Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf S***** der Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG schuldig erkannt.
Demnach hat er im Bereich des Finanzamtes Krems vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht
1. als geschäftsführender Gesellschafter der Winzerkellerei S***** GmbH durch Abgabe unrichtiger Umsatz-, Körperschafts-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuererklärungen sowie Alkoholabgabeerklärungen eine Abgabenverkürzung
a) bewirkt, und zwar an Umsatzsteuer für 1982 um 464.514 S, für 1983 um 238.839 S und für 1984 um 227.007 S, an Körperschaftssteuer für 1983 um 549.260 S und für 1984 um 88.500 S, an Gewerbesteuer für 1983 um 180.371 S und für 1984 um 32.543 S, an Kapitalertragsteuer für 1983 um 764.430 S und für 1984 um 58.930 S sowie an Alkoholabgabe für 1982 um 53.724 S, für 1983 um 27.367 S und für 1984 um 14.558 S;
b) zu bewirken versucht, und zwar an Gewerbesteuer für 1985 um 13.308 S, an Körperschaftssteuer für 1985 um 24.460 S und an Kapitalertragsteuer für 1985 um 330.700 S;
2. als Einzelunternehmer durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen eine Verkürzung an Einkommensteuer
a) für 1983 um 375.346 S bewirkt und
b) für 1984 um 162.355 S und für 1985 um 297.153 S zu bewirken versucht.
Der dagegen aus Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Rudolf S***** war mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Krems a.d. Donau vom 30. Juli 1986, GZ 10 d Vr 772/85-40, (ua) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu 23 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er von 1979 bis zum 12. September 1985 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig die Abnehmer von insgesamt 484.000 l nachgemachtem Wein durch Täuschung darüber, daß dieser Wein mit Wasser, 5.000 l überdies mit Diäthylenglykol, versetzt und daher verkehrsunfähig und wertlos war, zum Ankauf verleitet und dadurch um rund 6 Mio S an ihrem Vermögen geschädigt hatte.
Nach den dortigen Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte in dem im Spruch bezeichneten Zeitraum aus rund 97.000 kg Zucker, den er teils auf Scheinrechnung, teils getarnt als Futtermittelrechnung von Johann Sch***** bezogen und nicht verbucht hatte, unter Mitverwendung von Wasser sowie der Chemikalien Glyzerin, Milchsäure, Diäthylenglykol und Stärkesirup, auf dem Wege der Zuckerung von gewässertem Lesegut zumindest 484.000 l nachgemachten Wein hergestellt und verkauft.
Als Folge dieses Strafverfahrens führte die Abgabenbehörde ab November 1986 für die Jahre 1982 bis 1985 eine Betriebsprüfung durch, im Zuge derer sie im Sinne der nunmehr getroffenen Konstatierungen nach Überprüfung der Buchhaltung und Kellerbücher exakt und einzig auf der Basis der Urteilsfeststellungen des Betrugsstrafverfahrens, getrennt nach dem dort für die einzelnen Jahre festgestellten Zuckerzukauf, Zuschätzungen der steuerlich nicht deklarierten Erlöse aus den Weinverkäufen vornahm, aus denen sich die oben wiedergegebenen Abgabenverkürzungen errechnen.
Bei dieser Verfahrenskonstellation ist die im Vorurteil festgestellte Art und Weise der Erzeugung und Vermarktung des nachgemachten Weines durch den Angeklagten Sachverhaltsbasis und damit Vorfrage des Finanzstrafverfahrens. Es war daher zu prüfen, ob das Erstgericht insoweit an den rechskräftigen Betrugsschuldspruch gebunden war.
Diese Frage ist aus den in der Entscheidung des verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs vom 17. Oktober 1995, AZ 1 Ob 612/95, ausführlich angeführten und überzeugenden Gründen uneingeschränkt zu bejahen.
Darnach bewirkt die materielle Rechtskraft eines strafgerichtlichen Schuldspruchs - solange er nicht durch eine Wiederaufnahme beseitigt ist - daß damit für den Rechtskreis des Angeklagten mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, daß er die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Er kann sich aus diesem Grund gegenüber niemandem darauf berufen, daß er die Tat, deretwegen er strafgerichtlich verurteilt wurde, tatsächlich nicht begangen hat.
