Spruch:
Der Antrag auf Erneuerung und die Nichtigkeitsbeschwerde werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten Leopold D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Lukas S***** enthält, wurde Leopold D***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 12 zweiter Fall, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er von September bis 26. Oktober 2012 in T***** an der P***** in drei Angriffen (Gesprächen) Lukas S***** vorsätzlich insgesamt dazu bestimmt, Renate D***** zu töten, indem er zu ihm geäußert hat: „Ich mag und kann mit der Oma nicht mehr, sie muss weg“, „Es ist noch einmal wegen der Oma. Ich will nicht mehr und sie muss weg und darf nicht mehr zurückkommen, egal wie. Du musst mir dabei helfen. Wenn du es nicht tust, mach ich dir das Leben zur Hölle“, „Wegen der Sache, die wir eh schon besprochen haben, wäre der 26. gut, weil ich da den ganzen Tag unterwegs bin, weil ich da das Maturatreffen habe. So kann man mir nicht an. Dadurch habe ich dann praktisch ein Alibi“, „Schau, dass du es vertuschst“, „du kennst dich eh im Haus aus. Du weißt, wo die Werkzeuge sind. Täusche einen Einbruch vor und schau, dass das hinhaut“.
Dagegen richten sich ein Antrag auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO und die auf § 345 Abs 1 Z 3, 4, 6 und 10a gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Zum Erneuerungsantrag (§ 363a StPO per analogiam):
Der Angeklagte Leopold D***** macht geltend, im Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 Abs 1 MRK dadurch verletzt worden zu sein, dass „alle Geschworenen eine vorgefasste Meinung hatten, so dass sie von Anfang an auch angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht gewillt waren, von dieser abzugehen“.
Nach den (durch Beilagen des Verteidigers unterlegten) Ausführungen sei der bezeichnete Ausschließungsgrund des § 46 StPO iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO dadurch hergestellt, dass die Ersatzgeschworene Sylvia F***** in einem am 6. November 2013 gesendeten und vom Erneuerungswerber wiedergegebenen Radiobeitrag auf Ö3 bekundet habe, im gegenständlichen Strafverfahren sei „bereits nach den ersten drei Verhandlungstagen klar gewesen“, dass „der Opa sehr wohl seine Finger im Spiel gehabt“ hätte und „Lukas nur das Tatwerkzeug vom Opa war“. Nach Auffassung des Erneuerungswerbers erschließe sich daraus, dass unter den Geschworenen bereits am dritten Tag der Hauptverhandlung die Tatfrage entschieden gewesen sei und sie ‑ trotz nachfolgender Verhandlungstage ‑ gar nicht mehr gewillt waren, von ihrer vorgefassten Meinung abzugehen. Dieser durch den Radiobeitrag hervorgekommene Umstand sei dem Verteidiger erst am 14. November 2013 ‑ sohin nach Einbringung der Nichtigkeitsbeschwerde und Ablauf der Rechtsmittelfrist ‑ bekannt geworden.
Der Erneuerungsantrag ist offenbar unbegründet:
Da das Gesetz von den Geschworenen ausdrücklich verlangt, alle für und wider den Angeklagten vorgebrachten Beweismittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und nichts unerwogen zu lassen, was zum Vorteil oder zum Nachteil des Angeklagten gereichen kann (§§ 305 Abs 1, 325 Abs 1 StPO), indiziert die hier ins Treffen geführte Äußerung einer ‑ ohnedies bei Schluss der Verhandlung (§ 319 StPO) entlassenen (vgl ON 135b S 4) ‑ Ersatzgeschworenen betreffend die eigene Einschätzung der Verfahrensresultate den angesprochenen Ausschließungsgrund (§ 46 StPO iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO) in Ansehung der mit der Beratung und Abstimmung über die an sie gestellten Fragen befassten Geschworenen nicht.
Selbst wenn man der ‑ durch den bloßen Wortlaut der Berichterstattung gar nicht gedeckten ‑ Interpretation des Erneuerungswerbers folgt, wonach die Ersatzgeschworene zum Ausdruck gebracht habe, dass nicht nur sie selbst, sondern auch sämtliche weiteren Geschworenen sich bereits am dritten Verhandlungstag eine Meinung über den Fall gebildet hätten, vermag dies die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der an der Entscheidung mitwirkenden Geschworenen (§ 46 StPO iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO) noch nicht in Zweifel zu ziehen (§ 345 Abs 1 Z 1 StPO). Dies wäre nämlich nur der Fall, wenn auch die Annahme begründet erschiene, dass die Geschworenen angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht mehr gewillt gewesen wären, von ihren bisherigen Meinungen abzugehen (RIS-Justiz RS0096733; Lässig, WK-StPO § 43 Rz 12), wofür kein Anhaltspunkt besteht.
Der Antrag war demnach zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Das unter dem Gesichtspunkt der „Z 3 bzw Z 4“ erstattete Vorbringen, die bereits im Ermittlungsverfahren befasste Sachverständige Dr. Adelheid K***** sei ‑ wie dem Verteidiger erst nachträglich bekannt geworden und durch den der Beschwerdeschrift beigeschlossenen Schriftverkehr belegt sei ‑ nicht in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eingetragen und hätte daher ihr Gutachten „nicht ohne gesonderte Beeidigung“ erstatten dürfen, spricht keinen der von § 345 Abs 1 Z 3 StPO erfassten Fälle importierter Nichtigkeit an (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 173 f; Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 23 ff). Auch unter § 345 Abs 1 Z 4 StPO kann nur die Beiziehung eines ausgeschlossenen Sachverständigen (§ 126 Abs 4 StPO), nicht aber der hier erhobene Einwand einer unzulänglichen Pflichtenerinnerung (§ 126 Abs 2 zweiter Satz StPO) der vom Gericht befassten (und in der Hauptverhandlung beeidigten; vgl ON 118/VI S 4, ON 129b/VII S 22 f) Expertin als nichtigkeitsbegründend geltend gemacht werden (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 199 f).
