Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte (richtig:) jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B) schuldig erkannt und hiefür gemäß § 33 Abs 5 FinStrG iVm § 15 FinStrG zu einer Geldstrafe von 220.000 Euro, im Fall deren Uneinbringlichkeit zu acht Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.
Danach hat er als faktischer Geschäftsführer der R***** BaugmbH vorsätzlich unter Verletzung
A) einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder
Wahrheitspflicht Verkürzungen an Umsatzsteuer für die Jahre 1996 bis 1998 sowie an Kapitalertragsteuer für die Jahre 1996 und 1997 im Gesamtbetrag von 1,405.284 S (ds 102.125,97 Euro) bewirkt sowie
B) der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden
Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate April bis Juni 1998, August 1998 bis Februar 1999, Juni, September und Oktober 1999 sowie August bis Dezember 2000 im Gesamtbetrag von 2,391.151 S (ds 173.771,72 Euro) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Die dagegen aus Z 4, 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung des Stefan N***** zum Beweis dafür, „dass bei Übergabe der R***** BaugmbH an Stefan N***** im Jahre 2001 oder 2002 die Bauunterlagen und andere Unterlagen an diesen übergeben worden sind, sodass sehr wohl die Einzelabrechnungen anhand der Bauakte nachvollziehbar sind" (S 238/II) sowie dafür, „dass die Subunternehmerverrechnungen gegenüber der R***** den jeweiligen zugrundeliegenden Bauvorhaben zuordenbar sind" (S 249/II), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 250 f/II). Der Beweisantrag lässt nämlich in seinem ersten Teil nicht erkennen, inwieweit das behauptete Ergebnis für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung sei, weil er weder die angesprochenen „Unterlagen", noch die darin angeblich enthaltenen Informationen konkretisiert. In Bezug auf die behauptete Korrelation zwischen den gegenständlichen Subunternehmer-Rechnungen und der unternehmerischen Tätigkeit der R***** BaugmbH (im Folgenden: R*****) hinwieder zielt der Antrag auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung ab, weil er nicht darlegt, aufgrund welcher Wahrnehmungslage die begehrte Beweisaufnahme das angestrebte Ergebnis erwarten lasse (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Korrespondierendes gilt für den - ebenfalls abgewiesenen (S 250 f/II) - Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung „der in der Beilage ./51 zu ON 16 angeführten Personen" zum Beweis dafür, „dass es sich bei der Firma A***** nicht um eine Scheinfirma gehandelt hat, sondern diese Firma mit der Vielzahl ihrer Mitarbeiter nicht nur für die R*****, sondern auch für andere Unternehmen Aufträge abgewickelt hat, sodass die diesbezüglichen Vorwürfe gegen den Angeklagten nicht aufrecht erhalten bleiben können" (S 238/II).
Soweit sich die Rüge auf das vom Erstgericht verworfene (S 226/II), auf Ablehnung des Sachverständigen Ing. P***** und Bestellung eines anderen Sachverständigen gerichtete Begehren des Beschwerdeführers (S 224 f/II) stützt, verkennt sie zunächst grundlegend, dass der StPO ein Recht der Parteien, die vom Gericht ausgewählten Sachverständigen formell abzulehnen, fremd ist (Hinterhofer, WK-StPO § 120 Rz 5). Vielmehr kann eine Überprüfung gutachterlicher Expertisen prozessordnungskonform nur mittels erheblicher Einwendungen (§ 120 StPO) erwirkt werden. Beziehen sich diese auf die Sachkenntnis des Gutachters, ist die Kritik an den Kriterien der §§ 125 f StPO auszurichten (14 Os 73/01, zuletzt 11 Os 115/05d; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351, 373), welchem Erfordernis der gegenständliche Antrag nicht entspricht. Auf den Anschein der Befangenheit gegründete Einwendungen hinwieder sind nur dann beachtlich, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen (14 Os 73/01, 13 Os 135/03), was hier nicht einmal behauptet wird.
Das ergänzende Beschwerdevorbringen zu den Beweisanträgen hat auf sich zu beruhen, weil allein diese den Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofes erster Instanz gebildet haben und demnach auch der Oberste Gerichtshof deren Berechtigung nur auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung bezogen zu überprüfen vermag (SSt 41/71; zuletzt 12 Os 10/06x).
Die Mängelrüge (Z 5) erblickt im Unterbleiben der Erörterung der Angaben des Zeugen Harald Fr***** zu den Betriebsausgaben der R***** eine Urteilsunvollständigkeit, zitiert diese Zeugenaussage aber nur rudimentär und damit sinnentstellt. Vollständig betrachtet widerspricht die relevierte Aussage, wonach zwar „im ersten Betriebsprüfungsverfahren" Betriebsausgaben, nicht jedoch anlässlich der Umsatzsteuer-Prüfung die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Rechnungen anerkannt worden sind (S 234/II), den tatrichterlichen Feststellungen ebensowenig wie die Deposition des genannten Zeugen, die lohnauszahlende Stelle zweier im Rahmen der Betriebsprüfung vernommener Arbeitnehmer sei „laut Lohnzettel" die A***** BaugmbH (im Folgenden: ASDB) gewesen (S 237/II).
