OGH 12Os174/98

OGH12Os174/9818.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Holzweber, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wilfried G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Wilfried G*****, Mario O***** und Rudolf T***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. August 1998, GZ 6 Vr 2141/97-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Wilfried G*****, Mario O***** und Rudolf T***** wurden des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB (1.), Rudolf T***** auch des Verbrechens der versuchten Schändung nach §§ 15, 205 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt.

Demnach haben am 11. Juni 1997 in Kaindorf/Sulm

1. Wilfried G*****, Mario O***** und Rudolf T***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Annemarie H***** durch Gewalt und Entziehung der persönlichen Freiheit, indem sie die Genannte auf das Bett im Schlafzimmer des Rudolf T***** niederdrückten und sie an Schultern, Armen und Beinen festhielten, zur Duldung des Beischlafes sowie Analverkehres und des Einführens eines Fingers in ihre Scheide, mithin (auch) dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen, durch Wilfried G***** und des Einführens eines Fingers in ihre Scheide, mithin einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung durch Rudolf T***** genötigt, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine Analrandthrombose, bei dieser zur Folge hatte; sowie

2. Rudolf T***** die teils noch ohnmächtige, teils erwachende Annemarie H*****, mithin eine Person weiblichen Geschlechts, die sich in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte, zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen versucht.

Dagegen richten sich die von Wilfried G***** aus Z 3, 4, 5 und 5a, von Mario O***** aus Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 sowie von Rudolf T***** aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden. Diesen kommt insgesamt im Ergebnis keine Berechtigung zu, mag auch vorweg einzuräumen sein, daß der minimalistischen Begründungstendenz der erstgerichtlichen Beweiswürdigung ein ersichtlich überzogenes Verständnis der gesetzesgewollten Straffung der Urteilsgründe zu gedrängter Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zugrundeliegt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten

Wilfried G*****:

Rechtliche Beurteilung

Der mangelnden Unterschrift der (nicht mehr beim Erstgericht tätigen) Schriftführerin auf dem - inhaltlich nicht gerügten - Hauptverhandlungsprotokoll (Z 3) kommt keinerlei Relevanz für die Entscheidung zu (Mayerhofer StPO4 § 271 E 24a; § 281 Abs 3 StPO; Mayerhofer StPO4 § 281 letzter Absatz E 10a).

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung des Antrages auf Einvernahme mehrerer namhaft gemachter Ärzte und Krankenschwestern zum Beweis dafür, daß Annemarie H***** im Zuge ihres Spitalsaufenthaltes zwischen 11. und 13. Juni 1997 gründlichst untersucht wurde, jedoch keine (sichtbaren) Verletzungen im Bereich der Scheide, der Innenseite der Oberschenkel sowie Haltemale und Hämatome im Bereich der Arme und Beine wahrnehmbar waren, obgleich derartige Verletzungsfolgen bei dem vom Tatopfer geschilderten Hergang der Vergewaltigung hätten sichtbar sein müssen (S 453 f/I).

Da das Schöffengericht schon bei der Ablehnung dieses Beweisantrages (S 465 f/I) die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen konzedierte und demgemäß im Urteil derartige Verletzungsfolgen auch nicht konstatierte (US 8 und 10), führte die Abweisung des Beweisantrages zu keiner Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte.

Im übrigen übergeht der Beschwerdeführer bei seinen einzelne Passagen des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K***** zitierenden Einwänden, daß dieser nicht beurteilen konnte, ob der inkriminierte Vaginal- und Analverkehr gewollt oder nicht gewollt war, und lediglich auf typische Folgen bei der Vergewaltigung einer jungen Frau abstellte (S 445/I), bei welcher es nach den Gutachtensausführungen - unter der Voraussetzung, daß brachiale Gewalt beim Festhalten ausgeübt wird (S 441) - zu Rötungen und später zu Hämatomen kommt. Ausgehend von einer entsprechenden Gegenwehr und Befreiungsversuchen einer jungen Frau hätten dem Gutachten zufolge unbedingt Spuren eines solchen (brachialen) Krafteinsatzes vorliegen müssen (S 445/I). Gleichzeitig räumte der Gutachter ein, daß der Annemarie H***** neun Stunden nach der Tat untersuchende und behandelnde Arzt Dr. R***** (Verletzungs-)Spuren an Armen und Beinen bloß hätte feststellen können, nicht aber müssen (S 445/I). Zum unfreiwilligen Analverkehr hielt Dr. K***** fest, daß dabei in der Regel sehr häufig Verletzungsfolgen feststellbar seien (S 441/I), äußerliche Zeichen einer Vergewaltigung jedoch nicht unbedingt auftreten müßten (S 443, 447/I).

