European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00138.23W.0111.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
[2] Danach hat er von Oktober 2021 bis Anfang Dezember 2021 in W* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er zumindest 800 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % gewinnbringend teils an im Urteil namentlich genannte, teils an unbekannte Abnehmer verkaufte und weitere zumindest 45 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % * P* zum Verkauf überließ.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und „9“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Dass die Tatrichter, jeweils unter ausdrücklicher Berücksichtigung des mehrfach abgeänderten Aussageinhalts (vgl US 3 ff), aus den Angaben des Angeklagten sowie des Zeugen * P* – ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze – andere als die vom Beschwerdeführer begehrten Schlüsse gezogen haben, stellt keinen Begründungsmangel iSd Z 5 dar (RIS‑Justiz RS0098400 [T11]).
[5] Der Sache nach beschränkt sich die Rüge darauf, die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise zu bekämpfen.
[6] Soweit die Beschwerde kritisiert, das Erstgericht hätte nicht dargelegt, aus welchen Gründen ein höherer Reinheitsgehalt des Suchtgifts herangezogen worden sei „als bei der Verurteilung des * P* zu 12 Hv 20/22w des LG Wels“ und damit erkennbar auf die Annahme eines Reinheitsgehalts von 10,8 % zielt, wendet sie sich nicht gegen eine entscheidende Tatsache. Denn selbst bei Zugrundelegung des letztgenannten Reinsubstanzgehalts wird die Erfüllung der Qualifikation des Abs 4 Z 3 des § 28a SMG nicht in Frage gestellt (vgl RIS‑Justiz RS0120681).
[7] Soweit die Beschwerde („Z 9“) Konstatierungen zu einem Mitgewahrsam des * P* an den ihm vom Angeklagten überlassenen 45 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % vermisst, verabsäumt sie es angesichts der erfolglos bekämpften Feststellungen zur Überlassung von (weiteren) 800 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 13,4 % (US 2 f) darzulegen (RIS‑Justiz RS0116565), weshalb dies für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage relevant sein sollte.
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[9] Hinzuzufügen bleibt, dass die Heranziehung der mangelnden Schuldeinsicht des Angeklagten (US 9) als eine für die Nichtgewährung (teil‑)bedingter Strafnachsicht entscheidende Tatsache einen unvertretbaren Gesetzesverstoß im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 StPO darstellt. Das Recht des Angeklagten, seine Verantwortung frei zu wählen (§§ 49 Z 4, 164 Abs 1 und 4, 245 Abs 2 StPO) und sich nicht selbst zu belasten, ist ein wesentlicher Bestandteil eines fairen Verfahrens (Art 6 Abs 1 MRK [Grabenwarter/Pabel, EMRK7 § 24 Rn 138]). Dieses Recht darf durch den Vorwurf der mangelnden Schuldeinsicht bei der Sanktionsfindung nicht konterkariert werden (RIS‑Justiz RS0090897 [T11]).
[10] Diesen von der Beschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der ihm zukommenden Berufungsentscheidung (§ 285i StPO) zu berücksichtigen haben (RIS‑Justiz RS0122140).
[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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