Genau darauf aber war die gesamte Verteidigungsstrategie des Angeklagten aufgebaut (26, 27, 61 f) und zielten sämtliche der von ihm beantragten Beweisaufnahmen, denen das Erstgericht in ihrem wesentlichen Kern durch die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens im übrigen ohnedies nachgekommen ist, allein auf die Widerlegung des ihm seinerzeit angelasteten Betrugsvorwurfes ab (ON 11).
Soweit seine diesbezüglichen Beweisanträge daher abgewiesen wurden, kommt eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z 4) - auch unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK (1 Ob 612/95) - demnach von vornherein deshalb nicht in Betracht, weil sich diese fallspezifisch allein auf die aus dem rechtskräftigen Betrugsschuldspruch von der Abgabenbehörde gezogenen spezifisch steuerlichen Konsequenzen bezogen. Diese aber hat der Angeklagte mit keinem Wort bestritten, sondern unter Hinweis auf angeblich fehlende Lagerkapazitäten, die Unrichtigkeit der Aussagen des Zeugen Johann Sch***** sowie die technische Unmöglichkeit zur Herstellung von Kunstwein auf die ihm im Vorurteil angelastete Weise lediglich behauptet, in der fraglichen Zeit keinen nachgemachten Wein hergestellt und verkauft zu haben.
Daß die Verfahrensrüge (Z 4) aber auch deshalb bereits aus formellen Gründen versagt, weil im - insoweit allein entscheidenden - Antrag auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen nicht einmal eine schwierige Begutachtung, geschweige denn Mängel des eingeholten Gutachtens konkret behauptet wurden (111; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19s, 133a) und im übrigen schon allein angesichts des ausdrücklich entgegenstehenden Sachverständigengutachtens im Antragsvorbringen nicht hätte offenbleiben dürfen, aus welchen Gründen die beantragten Beweise, etwa die Vornahme eines Ortsaugenscheines mehr als zehn Jahre nach der Tat, überhaupt das erwartete Ergebnis erbringen hätten können, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Aus denselben Erwägungen geht auch der Beschwerdeeinwand einer unberechtigten Verlesung der im Betrugsverfahren enthaltenen Aussagen der Zeugen Kurt T***** und Johann H***** zu dem gleichfalls im Vorurteil festgestellten Chemikalieneinkauf des Beschwerdeführers (Z 3) ins Leere.
Angesichts dessen, daß der Angeklagte nur die von der Abgabenbehörde für die Zuschätzungen als Grundlage herangezogene Tatsache der Herstellung und des Verkaufs von Kunstwein bestritten, darüber hinaus im Verfahren aber nichts vorgebracht hat, was als konkreter Einwand gegen die Modalitäten der Umsatz- und Gewinnzuschätzungen selbst zu deuten wäre, konnte sich das Erstgericht insoweit bei Begründung des Schuldspruchs darauf beschränken, auf die Ergebnisse der in der Hauptverhandlung verlesenen Finanzstrafakten (113) und die Aussage des als Zeugen vernommenen Betriebsprüfers Adolf N***** (97 f) hinzuweisen, ohne im Sinne des weiteren Beschwerdevorbringens (Z 5 und Z 9 lit a) die Prämissen der Schätzungen in allen Details im Urteil wiedergeben und erörtern zu müssen. Dies umsoweniger, als die Finanzstrafbehörde sich dabei strikt an die im Vorakt - wie dargelegt bindend - festgestellten Herstellungs- und Verkaufsgegebenheiten gehalten hat.
So hat sich der Beschwerdeführer etwa zu den ihm im Betriebsprüfungsbericht angelasteten Weinmengen für die einzelnen Jahre des Prüfungszeitraums (TZ 7) nur dem Grunde nach leugnend verantwortet, zum Ausmaß aber keine Stellungnahme abgegeben und sich auch zu den übrigen Faktoren der Zuschätzungen, wie zB der Höhe der Erlöse (TZ 11 f), nicht geäußert (61 f).