Zu diesem in seiner Gesamtheit zu würdigenden Gutachten läßt nun der Beschwerdeführer außer acht, daß weder in der Schilderung des Tatgeschehens durch das verstorbene Opfer vor der Gendarmerie (S 51 ff, 59/I) noch vor der Untersuchungsrichterin (S 115 ff/I) noch auch bei der Darstellung der Vergewaltigung anläßlich der Befundaufnahme durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. Z***** (S 166/I) von einer brachialen Gewalt die Rede war. Annemarie H***** hielt vielmehr stets übereinstimmend fest, daß sie in der ersten Phase der Vergewaltigung Gelegenheit zur Gegenwehr (durch Einsatz ihrer Arme und Beine) gehabt hatte (S 59,117/I), zumal sie überdies während der gesamten Tatausführung nie geschlagen, sondern lediglich festgehalten worden war (S 53, 119/I). Entsprechend den auf diese Zeugenangaben abstellenden Feststellungen des Erstgerichtes (US 8) lag somit kein als schwere Gewalt nach § 201 Abs 1 StGB zu beurteilender, brachialer Krafteinsatz in jenem Sinn vor, der nach den Ausführungen des Sachverständigen unbedingt zu (an den Extremitäten sichtbaren) Verletzungen beim Tatopfer hätte führen müssen.

Zu Recht verfiel der Antrag auf Vernehmung des Sachverständigen Dr. Richard Z***** als Zeuge der Abweisung, bleibt doch der würdigende Vergleich divergierender Angaben des Tatopfers ausschließlich dem erkennenden Gericht vorbehalten. Mit dem weiteren Begehren auf Abklärung der Vorgänge während der Befundaufnahme strebt der Beschwerdeführer lediglich einen (unzulässigen - Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 88 f, 90a ff) Erkundungsbeweis an, wobei diese mit der Einführung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. Z***** (ON 10) in die Hauptverhandlung und angesichts seiner dortigen Ausführungen (S 397 ff, 451/I) ohnedies im Kern Gegenstand der Beweisaufnahme waren. Im übrigen wäre es Sache der Verteidigung gewesen, ihr allenfalls wesentlich erscheinende Aspekte bei der Vernehmung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung durch gezielte Fragestellung abzuklären. Diesbezügliche Versäumnisse können im Rechtsmittelverfahren nicht nachgeholt werden.

Der Antrag auf Einholung eines zusätzlichen gerichtspsychiatrischen Gutachtens wurde vom Schöffengericht mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, daß weder wegen der Schwierigkeit der Beobachtung noch wegen einer Widersprüchlichkeit oder Unbestimmtheit des vom Sachverständigen Dr. Z***** bereits erstellten Gutachtens die Voraussetzungen für die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen im Sinn der §§ 118 und 125 f StPO vorlagen (S 465 f/I).

Die Antragsbegründung, wonach der Sachverständige Dr. Z***** Widersprüche in den Angaben der Zeugin Annemarie H***** unberücksichtigt gelassen habe (S 459 f iVm 463/I), übergeht, daß der Experte ausdrücklich zu Verdrängungsmechanismen in den Aussagen dieser Zeugin Stellung nahm und auch aus dieser Sicht keine Anzeichen für die vom Beschwerdeführer behauptete tiefe Bewußtseinstrübung, Desorientierung oder Situationsverkennung fand (vgl insb S 401 ff, 451/I).

Auch die Medikamenteneinnahme Annemarie H*****s und deren Wechselwirkung mit Alkoholkonsum wurde vom Sachverständigen berücksichtigt (S 170, 407-409/I).

