European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00024.16W.1117.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Beschwerde werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gisela B***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB idF vor BGBl I 2015/112 schuldig erkannt.
Danach hat sie im Jänner und Februar 2004 in W***** und anderen Orten als Prokuristin und faktische Geschäftsführerin der W***** GmbH mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Fähigkeit der W***** GmbH gewährte Darlehen nach einer Laufzeit von 15 Monaten zurückzahlen zu können, zu Handlungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Ausmaß am Vermögen schädigten, und zwar
1./ Irene H***** zur Zuzählung von 20.000 Euro;
2./ Dr. Alexandra K***** zur Zuzählung von 32.000 Euro;
3./ Maria Ho***** zur Zuzählung von 20.000 Euro;
4./ Brigitte K***** zur Zuzählung von 7.000 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider konnte der Antrag auf Vernehmung der Zeugen Reinhard O***** und Maria S***** (ON 255 S 82 f) sanktionslos abgewiesen werden, weil dem erkennbaren Beweisthema, Reinhard O***** habe der Angeklagten im Jahr 2004 das Projekt „Sonnenkollektoren“ dahingehend erklärt, dass durch dieses Projekt Renditen im aktenkundigen Ausmaß erzielbar wären und darüber hinaus auch Gelder erwirtschaftet werden könnten, um weitere Investoren der W***** GmbH finanziell zu befriedigen, im Hinblick auf die – bei einer Gesamtbetrachtung aus der Bewertung des situationsangepassten Aussageverhaltens der Angeklagten abgeleitete (US 14) – Urteilsannahme, wonach die Angeklagte die verfahrensgegenständlichen Gelder ohnehin nicht für eine Investition verwenden wollte (US 8), und die weiteren tatrichterlichen Erwägungen, wonach ein Glaube der Angeklagten an die von ihr geschilderten Gewinnerwartungen selbst bei derartigen Schilderungen Dritter völlig unrealistisch wäre (US 14), keine Relevanz zukam (RIS-Justiz RS0099721).
Gleiches gilt für die ersichtlich ausschließlich auf den Nachweis der Art der Präsentation und der daraus für die Angeklagte ableitbaren Plausibilität des Projekts „Sonnenkollektoren“ durch Reinhard O***** ausgerichteten Anträge auf Ladung und Vernehmung der Zeugen DI Stanislaus Ke***** und Helmut Sc***** (ON 255 S 90).
Auch die Abweisung des Antrags auf Ladung und Vernehmung der Zeugin Ute Sch***** (ON 255 S 86) verletzte keine Verteidigungsrechte, weil der Antrag im Hinblick auf das (gerade noch erkennbare) Beweisthema des Nachweises einer Anpreisung des Projekts „Sonnenkollektoren“ durch Reinhard O***** und Wilhelm Ha***** nicht erkennen ließ, wie er mit Blick auf die bereits vorliegenden Beweisergebnisse (vgl US 9 ff) in der Lage sein sollte, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende – auch eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angeklagten beinhaltende – Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0116987), und er darüber hinaus auch nicht darlegte, weshalb die beantragte Beweisaufnahme erweisen sollte, dass die Angeklagte folglich ihre Schritte im Vertrauen auf die Schilderungen und das Funktionieren des erwähnten Projekts setzte „und hiebei insbesondere subjektiv keinesfalls ein(en) Bereicherungsvorsatz hatte“ (RIS-Justiz RS0116503).
Die hiezu über den Wortlaut der erwähnten Anträge hinausgehenden Ausführungen der Beschwerde sind aufgrund des Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099117; RS0099618).
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben sich die Tatrichter mit der ihre Gewinnerwartungen betreffenden Verantwortung der Angeklagten ohnehin auseinandergesetzt (US 13 ff, insbesondere US 13 und US 14). Dass das Erstgericht dabei nicht auf alle Details ihrer Angaben gesondert einging, ist im Hinblick auf das Gebot der gedrängten Darstellung und den Umstand, dass die Tatrichter der Angeklagten generell jede Glaubwürdigkeit absprachen (US 14), nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0098642 [T1]; RS0098377 [T22 und T24]).
