OGH 12Os131/94

OGH12Os131/9415.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Dezember 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kurt M***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 23.März 1994, GZ 19 Vr 261/92-234, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiss, des Verteidigers Dr.Maurer, und des Vertreters des Zollamtes Graz als Finanzstrafbehörde I.Instanz, Mag.Pozezanac, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt II des Urteilssatzes und demgemäß auch im Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz sowie im Freispruch vom Vergehen des Schmuggels in Ansehung einer Teilmenge von 48 kg Cannabisharz und 150 Gramm Kokain aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Kurt M***** hat durch die Einfuhr der zu Punkt I/1 und 2 des Urteilssatzes tatverfangenen Suchtgiftmengen (96 kg Cannabisharz und ca 300 Gramm Kokain) eingangsabgabepflichtige Waren, auf denen Eingangsabgaben von insgesamt 1,671.803 S, nämlich 960.000 S Zoll, 704.121 S Einfuhrumsatzsteuer und ein Außenhandelsförderungsbetrag von 7.682 S, lasteten, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Er hat hiedurch das Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG begangen und wird hiefür nach §§ 22 Abs 1, 35 Abs 4, 38 Abs 1 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 2 Mio S, im Falle der Uneinbringlichkeit zu zehn Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung wird aus dem Ersturteil übernommen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der Angeklagte wurde mit dem angefochtenen - auch rechtskräftige Schuldsprüche wegen §§ 15, 107 Abs 1 und 2, 12; 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB enthaltenden - Urteil (I.1-4) des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und 3 Z 3 SGG sowie (II.) des Vergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu I.) in der Zeit von Jänner 1991 bis 10.April 1992 (zusammengefaßt wiedergegeben) teils alleine, teils mit Heinrich S*****, Harald H***** und Mario G***** als Mittäter, den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge, die das 25-fache der in § 12 Abs 1 SGG genannten Menge übersteigt, eingeführt, teils ausgeführt und in Verkehr gesetzt, indem er in dreizehn Angriffen insgesamt 96 kg Cannabisharz und ca 300 Gramm Kokain von Amsterdam bzw Deutschland nach Österreich brachte (1 und 2), hievon 4 kg Cannabisharz nach Italien ausführte (3) und (unter Einbeziehung der zuletzt genannten Menge) insgesamt 48 kg Cannabisharz und ca 150 Gramm Kokain im Inland und in Italien an verschiedene Abnehmer verkaufte (4);

(zu II.) durch die zu Punkt I/1 und 2 beschriebenen Handlungen gewerbsmäßig eingangsabgabepflichtige Waren unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht vorsätzlich dem Zollverfahren entzogen.

Dieser Schuldspruch blieb jedoch auf die Hälfte der eingeführten Suchtgiftmenge (zu I./1 und 2), somit 48 kg Cannabisharz und 150 Gramm Kokain, mit einem darauf entfallenden Anteil des strafbestimmenden Verkürzungsbetrages von insgesamt 835.901,50 S beschränkt. Zur verbleibenden Suchtgiftmenge (ebenso wie zu weiteren, das Rechtsmittelverfahren nicht betreffenden Anklagevorwürfen) erging ein Freispruch nach § 259 Z 3 StPO (richtig: § 214 FinStrG; US 6 und 7 iVm dem Berichtigungsbeschluß ON 243).

Diesen Freispruch begründete das Erstgericht trotz Annahme eines sich auf das gesamte Schmuggelgut (zu I./1 und 2) beziehenden Verkürzungsvorsatzes damit, daß dem Angeklagten nur die Hälfte des eingeführten Suchtgiftes zum Verkauf zur Verfügung stand und sich demnach auch nur darauf die gewerbsmäßige Absicht beziehen könne (US 30).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Teilfreispruch (Z 9 lit a) und den damit im Zusammenhang stehenden Schuldspruch (II. - insoweit durch sinngemäße Geltendmachung einer rechtlich unrichtigen Feststellung des Verkürzungsbetrages der Sache nach Z 11 -) wendet die Staatsanwaltschaft im Ergebnis zu Recht eine rechtsirrige Beurteilung gewerbsmäßiger Begehung im Sinne des § 38 Abs 1 lit a FinStrG ein.