Das Vorbringen hinsichtlich der - im Übrigen ebenfalls sinnentstellend unvollständig wiedergegebenen - Ausführungen des Sachverständigen Ing. P***** zur Leistungsverrechnung durch die E*****gesellschaft mbH (S 242/II) geht schon im Ansatz fehl, weil der Umstand, dass ein Geschehensablauf im Beweisverfahren als „nicht ausgeschlossen" bezeichnet wird, gegenteiligen Urteilsfeststellungen nicht (erörterungsbedürftig iS der Z 5) entgegensteht. Mit den übrigen Erwägungen zum Sachverständigengutachten wird ein aus Z 5 beachtlicher Mangel nicht einmal behauptet.
Pauschal auf angeblich entlastende „Zeugenaussagen, Urkunden wie beispielsweise von den Subunternehmern unterfertigte Saldenlisten, GKK- und BUAK-Anmeldungen" sowie „Aussagen der jeweiligen Firmeninhaber" Bezug nehmend entzieht sich die Beschwerde mangels Konkretisierung einer sachbezogenen Erwiderung.
Hinsichtlich der vom Schuldspruch A 1 umfassten Rechnung der M***** KEG (US 8) stützt sich die angefochtene Entscheidung aktenkonform auf die Depositionen der Zeugen Hubert Sch***** (S 231/II) und Christian M***** (S 251/II iVm ON 35), jene nicht ausgestellt zu haben (US 27). Die Aussage des Zeugen Sch*****, Christian M***** habe „ganz sicher" für die R***** gearbeitet (S 232/II), ist als nicht auf die gegenständliche Rechnung bezogen weder schuld- noch subsumtionsrelevant.
Indem die Rüge den Einwand der Urteilsunvollständigkeit auf den angeblich „aktenkundigen" Umstand, „dass die R***** über keine oder unzureichende eigene Mitarbeiter verfügte", gründet, lässt sie die gebotene Bezugnahme auf konkrete, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421) vermissen. Im Übrigen verkennt das diesbezügliche Vorbringen, dass das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers in Bezug auf die Personalbereitstellung (Schuldspruch B) nach den tatrichterlichen Feststellungen gerade darin bestanden hat, zum Schein die sozialversicherungsrechtliche Abmeldung von Arbeitnehmern der R***** und deren Anmeldung bei der A***** veranlasst zu haben, um sodann durch die Inanspruchnahme der Leistungen dieser Arbeitnehmer durch die R***** zu Unrecht Vorsteuerabzüge zu lukrieren (US 16 bis 21). Der Einwand mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite (der Sache nach Z 9 lit a) übergeht die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen (US 23 f). Die Behauptung, diese Feststellungen seien unbegründet, ignoriert die beweiswürdigenden Ausführungen hiezu (US 30). Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass sich die in der Beschwerde geäußerte Rechtsansicht, der Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG verlange generell die Vorsatzform der Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB), nicht am Gesetz orientiert.
Soweit die Rüge einzelne Ergebnisse des Beweisverfahrens isoliert herausgreift, das Gutachten des Sachverständigen Ing. P***** unsubstantiiert kritisiert, allfälliges schuldhaftes Handeln anderer Personen releviert und hieraus anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Die Beschwerdebehauptung, die angefochtene Entscheidung enthalte keine hinreichend differenzierte Begründung für die Feststellungen zu den einzelnen Schuldspruchfakten, übergeht die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter (US 24 bis 30) zur Gänze. Der Einwand, das Erstgericht stütze die Feststellung, „dass Arbeiter der Firma R***** bei der Firma A***** angemeldet worden sind und sodann ausschließlich ohne deren Wissen an die R***** vermietet worden sind", auf nicht Gegenstand der Hauptverhandlung gewesene (S 251/II) Zeugenaussagen (ON 36 bis 48), geht schon im Ansatz fehl, weil die in diesem Zusammenhang genannte Urteilspassage die angesprochene Konstatierung gar nicht enthält (US 18). Die dort tatsächlich getroffene Feststellung, dass Mitarbeiter der R***** bei der Sozialversicherung ab- und sodann von der A***** angemeldet worden sind, wird - aktenkonform - auf die in der Hauptverhandlung vorgetragenen (S 251/II) Erhebungen der Abgabenbehörde gestützt (US 28 bis 30).
Die Ausführungen der Sanktionsrüge (Z 11), wonach die Verhängung einer Freiheitsstrafe aus spezial- sowie aus generalpräventiver Sicht verfehlt sei und das Erstgericht die ausgesprochene Sanktion zu Unrecht nicht bedingt nachgesehen habe, erweist sich inhaltlich als Berufungsvorbringen und ist demgemäß aus dem Blickwinkel der Nichtigkeitsgründe unbeachtlich.
Das unter dem Titel „zur Sache" - ohne Bezugnahme auf einen konkreten Nichtigkeitsgrund - erstattete Vorbringen erschöpft sich darin, den mängelfrei begründeten Feststellungen der Tatrichter begründungslos eigene Sachverhaltsbehauptungen entgegenzustellen und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung. Der Ansatz, das Erstgericht habe „eine mögliche Verjährung nicht berücksichtigt", lässt die Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt ebenso vermissen wie die Ausrichtung am Gesetz. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass dem Schuldspruch Abgabenverkürzungen für den Zeitraum von 1996 bis Ende 2000 zugrunde liegen und das Finanzstrafverfahren im März 2003 eingeleitet worden ist (S 1/I), sodass dem Erstgericht mit Blick auf die Bestimmungen des § 31 Abs 2, Abs 3 und Abs 4 lit b FinStrG bei der Beurteilung der Verjährungsfrage kein Rechtsfehler unterlaufen ist.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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