OGH 12Os164/82

OGH12Os164/8216.12.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hankiewicz als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nahh § 142 Abs. 1, 143 StGB über die vom Angeklagten Josef A gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Wiener Neustadt vom 1.Juli 1982, GZ. 12 a Vr 434/82-59, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde sowie über die Berufung des Angeklagten Josef B nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Josef A, Rechtsanwalt Dr. Hahn sowie des Verteidigers des Angeklagten Josef B, Rechtsanwalt Dr. Prokopp und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird Folge gegeben und die über die Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe bei Josef A auf 5 Jahre und bei Josef B auf 5 1/2 Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde u.a. der am 15.Mai 1961 geborene Angeklagte Josef A des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 (1. Satz, 1. und 2. Fall) StGB schuldig erkannt, weil er und der am 27.Feber 1958 geborene Mitangeklagte Josef B am 22.Jänner 1982 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe der Ulrike C die dem Inhaber der Firma D gehörenden 38.500 S dadurch mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, daß Josef B der Genannten einen Revolver vorhielt und Josef A ihn vor anderen Käufern abdeckte (Punkt I. des Urteilssatzes).

Weiters liegt dem Angeklagten Josef A zur Last (Punkt II. des Urteilssatzes), mit Josef B und Josef E am 2.März 1982 in Felixdorf in Gesellschaft als Beteiligte mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben dem Gerhard F der X gehörende 48.100 S durch Entreißen einer Tasche und die Äußerung, 'Gib die Tasche her, ich habe eine Pistole eingesteckt', mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Josef A und Josef B eine Waffe verwendeten. Zum weiteren Anklagevorwurf, von Jänner 1982 bis 2. März 1982 in Warth, Felixdorf und Wien unbefugt einen Revolver, System Lefaucheux, Kal. 9 mm besessen und geführt zu haben, erging (auf Grund des die betreffende Hauptfrage III verneinenden Wahrspruches der Geschwornen) ein Freispruch, der unangefochten blieb.

Die Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte Josef A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs. 1 Z. 8 und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird von Josef A und von Josef B mit Berufung angefochten. Hinsichtlich des Drittangeklagten Josef E ist das Urteil in Rechtskraft erwachsen.

Mit Beziehung auf den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund rügt der Angeklagte (sinngemäß) die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung deshalb als unrichtig, weil darin - betreffend die den Schuldsprüchen laut Punkt I.

und II. entsprechenden Hauptfragen I und II - zur Qualifikation des § 143 1. Satz, 2. Fall StGB ausgeführt werde (siehe S. 495 oben/I), daß hiefür auch eine Tatbegehung unter Verwendung einer ungeladenen, nicht sofort schußbereit zu machenden, ja nicht einmal funktionstüchtigen Waffe genüge, soferne dies für den Bedrohten nicht erkennbar war.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Gerade die vom Beschwerdeführer bezogene Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 11.September 1978, 12 Os 59/78 (SSt. 49/45) hat nämlich die bis dahin strittige Frage der Tatbildlichkeit der Verwendung ungeladener oder - wie im vorliegenden Fall - funktionsuntüchtiger Schußwaffen bei einem Raub unter dem Gesichtspunkt des § 143 zweiter Fall StGB bejaht, weil nämlich die Drohung auch mit einer solchen (ungeladenen oder funktionsuntüchtigen) Waffe im erhöhten Maße geeignet ist, beim Bedrohten die Vorstellung des unmittelbar bevorstehenden Eintrittes des angedrohten übels zu erwecken, wogegen der Frage der höheren Gefährdung von Personen keine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. auch Kienapfel, BT II, RN. 11 ff., insbesondere RN. 24 zu § 143 StGB).

Soweit der Angeklagte inhaltlich seiner Beschwerdeausführungen darüberhinaus funktionsunfähige Waffen einer (nicht qualifikationsbegründenden) Attrappe gleichgesetzt wissen will, stehen dem schon die Begriffsbestimmungen des Waffengesetzes (§ 1 WaffenG.: Waffe im technischen Sinn;