Die mit der Verfahrensrüge weiters bekämpfte Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugin Theresia L***** und auf Durchführung eines Ortsaugenscheines im Wohnhaus des Zweit- und Drittangeklagten zum Beweis dafür, daß Schreie der Annemarie H***** von den Hausparteien, insbesondere der beantragten Zeugin, nicht gehört wurden, obwohl diese ein lautes Schreien hätten hören müssen (S 463/I), wurde vom Erstgericht darauf gestützt, daß Annemarie H***** nie vorbrachte, daß sie laut geschrien (S 166/I), sondern - nach ihren übrigen Aussagen - bloß einmal laut gerufen hätte, sie wolle die Wohnung verlassen (S 53/I), und ansonsten nur davon sprach, daß sie während der Vergewaltigung geweint hätte (S 59 und 117/I). Schließlich verwies der Schöffensenat ebenso zutreffend darauf, daß Schreie je nach Art ihrer Intensität gehört werden können, nicht aber - wie von den Angeklagten apodiktisch in den Raum gestellt - unter allen Umständen gehört werden müssen (S 467/I).

Der die Argumentation der Verfahrensrüge wiederholenden, an sich mit Recht die in den Urteilsgründen unterbliebene Erörterung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K***** reklamierenden Mängelrüge (Z 5) zuwider läßt sich aus dem in seiner Gesamtheit zu würdigenden Gutachten lediglich ableiten, daß bei einer jungen Frau nur im Zuge einer mit brachialer Gewalt verübten Vergewaltigung unbedingt sichtbare Mißhandlungsmerkmale auftreten müßten. Der Beschwerdeführer übergeht in diesem Zusammenhang die vom Tatopfer selbst gemachte Einschränkung, daß sie von den drei Angeklagten nicht geschlagen wurde und sie - infolge der ihr beim Analverkehr zugefügten überaus großen Schmerzen - alsbald jede Gegenwehr aufgab, weil sie unter Schock stand (S 117/I; vgl in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Z*****, wonach in der von Annemarie H***** geschilderten Situation eine sogenannte "Schreckstarre" eintreten kann, die jeden Widerstand unmöglich macht; S 401/I), wobei diese Schmerzen schließlich auch zu einer Bewußtlosigkeit führten (S 51, 119/I). Nach diesen Angaben der Zeugin H***** wendeten die drei Angeklagten sohin keine vom Sachverständigen Dr. K***** - ohne konkreten Bezug auf das tatsächliche Tatopfer - für das Auftreten von unbedingt sichtbaren Verletzungsfolgen vorausgesetzte erhebliche Gewalt an (S 441/I). Die Beschwerdeeinwände orientieren sich solcherart nicht an den tatsächlich erzielten Beweisergebnissen; die Angaben der Zeugin H***** stehen so gesehen - der Beschwerde zuwider - auch in keinem Gegensatz zu den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K*****, soweit dieser bloß theoretisch auf Folgen schwerer Gewaltanwendung im Sinne der Qualifikation nach § 201 Abs 1 StGB mit nach Abs 3 leg. cit. entscheidender Bedeutung für einen höheren Strafsatz und die Zuständigkeit des Geschworenengerichts einging.

Der Einwand, wonach sich das Erstgericht mit der fehlenden Schilderung der Schändung bei der Darstellung des Tatgeschehens durch Annemarie H***** vor dem psychiatrischen Sachverständigen nicht auseinandergesetzt habe, betrifft keinen von den Tatrichtern abzuwägenden Widerspruch, bestand doch bei dieser Exploration kein Anspruch auf Vollständigkeit des vom Sachverständigen an Hand der bis dahin vorgelegenen Angaben berücksichtigten Tathergangs (S 160/I).

Widersprüche in den Aussagen der Annemarie H***** und jenen der Isabella S***** betreffend die Begegnung des späteren Opfers mit dem Erstangeklagten im Cafe "M*****" sowie zum Zeitpunkt des Verlassens dieses Lokales betreffen keine für die Beurteilung der erst wesentlich später einsetzenden Tat entscheidenden Umstände.

Gleiches gilt für den Einwand fehlender erstgerichtlicher Auseinandersetzung mit jenen Zeugenaussagen, wonach Annemarie H***** mehr als die von ihr angegebenen Mengen alkoholischer Getränke zu sich genommen habe. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Z***** wäre beim späteren Tatopfer unter Zugrundelegung der Trinkmengenangaben der Zeugin Waltraud P***** zum Deliktszeitraum ein maximaler Blutalkoholwert von 2,4 Promille und damit eine erhebliche Alkoholisierung vorgelegen (S 407 ff, 449/I). Aber selbst dieser Alkoholisierungsgrad bot - entgegen den diese Gutachtensergänzung außer acht lassenden Beschwerdeausführungen - keine Anhaltspunkte dafür, daß die Zeugin H***** irgendwelche irreale Vorstellungen als reale Bedingung aufgefaßt habe (S 451/I), weshalb eine nähere Erörterung dieser Beweisergebnisse unterbleiben konnte.