Dies gilt auch im Hinblick auf den Vorwurf, die Angaben der Angeklagten zum „A*****-Fond“ und zum „P*****-Hof“ übergangen zu haben. Soweit die Rüge aus dieser Aussage ableitet, dass „tatsächlich auch eine Investition der von den Darlehensgebern gewährten Gelder in Kunst und Immobilien angedacht war“, übt sie im Ergebnis lediglich– im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige – Beweiskritik (RIS-Justiz RS0098471 [T1]).
Der Einwand einer fehlenden Begründung (Z 5 vierter Fall) der Konstatierungen zur Intention der Angeklagten, das herausgelockte Kapital nicht investieren bzw absichern zu wollen, ist bei einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Erwägungen, wonach aus der jeweiligen am Opfer orientierten Adaptierung des Darlehenszwecks bzw des Verhaltens der Angeklagten zu schließen sei, dass die Herauslockung dieser Beträge ihr einziges Bestreben gewesen sei (US 9 ff, insbesondere US 12, US 13 und US 14), und wonach ihre Angaben unglaubwürdig und als Schutzbehauptungen zu qualifizieren seien (US 14 und US 15), unberechtigt.
Mit dem Vorwurf, die erstgerichtliche Beurteilung der von der Angeklagten behaupteten Gewinnerwartungen als unrealistisch sei eine Scheinbegründung, bekämpft die Rüge – erneut unzulässig – lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter.
Entgegen der weiteren Rüge ist der Schluss vom objektiven Tatgeschehen auf die subjektive Tatseite (US 9; US 16 und US 17) nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116882), zumal sich die Tatrichter auch in diesem Zusammenhang mit der leugnenden Verantwortung der Angeklagten befasst haben (US 16; vgl RIS-Justiz RS0098789).
Schließlich übergeht der Vorwurf, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, worin sich die Täuschungshandlungen der Angeklagten manifestierten, die Sachverhaltsannahmen, wonach die Angeklagte die Darlehen zu keinem Zeitpunkt auch nur zum Teil zurückzahlen wollte (US 8) und sie ihre Opfer über die Rückzahlungsfähigkeit der W***** GmbH täuschte (US 19), indem sie diesen die Rückzahlung der Darlehensvaluta samt Verzinsung zusicherte (US 4) bzw den Eindruck erwecken wollte, dass die W***** GmbH jedenfalls rückzahlungsfähig sein werde (US 7), obwohl bereits bei Abschluss der Darlehensvereinbarungen und vor Zuzählung der Darlehensbeträge feststand, dass die W***** GmbH nicht fähig sein werde, die Darlehensvaluta auch nur zum Teil zurückzuführen (US 5). Solcherart verfehlt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den im festgestellten Urteilssachverhalt gelegenen
Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Über die Berufung der Angeklagten wird das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
Die – sich inhaltlich nur gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Protokollberichtigung richtende (ON 272 S 18 f) – Beschwerde der Staatsanwaltschaft war – ebenfalls in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – zurückzuweisen, weil eine solche Beschwerde nur Nichtigkeitswerbern zukommt, die Staatsanwaltschaft jedoch keine Nichtigkeitsbeschwerde (wegen Nichterledigung der Anklage nach § 281 Abs 1 Z 7 StPO) gegen das vorliegende Urteil erhoben hat (vgl ON 272 S 2) und die Beschwerde solcherart keine Fehler mit Entscheidungsrelevanz betrifft (Danek, WK-StPO § 271 Rz 56; vgl auch RIS-Justiz RS0125613). Im Übrigen hat das Erstgericht zutreffend erkannt, dass die Staatsanwaltschaft mangels Rechtsmittelanmeldung bereits zur Stellung eines Protokollberichtigungsantrags nicht legitimiert war (Danek, WK-StPO § 271 Rz 47).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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