Der vom Nichtigkeitswerber behauptete Verstoß gegen § 156 Abs 1 Z 2 StPO mangels Belehrung der Zeuginnen Helene R***** und Angela E***** über das ihnen (vermeintlich) zukommende Aussagebefreiungsrecht (Z 4) liegt ebenfalls nicht vor: Da der Angehörigenbegriff des § 72 StGB (§ 156 Abs 1 Z 2 StPO) aus personenstandsrechtlicher Sicht zu verstehen ist (Jerabek in WK² § 72 Rz 4, 5 und 9; Triffterer, SbgK § 72 Rz 7), würde eine rechtswirksam fassbare Vaterschaft des Angeklagten Leopold D***** zur Zeugin Helene R***** und damit auch ein Angehörigenverhältnis zu deren Mutter (Angela E*****) die entsprechende Feststellung der Vaterschaft durch ein Gerichtsurteil oder durch ein verbindliches Anerkenntnis voraussetzen (§ 138 Abs 1 Z 2 und 3 ABGB; RIS-Justiz RS0107048; JBl 2007, 743), welche vorliegend nicht gegeben ist (ON 135a/VIII S 4). Solcherart ist ohne Belang, dass es ‑ aus Beschwerdesicht ‑ „für die gesellschaftliche und familiäre Bindung zwischen Vater und Kind keine Rolle spielt, ob die Vaterschaft gerichtlich oder durch Anerkenntnis festgestellt ist“. Im Übrigen wurden beide Zeuginnen lediglich zu ihrem Verhältnis zum Angeklagten in der Vergangenheit, somit zu Umständen befragt, die weder für die Schuld- noch die Subsumtionsfrage von Bedeutung sind, sodass ein nachteiliger Einfluss im Sinn des § 281 Abs 3 StPO mangels Entscheidungsrelevanz unzweifelhaft auszuschließen wäre.
Die Fragenrüge (Z 6), die im Hinblick auf die Einlassung des Angeklagten Leopold D*****, wonach er es nicht für möglich gehalten hätte, dass sein Enkel so etwas tut und auch nie gewollt hätte, dass seiner Frau etwas Böses zustößt (ON 129b/VII S 14 ff), das Unterbleiben einer Eventualfrage nach „fahrlässiger Bestimmung“ bzw „fahrlässiger Tatbegehung“ (§ 80 StGB) reklamiert, übersieht, dass sich der Einwand zu Unrecht unterbliebener Fragestellung nicht bloß an einzelnen, isoliert herangezogenen Passagen einer Aussage zu orientieren, sondern das ins Treffen geführte Verfahrensergebnis in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen hat (RIS-Justiz RS0120766). Da sich der Angeklagte leugnend verantwortet und jede wie immer geartete Bekundung, wonach „die Oma weg müsse“ in Abrede gestellt hat, gelingt es der Beschwerde nicht, in seiner Einlassung ein die Stellung der begehrten Eventualfrage indizierendes Tatsachenvorbringen aufzuzeigen.
Schließlich vermag auch die Tatsachenrüge (Z 10a) unter Hinweis auf die Schilderungen der Zeugen Heinrich W*****, Alfred H*****, Rosa und Friedrich B***** sowie Maria Ei***** beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken:
Da dem Angeklagten mehrere, anlässlich dreier Gespräche zwischen September und 26. Oktober 2012 getätigte, mit der Zielsetzung einer Tatbestimmung des Lukas S***** erfolgte Äußerungen angelastet werden (Hauptfrage 2./), vermag der Einwand, Leopold D***** komme als Teilnehmer eines von Heinrich W***** (mutmaßlich) am 11. September 2012 in S***** zufällig wahrgenommenen Gesprächs (wonach ein älterer Mann bekundet habe, dass „die Oma weg müsse“) gar nicht in Betracht, die ihm vorgeworfene (wiederholte) Bestimmung seine Enkels zur Ermordung der Renate D***** nicht auszuschließen. Lukas S***** schilderte nämlich, mehrmals von seinem Großvater zur „Beseitigung“ seiner Großmutter aufgefordert worden zu sein. Das Beschwerdevorbringen, der Angeklagte habe den 11. September 2012 in Gesellschaft von Rosa und Friedrich B***** verbracht, weshalb „aus den Akten klar sei“, dass Lukas S***** mit einem anderen Mann gesprochen haben müsse, mündet in die bloße Spekulation, Lukas S***** könnte am 11. September 2012 von irgendeiner anderen, bislang unbekannten Person zur Tötung seiner Großmutter aufgefordert worden sein.
Diese Einwände unternehmen nur den Versuch, die Beweiswürdigung der Geschworenen, welche aufgrund einer Gesamtschau sämtlicher Verfahrensergebnisse zur Überzeugung von der (Bestimmungs-)Täterschaft des Angeklagten gelangten, nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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