In der Tatsachenrüge (Z 5a) verweist der Beschwerdeführer im wesentlichen auf die bereits zur Mängelrüge ausgeführten Einwände, ohne jedoch damit sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Mit dem Vorbringen, daß die bei Annemarie H***** festgestellte Analverletzung nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K***** auch auf natürliche Ursachen bzw einen einverständlich durchgeführten Analverkehr zurückgeführt werden könnte (S 443 f/I), versucht der Beschwerdeführer lediglich eine im Vergleich zur tatrichterlichen für ihn günstigere Schlußfolgerung zu ziehen und damit die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten

Mario O*****:

Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 (im Hinblick auf die relevierte Vernehmung im Vorverfahren offenkundig gemeint Z 2) StPO rügt der Beschwerdeführer die Mißachtung einer bei Annemarie H***** bestandenen Zeugnisunfähigkeit (§ 151 Abs 1 Z 3 StPO), ohne daß er diesen Umstand prozeßordnungsgemäß in der Hauptverhandlung geltend gemacht hätte (S 459/I: einverständliche Verlesung dieser Aussage). Im übrigen stützt sich der Angeklagte dazu auf das erst nach dieser Vernehmung erstellte Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Z*****, der in Berücksichtigung der im Sachwalterschaftsverfahren (S 157 f/I) erzielten Verfahrensergebnisse gerade keine Anhaltspunkte für eine Aussageunfähigkeit gefunden hatte (S 399 ff, 451/I); damit lag für die vernehmende Untersuchungsrichterin umsoweniger ein Anlaß vor, an der von ihr persönlich zu prüfenden Zeugnisfähigkeit Annemarie H*****s zu zweifeln (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 3 E 16).

Hinsichtlich der Rüge der unterbliebenen Unterfertigung des bloß in seiner Diktion, nicht aber dem Inhalt nach kritisierten Hauptverhandlungsprotokolls durch die Schriftführerin genügt der Hinweis auf die zur insoweit weitgehend inhaltsgleichen Beschwerde des Erstangeklagten bereits dargelegten Erwägungen.

Gleiches gilt auch für die Verfahrensrüge (Z 4) des Zweitangeklagten.

Soweit sich dieser zur Untermauerung der Verfahrensrelevanz des abgewiesenen Antrags auf Beiziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen auf den Inhalt des im Sachwalterschaftsverfahren erstellten Gutachtens sowie auf eine in der Beschwerde nicht näher begründete ("ohne Frage") schwierige Begutachtung der geistig behinderten Belastungszeugin im Sinne des § 118 StPO beruft, geht er nicht vom gestellten Beweisantrag aus (§ 459 ff/I), sodaß diese nicht prozeßordnungsgemäßen Beschwerdeausführungen einer entsprechend einläßlichen Erwiderung nicht zugänglich sind (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40 f).

Wenn der Beschwerdeführer schließlich unter diesem Nichtigkeitsgrund versucht, aus der Aussage der Mutter des Tatopfers auf eine Wahrnehmungsunfähigkeit der Zeugin Annemarie H***** und in der Folge auf eine mangelnde Schlüssigkeit des Gutachtens Dris. Z***** zu folgern, läßt er außer acht, daß die von Annemarie B***** geäußerte Einschätzung des psychischen Zustandes ihrer Tochter vom Sachverständigen in seinen Gutachtenserwägungen nachvollziehbar behandelt wurde (S 161 f, 397/I) und das Erstgericht daher nicht verhalten war, diese mit dem Gutachten keineswegs in Widerspruch stehende Aussage durch ein weiteres psychiatrisches Sachverständigengutachten sondieren zu lassen.

Die Mängelrüge (Z 5) wiederholt größtenteils die bereits in der Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten zu diesem Punkt vorgebrachten Bedenken, denen sohin in diesem Umfang aus bereits dargelegten Erwägungen keine Stichhältigkeit zukommt.

Obgleich das Schöffengericht zu der von Annemarie H***** konsumierten Menge Alkohol einerseits der Aussage der Zeugin Waltraud P***** folgte, andererseits aber den vom Sachverständigen Dr. Z***** nach den geringeren Trinkmengenangaben der Zeugin Annemarie H***** errechneten Blutalkoholwert als erwiesen annahm, liegt insoweit entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Aktenwidrigkeit vor, wurde doch in der Urteilsbegründung keine Feststellung auf eine unrichtig wiedergegebene Aussage oder Urkunde gestützt. Die fehlerhafte Verknüpfung der Aussage der Zeugin Waltraud P***** mit den ersten Berechnungen des Blutalkoholwertes durch den Sachverständigen Dr. Z***** betrifft auch keine entscheidungswesentliche Tatsache, wäre doch selbst die auf der Basis der Angaben dieser Zeugin errechnete Alkoholisierung des Tatopfers (2,4 %o; vgl S 459/I) nach den Ausführungen Dris. Z***** nicht geeignet, eine entscheidende Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit der Annemarie H***** herbeizuführen (S 407 ff, 449/I).

Entgegen dem weiteren Einwand setzte sich das Erstgericht - in wenngleich äußerst knapper Weise - mit der jeweils leugnenden Verantwortung der drei Angeklagten auseinander, verwarf sie als unglaubwüdig und traf unter Zugrundelegung der belastenden Angaben des - mittlerweile bereits verstorbenen - Tatopfers und - den Rechtsmittelausführungen zuwider - auch unter Berücksichtigung der psychischen Krankheit der Annemarie H***** und ihrer Aussagefähigkeit die den Schuldspruch tragenden Konstatierungen (US 11).

In der Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt der Zweitangeklagte lediglich die Einwendungen zur Mängelrüge, wobei er unter Berufung auf den im Strafverfahren verlesenen Pflegschaftsakt 3 P 78/96k des Bezirksgerichtes Wildon die psychische Krankheit der verstorbenen Annemarie H***** hervorhebt und unter Hinweis auf die tataktuelle Alkoholisierung des Opfers sowie die Modalitäten der Annäherung an den Erstangeklagten im Cafe "M*****" die Unglaubwürdigkeit ihrer den Zweitangeklagten belastenden Angaben zu dokumentieren sucht. Er übergeht dabei, daß das Schöffengericht mängelfrei sowohl die geistige Beeinträchtigung als auch die Alkoholisierung und die im Cafe gepflogenen Kontakte des Tatopfers mit Wilfried G***** berücksichtigte (US 6), ohne aber daraus Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin abzuleiten (US 11). Damit erweist sich auch das Vorbringen des Zweitangeklagten als Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung zu bekämpfen. Mit diesen Einwänden vermag der Beschwerdeführer keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.

Die fehlende Feststellungen zur Tathandlung des Zweitangeklagten (insbesondere zur Entziehung der persönlichen Freiheit) und zur subjektiven Tatseite behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht prozeßordnungswidrig die Konstatierungen des Schöffensenates, wonach die drei Angeklagten die Absicht hatten, Annemarie H***** erforderlichenfalls auch durch Anwendung von Gewalt zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zu nötigen und der Zweitangeklagte (der dem Tatopfer mehrmals auf die Scheide griff) gemeinsam mit Rudolf T***** die auf dem Bett liegende Annemarie H***** festhielt, während sie Wilfried G***** entkleidete und das in der Bewegungsfreiheit über einen längeren Zeitraum hindurch eingeschränkte Tatopfer sodann mehrfach zum Vaginal- und Analverkehr zwang (US 8 f). Dabei war (auch) dem Zweitangeklagten (sogar im Grade der Wissentlichkeit nach § 5 Abs 3 StGB) "voll bewußt", daß Annemarie H***** durch diese Tathandlungen gewaltsam und unter Entziehung ihrer persönlichen Freiheit zur Duldung des Beischlafes und diesem gleichzusetzender Handlungen genötigt wurde (US 9).

Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet der Zweitangeklagte Feststellungsmängel in Richtung einer bei ihm vorgelegenen vollen Berauschung und reklamiert solcherart eine Beurteilung des inkriminierten Verhaltens als Vergehen nach § 287 Abs 1 StGB, ohne dazu allerdings konkrete - aktenmäßig nicht indizierte - Beweisergebnisse aufzuzeigen, wonach er so stark alkoholisiert gewesen wäre, daß seine Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit nicht mehr vorlag. Er selbst gab zwar vor der Gendarmerie an, daß er "voll berauscht" war (S 93/I), schilderte aber gleichzeitig ein Verhalten, welches mit einer auf Grund von Volltrunkenheit ausgeschalteten Willenslenkung nicht in Einklang gebracht werden kann. Auch in seiner Vernehmung vor der Untersuchungsrichterin (ON 6) deponierte er nur, jedenfalls stärker alkoholisiert gewesen zu sein als der bloß leicht angeheiterte Wilfried G***** (S 141/I), wobei er nach seiner Einlassung durchaus in der Lage war, das Geschehen in der Wohnung des Drittangeklagten kurz vor der von ihm bestrittenen Tat einwandfrei und ohne Wissenslücken zu verfolgen (S 139 und 343/I). Damit bestand aber für das Erstgericht insgesamt kein Anlaß für eine Erörterung, ob beim Zweitangeklagten im Tatzeitpunkt eine volle Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) bestand.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Drittangeklagten

Rudolf T*****:

Soweit sich der Beschwerdeführer zunächst durch die Ablehnung der Beweisanträge auf Einvernahme Dris. Richard Z***** als Zeugen sowie des Annemarie H***** zwischen 11. und 13. Juni 1997 behandelnden Medizinalpersonals in seinen Verteidigungsrechten verletzt erachtet (Z 4), ist er mit seinen zu den Nichtigkeitsbeschwerden des Erst- und Zweitangeklagten inhaltsgleichen Einwänden auf bereits Gesagtes zu verweisen.

In der Mängelrüge (Z 5) wird die fehlende Berücksichtigung der Aussagen der Zeuginnen Waltraud P***** und Edith St***** zu den Kontakten zwischen dem späteren Tatopfer und dem Erstangeklagten bemängelt. Abgesehen davon, daß das erkennende Gericht im Sinne dieser Aussagen ohnedies davon ausging, daß Annemarie H***** den Erstangeklagten umarmte und küßte (US 6), sind diese Umstände für die erst nachfolgenden und dann gegen den Willen der Annemarie H***** erzwungenen geschlechtlichen Kontakte nicht entscheidungsrelevant.

Soweit der Beschwerdeführer aus der Aussage der Annemarie B***** in der Hauptverhandlung entnehmen will, daß Annemarie H***** ausschließlich ihrem Arzt von der Vergewaltigung erzählt habe (S 367/I), übergeht er die diesem Vorbringen entgegenstehenden übereinstimmenden Angaben beider Zeuginnen, wonach sich das Tatopfer unmittelbar nach der Tat ihrer Mutter anvertraut hatte (S 53, 117, 166 und 278/I), sodaß - dem Rechtsmittelvorbringen zuwider - keine von den Tatrichtern zu erörternden, weil einander widerstreitenden Beweisergebnisse vorlagen.

Allein aus der Aussage der Mutter des Tatopfers zu dessen psychischen Störungen läßt sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht auf eine Wahrnehmungsunfähigkeit der Annemarie H***** schließen, wurden doch diese nunmehr hervorgehobenen Angaben vom Sachverständigen Dr. Z***** in seinen Gutachtenserwägungen berücksichtigt (S 161 und 397/I).

Mit der bloßen Spekulation, Annemarie H***** müsse die die drei Angeklagten belastenden Angaben (eventuell über Einwirkung eines Dritten) erfunden haben, vermag der Beschwerdeführer gleichfalls keinen Begründungsmangel darzutun.

Der schließlich in der Urteilsbegründung erblickte Widerspruch zwischen der Annahme, Rudolf T***** habe Annemarie H***** während ihrer Ohnmacht, somit in einem zum Widerstand unfähigen Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen versucht, und der Feststellung, daß das Tatopfer in der Lage war, den Drittangeklagten von sich herunterzustoßen und seine weiteren Versuche, ihre Scheide zu betasten, abzuwehren, übergeht den im Urteil insoweit klar zum Ausdruck gebrachten Zeitablauf. Danach erfolgte nämlich der Tatangriff in einer Phase, in der sich Annemarie H***** in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte, während sie nach dem anschließenden Erwachen aus der Ohnmacht wieder in der Lage war, sich gegen den vom Drittangeklagten angestrebten sexuellen Mißbrauch zur Wehr zu setzen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher durchwegs als teils nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1 und 2, 285a Z 2 StPO).

Über die von den Angeklagten außerdem erhobenen Berufungen wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Graz zu befinden haben (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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