Ebenso unbestritten blieb der Inhalt der einzelnen Steuererklärungen sowie jener der darauf beruhenden Abgabenbescheide (Einkommensteuerakt 403/1417 des Finanzamtes Krems an der Donau S 9 f). Der Angeklagte hat sich - angesichts seiner leugnenden Verantwortung naheliegenderweise - auch nie darauf berufen, nachgemachten Wein lediglich in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer erzeugt und veräußert zu haben, oder gar behauptet - insoweit ohne die Verpflichtung zur Entrichtung einer Alkoholabgabe -, nur an andere Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung Verkäufe vorgenommen zu haben. Der von der Finanzstrafbehörde im Zusammenhang mit der Berechnung der Alkoholabgabe gewählten Aufteilung der Verkäufe im Verhältnis der deklarierten Umsätze des Angeklagten stand daher ebensowenig ein Beweisergebnis entgegen wie allen übrigen in der Beschwerde bezeichneten Berechnungen im Betriebsprüfungsbericht, weshalb die vom Erstgericht insgesamt als zutreffend beurteilten Schlußfolgerungen des Finanzamtes keine detaillierte Erörterung in den Entscheidungsgründen erforderten.
Daß der Beschwerdeführer die Vergehen der Abgabenhinterziehung, gleichviel ob vollendet oder nicht, jeweils durch die Abgabe der im Urteilsspruch genau bezeichneten unrichtigen Steuererklärungen beging, ist dem Urteil im Gegensatz zur Beschwerdeansicht unschwer zu entnehmen.
Die Feststellungen über die Zuckermengen, die der Angeklagte zur Herstellung von Kunstwein von Johann Sch***** bezogen hat, sind Teil des rechtskräftigen Schuldspruchs wegen Betruges und als solche in diesem Verfahren nicht mehr zu überprüfen. Die dagegen vorgebrachten Argumente (Z 5 und Z 5a) haben daher auf sich zu beruhen.
Für die Beantwortung der Rechtsfrage, ob der - mittlerweile für das gerichtliche Finanzstrafverfahren beseitigte (BGBl 1999/28) - Strafaufhebungsgrund der absoluten Verjährung (§ 31 Abs 5 FinStrG) zum Tragen kommt, ist bei einer assertorischen Rechtsmittelentscheidung auf den Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils abzustellen (Dorazil-Harbich § 31 FinStrG E 6d; 11 Os 55/94). Dabei bedurfte es im konkreten Fall, der Rechtsrüge (Z 9 lit b) zuwider, vorweg keiner Feststellung, wann die für das Jahr 1982 erlassenen Abgabenbescheide vom 20. September 1983 - nur insoweit käme Verjährung überhaupt in Betracht - zugestellt wurden, weil dies angesichts des Datums des Ersturteils (10. September 1998) keinesfalls außerhalb der fünfzehnjährigen Verjährungsfrist erfolgt sein kann.
Der Einwand schließlich (Z 9 lit b), in der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer als Folge des mehr als zehn Jahre anhängigen Abgabenverfahrens liege ein Verstoß gegen Art 6 MRK, weshalb eine Verfolgung der Tat nunmehr ausgeschlossen sei, entbehrt einer gesetzlichen Basis und ist daher unbeachtlich (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9 lit b, E 24a).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit als insgesamt nicht berechtigt zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 1 Mio S, im Nichteinbringungsfall zu zwei Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es die Wiederholung der Abgabenhinterziehungen als erschwerend, die teilweise Schadensgutmachung durch Einbringlichmachung von 500.000 S, die finanzrechtliche Unbescholtenheit des Angeklagten und die teilweise Deliktsverwirklichung durch Versuch als mildernd.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung beantragt der Angeklagte, entweder "unter Anwendung der Bestimmung des Art 6 MRK" vom Ausspruch einer Strafe Abstand zu nehmen oder die Strafe wegen der langen Verfahrensdauer und des lange Zurückliegens der Tat wesentlich herabzusetzen.
Das erstangeführte Begehren ist - abgesehen davon, daß das hier allein relevante gerichtliche Finanzstrafverfahren nicht unverhältnismäßig lange dauerte - gesetzlich nicht gedeckt, für eine Strafherabsetzung besteht angesichts der Summe der hinterzogenen und zu hinterziehen versuchten Abgaben von insgesamt 3,903.365 S und des daraus nach § 33 Abs 5 FinStrG folgenden Strafrahmens auch dann kein Grund, wenn das lange Zurückliegen der Taten gebührend mitberücksichtigt wird.
Auch der Berufung des Angeklagten war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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