§ 2 WaffenG.: Schußwaffe) entgegen, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die Waffe unter die Ausnahmebestimmungen der § 30 bis 33 WaffenG. fällt. Dem auf das Qualifikationsmerkmal der Verwendung einer Waffe Bezug nehmenden Teil der den Geschwornen schriftlich erteilten Rechtsbelehrung haftet mithin ein Rechtsirrtum nicht an. Mit den gegen die anklagekonform gestellte Hauptfrage II gerichteten Einwänden, 'aus dem Akteninhalt' ergebe sich, daß der Beschwerdeführer 'über die Nennung der Gelegenheit hinaus und nach Zeigen des Tatortes keine Ausführungshandlung in räumlicher Nähe oder in unmittelbarem Tatzusammenhang gesetzt habe', dieser Raub könne daher in Ansehung seiner Person nicht als Gesellschaftsraub (§ 143 Satz 1, 1. Fall, StGB) qualifiziert werden, überdies sei die Verwendung der Waffe durch den Mitangeklagten Josef B nicht vom Vorsatz des Beschwerdeführers umfaßt gewesen, weshalb auch insoweit die Qualifikationsvoraussetzungen nach § 143 Satz 1, 2. Fall, StGB nicht gegeben seien, wird keiner der in der Nichtigkeitsbeschwerde bezeichneten Nichtigkeitsgründe ('§ 281 Abs. 1 Z. 10; § 345 Abs. 1 Z. 8 und 12 StPO') zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Diese Ausführungen richten sich nämlich (im Sinne des § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO) weder gegen die in bezug auf den Gesellschaftsraub (S. 490 f./I) noch auch die in bezug auf die /subjektive / Qualifikationszurechnung (hier: der Verwendung einer Waffe in Ansehung der Tatgenossen) gemachten Darlegungen der Rechtsbelehrung (siehe S. 489/I). Andererseits übergeht der Beschwerdeführer im Rahmen seiner auf § 345 Abs. 1 Z. 12 StPO gestützten Rechtsrüge die im Wahrspruch (zu den Hauptfragen I und II) festgestellten Tatsachen. Darnach haben die Angeklagten Josef A, Josef B und Josef E den Raub am 2.März 1982 in Felixdorf in Gesellschaft als Beteiligte begangen; demgemäß verantwortet der Beschwerdeführer als Raubgenosse den gesamten Taterfolg, mit allen (ihm bekannten) Begleitumständen.

Die Geschwornen haben die auf Gesellschaftsraub unter Verwendung einer Waffe lautende Hauptfrage II hinsichtlich A und B uneingeschränkt bejaht - konform mit der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers (S. 445, 448 f./I) - und somit die Verwendung der von A Wochen vorher B überlassenen Waffe bei der Ausführung der Raubtat am 2.März 1982 in Felixdorf mit diesem Wahrspruch festgestellt. Die Einschränkung 'ohne Waffe' erfolgte nur hinsichtlich Josef E.

Die rechtliche Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes unter die (Qualifikations-) Bestimmung des § 143

1. Satz 2. Fall StGB erfolgte somit ohne Rechtsirrtum. Eine auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 12 StGB gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, die sich wie die vorliegende, über die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen (insbesondere hinsichtlich der subjektiven Tatseite) unter Berufung auf (angebliche) anderslautende Verfahrensergebnisse hinweggesetzt, entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung.

Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen. Die Angeklagten wurden nach § 143, 28 Abs. 1 StGB, Josef A zu sechs Jahren, Josef B zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht bei Josef A als erschwerend das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen derselben Art, die zweifache Qualifikation nach § 143

StGB, die Anstiftung zu II und die verstärkte Tatbestandsmäßigkeit (Drohung und Gewalt), als mildernd das Geständnis, das Alter unter 21 Jahren, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die teilweise Schadensgutmachung. Bei Josef B wurde als erschwerend das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen derselben Art und die beiden einschlägigen Vorstrafen, die zweifache Qualifikation nach § 143 StGB, die Anstiftung zu I und die verstärkte Tatbestandsmäßigkeit, als mildernd das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung angenommen.

Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten A und B, A auch unter Anwendung des § 41 StGB, eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe. Die Berufungen sind berechtigt.

Bei den Strafbemessungsgründen fällt bei beiden Angeklagten die Verleitung des anderen weg, weil nach den von den Geschwornen ihrem Wahrspruch zugrundegelegten Verfahrensergebnissen beide Angeklagten die Tat verabredeten, ohne daß der eine den anderen besonders beeinflussen mußte oder beeinflußt hat. Allerdings kann daher auch nicht der vom Berufungswerber A ins Treffen geführte Umstand, daß er in einem Fall (Faktum I) verleitet wurde, als mildernd herangezogen werden. Als mildernd kommt aber beiden Angeklagten auch zugute, daß der verwendete, nur beschränkt funktionsfähige Revolver nicht geladen war.

Im übrigen hat das Geschwornengericht die Strafbemessungsgründe zutreffend festgestellt.

Unter Berücksichtigung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat und des Alters der Angeklagten erscheint eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren bei A und von 5 1/2 Jahren bei B angemessen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte