Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann S***** der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (I/A) und mehrerer zum Teil in Form des Versuchs nach § 15 StGB verwirklichter Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 207 Abs 1 und 15 StGB (I/B) sowie der Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 (zu ergänzen Abs 1) StGB (II), der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (III) und des teils in Form des Versuchs nach § 15 StGB verwirklichten Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (IV/A, B) schuldig erkannt.
Danach hat er
I. außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er
A) ab 1991 bis zum 27. April 1994 der am 28. April 1980 geborenen
Tamara P***** in wiederholten Angriffen zum Teil über, zum Teil unter der Bekleidung auf die Brüste griff und diese mehrere Minuten lang streichelte und sie zum Teil über, zum Teil unter der Bekleidung an der Scheide berührte und streichelte, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich ein depressives Syndrom der Genannten zur Folge hatte;
B) in der Zeit zwischen 1989 und dem 16. Jänner 1990 in wiederholten
Angriffen der am 17. Jänner 1976 geborenen Doris W***** auf die Brüste griff, wobei es infolge ihrer Gegenwehr zum Teil beim Versuch blieb;
II. im Jahr 1992 eine Handlung, die geeignet ist, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden, vor einer unmündigen Person vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, indem er vor der am 28. April 1980 geborenen Tamara P***** onanierte;
III. in der Zeit zwischen 1989 und August 1993 in wiederholten Angriffen versucht, Doris W***** mit Gewalt, indem er sie am Kopf und an der Schulter festhielt, zur Duldung der Vornahme von Zungenküssen zu nötigen, wobei es aufgrund der Gegenwehr beim Versuch geblieben ist;
IV. unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber Pflegekindern, somit seiner Erziehung unterstehenden minderjährigen Personen, diese zur Unzucht missbraucht bzw zu missbrauchen versucht, indem er
A) in der Zeit zwischen 1991 und dem 27. April 1999 bei der am 28. April 1980 geborenen Tamara P***** die unter I./A beschriebenen Handlungen vornahm;
B) in der Zeit zwischen 1989 und August 1993 bei der am 17. Jänner 1976 geborenen Doris W***** die unter I./B beschriebenen Handlungen vornahm.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider ist der Angeklagte Johann S***** durch die Abweisung seines Antrags auf Einvernahme der Zeugin Hedwig S***** zum Beweis dafür, „dass im Jahr 1993 bei einer ausdrücklichen Befragung Doris W***** ihre Beschuldigungen als unrichtig widerrufen hat und Tamara P***** auf ausdrückliche Befragung jegliche Übergriffe des Angeklagten in Abrede gestellt hat" (S 289), nicht beschwert, weil die Tatrichter die damit zu erweisende Tatsache ohnedies angenommen und in den Kreis ihrer Erwägungen einbezogen haben (US 11 f, 15).
Auch durch die Ablehnung der Vernehmung der Zeugen Annemarie und Manfred S***** (der leiblichen Tochter des Angeklagten und seines Schwiegersohnes) zum Beweis dafür, „dass sowohl Doris W***** als auch Tamara P***** im täglichen Umgang mit dem Angeklagten keinerlei besondere Verhaltensweisen aufgewiesen haben, insbesondere seine Gegenwart nicht mieden, sondern von sich aus immer wieder auf ihn zugingen, ihn umarmten und bei Treffen mit einem Wangenkuss begrüßten, weiters zum Beweis dafür, dass beide Zeuginnen gegenüber Annemarie S***** niemals irgendwelche auch nicht die geringsten Andeutungen über sexuelle Übergriffe oder körperliche Tätlichkeiten des Angeklagten machten", wurden keine Verteidigungsrechte verletzt. Denn der Beweisantrag legt, obwohl dies von selbst nicht einsichtig ist, nicht dar, warum der zu beweisende Umstand Einfluss auf die Entscheidung der Schuldfrage üben sollte.
Die Anträge auf Einholung eines kriminologischen und eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, „dass pädophile Täter nahezu ausschließlich über ein ausgesprochen schlechtes Selbstwertgefühl verfügen und praktisch nie ein normales Sexualleben mit Erwachsenen haben", während „der Angeklagte über ein völlig normales Selbstwertgefühl verfügt und keinerlei Eigenschaften aufweist, die eine Neigung zu Kindern in sexueller Hinsicht nahe legen würde", verfielen schon deshalb ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsinteressen der Ablehnung, weil das Schöffengericht ohnedies eine derartige Neigung des Angeklagten verneinte und vielmehr davon ausging, dass er „besonderen Gefallen an den geschlechtsreif gewordenen Mädchen fand" (US 5 f).
Letztlich war auch der Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens unbegründet:
Die Beweiswürdigung kommt gemäß § 258 StPO ausschließlich den Tatrichtern zu, die sie sich aufgrund des Beweisverfahrens, des persönlichen Eindruckes von Zeugen und Angeklagten sowie aufgrund ihrer Berufs- und Lebenserfahrung über die Verlässlichkeit der Aussagen schlüssig zu werden haben; ein Gutachten ist nur bei besonderer Sachkonstellation erforderlich, nämlich wenn die Frage, ob die Glaubwürdigkeit eines Zeugen wahrscheinlich ist oder nicht, von Fachkenntnissen abhängt, deren Vorliegen bei den Mitgliedern des erkennenden Senates nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (vgl Mayerhofer StPO5 § 281 Z 4 E 117, 118; 11 Os 171/96). Dass ein derartiger Fall nach den Verfahrensergebnissen hier vorliegt, wurde in den Anträgen nicht dargetan und ist im Übrigen auch durch kein Verfahrensergebnis indiziert (13 Os 150/02).
Der Mängelrüge (Z 5) - die größten Teils in der wörtlichen Wiedergabe der tatrichterlichen Beweiswürdigung besteht - zuwider war das Schöffengericht bei gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten, Spekulationen über den Grund der ohnedies berücksichtigten Tatsache (US 12) anzustellen, warum sich Doris W***** nicht ihrer Freundin Martina F***** anvertraute. Im Übrigen erschöpft sich die Beschwerde in der Kritik an der logischen und empirisch einwandfreien Beweiswürdigung nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung, indem der Beschwerdeführer an den mängelfrei gewürdigten (US 11 f) zwischenzeitigen Widerruf der Anschuldigungen durch die Opfer eigenständige Beweiswerterwägungen knüpft.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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