Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erwin B***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB
(1) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl 1989/242
(2) sowie des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (3) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Wielands und anderen Orten
1.) an einem nicht mehr genau feststellbaren Tag im Februar 2001 mit seiner unmündigen Stieftochter Sabrina B*****, geboren 3. August 1988, den Beischlaf unternommen, indem er das Mädchen auf seinen Schoß hob, ihr Nachthemd in die Höhe schob, sie mit Kraft und Gewalt festhielt, auf seinen Penis niederdrückte und dabei versuchte mit diesem in ihre Scheide einzudringen;
2.) durch die zu 1.) angeführte Tat Sabrina B***** außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt;
3.) mit seinem minderjährigen Stiefkind Sabrina B***** geschlechtliche Handlungen vorgenommen, und zwar
- a) durch die zu 1.) und 2.) angeführten Taten sowie
- b) am 23. Februar 2005, indem er ihr die Pyjamahose auszog, ihre Beine spreizte und sie an der Scheide leckte.
Die dagegen gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf ergänzende Vernehmung der Zeugin Sabrina B*****.
Die von der Tat betroffene Stieftochter des Angeklagten Sabrina B***** wurde im Vorverfahren kontradiktorisch als Zeugin vernommen (ON 3). In der Hauptverhandlung am 19. Jänner 2006 erklärte sie nach Belehrung im Sinne des § 152 Abs 1 Z 2 und 2a StPO, nicht aussagen zu wollen (S 187). Unmittelbar darauf beantragte die Verteidigerin die „ergänzende Einvernahme" der Zeugin Sabrina B*****, weil es ihres Erachtens sehr viele „offene Fragen" gebe, „wo man die Zeugin Sabrina B***** neuerlich einvernehmen müsste".
Hat sich ein Zeuge - wie hier - rechtmäßig der Aussage entschlagen, ist eine (weitere) Vernehmung nicht zulässig. Dass sich die Zeugin B***** unmittelbar nach ihrer Entschlagung doch zu einer Aussage bereit finden werde, wurde im Antrag nicht einmal behauptet (vgl die ständige Judikatur RIS-Justiz RS0117928, zuletzt 12 Os 44/06x; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331).
Im Übrigen wurde Sabrina B***** bei ihrer kontradiktorischen Vernehmung richtig über ihr Entschlagungsrecht belehrt (vgl hiezu die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes im Protokoll über die Hauptverhandlung vom 23. Februar 2006, dessen Berichtigung nicht begehrt wurde - S 275). Für die kontradiktorische Vernehmung besteht im Übrigen kein Verteidigerzwang. Der daran teilnehmende Angeklagte wurde - entgegen der Beschwerdeargumentation - bereits in der ihm zugestellten Benachrichtigung von dieser Vernehmung über sein Fragerecht und die Möglichkeit der Beiziehung eines Verteidigers belehrt (vgl das dem Angeklagten zugestellte Formblatt StPO-Form Lad 40).
Durch die Abweisung des Beweisantrages wurden daher Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.
Das Erstgericht hat in einer ausführlichen, alle wesentlichen Beweisergebnisse umfassenden, weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungswerten widersprechenden Beweiswürdigung (US 6 bis 12) dargelegt, aus welchen Gründen es den Angaben der Zeugin Sabrina B***** bei ihrer kontradiktorischen Vernehmung gefolgt ist und damit die zur Tat im Februar 2001 leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt erachtete. Dabei haben sich die Tatrichter insbesondere auch auf den persönlichen Eindruck von der Zeugin gestützt, welchen sie bei Vorführung des Videofilms über diese Vernehmung gewonnen hatten (US 6).
Die Mängelrüge (Z 5) versucht auf Basis einzelner isoliert herausgegriffener Teile der Aussagen der Zeuginnen Sabrina B***** und Hertha K***** sowie des psychologischen Gutachtens nachzuweisen, dass die Angaben der Zeugin B***** nicht glaubwürdig seien. Damit bekämpft sie nur unzulässig das Beweiswürdigungsermessen des Schöffengerichtes, zumal insbesonders der auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnen persönlichen Eindrucks zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entdrückt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431). Weder die genaue Position des Mädchens beim sexuellen Angriff im Februar 2001 noch die Tatsache, ob und wie weit der Angeklagte mit seinem Glied in ihre Scheide eingedrungen ist, stellen entscheidende oder erhebliche Tatsachen dar, sodass die dazu geringfügig divergierenden Angaben der Zeugin B***** vor der Polizei und im gerichtlichen Vorverfahren als unwesentliche Einzelheiten eines komplexen Tatgeschehens keiner Erörterung bedurften. Zur Vollendung der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und der Vergewaltigung genügt nämlich in rechtlicher Hinsicht, dass die Geschlechtsteile der beteiligten Personen einander berühren (vgl Schick in WK2 § 201 Rz 43 f, § 206 Rz 12, 24 f). Das Gutachten der Sachverständigen Dr. Göttling hat das Schöffengericht ohnedies zur Gänze in seine Erwägungen miteinbezogen und nur die ihm wesentlich erscheinenden Teile daraus in der Beweiswürdigung besonders hervorgehoben (US 7). Die Aussage der Zeugin Hertha K***** hat es zur Gänze abgelehnt (US 9), womit es aber auch keiner Erörterung von einzelnen Details daraus bedurfte.
Ein Begründungsmangel liegt somit nicht vor.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils nicht prozessordnungskonform ausgeführt, teils offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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