Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochten Urteil wurde Tudor A***** des Vergehens des Diebstahls nach den §§ 15 Abs 1, 127 StGB schuldig erkannt, weil er am 6. April 2011 in G***** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Flaschen Whisky im Gesamtwert von 27,98 Euro Verfügungsberechtigten des Lebensmittelmarkts Merkur mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der - in Übereinstimung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - Berechtigung nicht zukommt.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
„Am 6. April 2011 fasste der Angeklagte den Entschluss, im Lebensmittelmarkt Merkur am E***** in G***** zwei Flaschen Whisky der Marke Red Label zu stehlen, um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. In Umsetzung dieses Tatentschlusses versteckte er die beiden Flaschen im Gesamtwert von EUR 27,98 in den Ärmeln seiner Jacke und passierte die Kassa ohne die Waren zu bezahlen. Andreas S*****, ein Angestellter des Merkurmarktes, beobachtete den Angeklagten dabei und folgte ihm. Er sprach ihn im Eingangsbereich des Geschäfts an und bat ihn, mit in das Büro zu kommen. Der Angeklagte wollte daraufhin weglaufen, weshalb ihn Andreas S*****, der ihm körperlich überlegen war, fest am Arm erfasste. Der Angeklagte versuchte, sich durch windende und ruckartige Bewegungen seiner Arme aus dem Griff von Andreas S***** zu befreien, was ihm jedoch nicht gelang. Aufgrund dieser Abwehrbewegungen des Angeklagten stießen er und Andreas S***** mehrmals gegen eine Plexiglaswand, zumal sie sich in einem schmalen Gang befanden. Nach einigen Sekunden gab der Angeklagte seinen Widerstand auf und begleitete Andreas S***** und den zwischenzeitig eingetroffenen Geschäftsführer widerstandslos in das Büro, wo er die Whiskyflaschen, die sich nach wie vor in seinen Jackenärmeln befanden, zurückgab.“
Mit ihrer Subsumtionsrüge (Z 10) strebt die Beschwerdeführerin die rechtliche Unterstellung der Tat (auch) unter § 131 erster Fall StGB an.
Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) herangezogen werden kann. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend ist zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klar zu stellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz hätte abgeleitet werden sollen (RIS-Justiz RS0117247).
Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder - mit Blick auf das hier von der Staatsanwaltschaft angestrebte Ziel - eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600).
Hat das Erstgericht eine mit einem höheren Strafsatz verbundene Qualifikation nicht angenommen, weil es in rechtlicher Hinsicht den objektiven Tatbestand (hier: Gewaltanwendung iSd § 131 StGB) als nicht erfüllt ansah, so hat die Anklagebehörde im Rahmen ihrer Subsumtionsrüge nicht nur einen Fehler in der rechtlichen Beurteilung der objektiven Tatseite aufzuzeigen, sondern darüber hinaus in Ansehung der vom erkennenden Gericht - konsequenterweise -nicht getroffenen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite einen Feststellungsmangel geltend zu machen (vgl 13 Os 126/07i).
Diesen Anforderungen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.
Zum einen fehlt es der bloßen Behauptung, es wären „nähere Feststellungen über die Art und Intensität des Zugriffs, die dagegen gerichteten Körperbewegungen des Täters, deren Auswirkungen auf den Festgehaltenen, dessen Reaktionen und ähnliches“ erforderlich, an einem Bezug zu konkreten Verfahrensergebnissen, aus denen sich Konstatierungen ableiten ließen, die über die von den Tatrichtern getroffenen entscheidend hinausgehen könnten.
Zum anderen beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf die urteilsfremde Unterstellung, der Angeklagte habe bei der Gewaltanwendung gegenüber dem Anhaltenden das Ziel verfolgt, sich die Beute zu erhalten, anstatt aufzuzeigen, dass das Urteil diesbezüglich gerade keine Feststellungen enthält, solche aber durch konkret zu bezeichnende Verfahrensergebnisse indiziert wären.
Demnach erübrigt sich ein Eingehen auf die Kritik, wonach dem Schöffengericht bei der Verneinung tatbestandsgründender Gewaltanwendung in rechtlicher Hinsicht ein Fehler unterlaufen wäre.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
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