschöpft sich solcherart in unzulässiger Beweiswürdigungskritik.
Die Behauptung, das Erstgericht sei aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) davon ausgegangen, dass Dominic N***** bei seiner polizeilichen Vernehmung Adem S***** auf vorgezeigten Lichtbildern wiedererkannt habe (US 43), verfehlt selbst den Bezug zum Akteninhalt. Denn das Erstgericht bezog sich insoweit aktengetreu auf die Aussage des Polizeibeamten Reinhold F*****, wonach Dominic N***** (zwar) niederschriftlich angab, Adem S***** nicht zu kennen, mündlich jedoch das Gegenteil bekundete (ON 329a AS 59; ON 60 AS 165 in ON 222a).
Aus welchem Grund die Vermutung der Tatrichter, Adem S***** habe beim Einbruchsdiebstahl in das Lokal „E*****“ (Faktum A./I./10./b./) möglicherweise andere Schuhe getragen oder keine brauchbaren Spuren hinterlassen, undeutlich (Z 5 erster Fall) sein soll, gibt die Beschwerde nicht bekannt.
§ 281 Abs 1 Z 5a StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Sachverhalte, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Beweiswerterwägungen des Erstgerichts) verhindern.
Tatsachenrügen, die
außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).
Das Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich insgesamt nur darin, die Überzeugungskraft der den Nichtigkeitswerber belastenden Verfahrensresultate (in teilweiser Wiederholung der Argumentation zur Mängelrüge) in Frage und solcherart das Vorliegen tragfähiger Beweise für seine Schuld in Abrede zu stellen, um dem eigenen Prozessstandpunkt doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Damit erweckt es jedoch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert substanzlosen Gebrauch von verba legalia hinsichtlich der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, ohne bekanntzugeben, weshalb es den dazu getroffenen Feststellungen (US 36) am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte (vgl RIS‑Justiz RS0119090).
Weshalb das Schöffengericht trotz Annahme von Mittäterschaft (vgl dazu RIS‑Justiz RS0090006, RS0090011; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 26) feststellen hätte müssen, welcher der Angeklagten bei den Einbruchsdiebstählen welche konkreten Ausführungshandlungen gesetzt hat, legt die Beschwerde nicht dar (RIS‑Justiz RS0116565).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung ebenso sofort zurückzuweisen wie die angemeldete (ON 354), im Verfahren vor Kollegialgerichten jedoch nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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