Nach dem wesentlichen Urteilssachverhalt vereinbarte der im Tatzeitraum beschäftigungslose Angeklagte mit (dem mittlerweile verstorbenen) Mario G***** in gewerbsmäßiger Absicht, wiederholt Suchtgift in größeren Mengen von Amsterdam nach Österreich zu schmuggeln, um es in der Folge an einen seinem Komplizen als erfahrenen Suchtgifthändler im In- und Ausland zur Verfügung stehenden Kundenstock gewinnbringend zu veräußern.

In Verwirklichung dieses Planes wurde sodann eine Menge von insgesamt 96 kg Cannabisharz und ca 300 Gramm Kokain, deren Beschaffung der Angeklagte und G***** gemeinsam organisiert und finanziert hatten, in insgesamt dreizehn Schmuggelfahrten von Amsterdam (in einem Fall von Bad Homburg - US 17), jeweils versteckt in einem PKW, über die Grenze

nach Österreich geschmuggelt. Den ihm gehörigen Hälfteanteil verkaufte der Angeklagte in der Folge unter Erzielung eines im Urteil näher bezeichneten Gewinnes an verschiedene Abnehmer.

Bei zwölf dieser Schmuggelfahrten war er entweder selbst Lenker oder aber Beifahrer in den jeweils von einem seiner Mittäter gelenkten Fahrzeugen. Lediglich in einem Fall beauftragte er Heinrich S*****, für ihn Suchtgift in Amsterdam zum Zwecke des Weiterverkaufes einzukaufen und über die Grenze zu bringen (US 9-18).

Mit einer Ausnahme traf den Angeklagten daher als Allein- oder Mitgewahrsamsträger an den nach Österreich geschmuggelten Suchtgiften die zollrechtliche Stellungs- und Erklärungspflicht.

Der Umstand, daß der hinsichtlich des von S***** durchgeführten Suchtgifttransportes nicht stellungspflichtig gewesene Angeklagte insoweit (bloß) Bestimmungstäterschaft zu verantworten hätte, kann angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB und § 11 FinStrG angeführten Täterschaftsformen und des Umstandes, daß die Qualifikation gewerbsmäßiger Begehung keineswegs auf den unmittelbaren Täter beschränkt ist (vgl NRsp 1993/208) auf sich beruhen (Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 14; Dorazil-Harbich FinStrG § 11 E 20, 21).

Das Kriterium gewerbsmäßiger Begehung liegt in der Absicht des Täters, sich durch wiederholte Begehung bestimmter Straftaten eine fortlaufende, dh für längere Zeit wirksame, wenn auch nicht regelmäßige Einnahmsquelle zu verschaffen.

Dies trifft beim festgestellten Urteilssachverhalt nicht nur für das dem Angeklagten zur Last fallende Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz, sondern in gleicher Weise für das (durch diese Tat) verwirklichte Vergehen des Schmuggels zu, handelte er doch - nach einem darauf abstellenden Plan - bei jedem Suchtgiftschmuggel in der für gewerbsmäßige Begehung begriffsessentiellen Zielsetzung, jeweils wenigstens einen Teil des Schmuggelgutes gewinnbringend zu veräußern.

Daß der spätere Verkauf tatplangemäß insgesamt auf die Hälfte des importierten Suchtgiftes beschränkt war, steht der Annahme dieses speziellen Schuldelementes - wie das Erstgericht rechtsirrig vermeint - nicht entgegen. Denn die Höhe der zu erzielen beabsichtigten Einnahme ist dabei - ohne Rücksicht darauf, in welcher Relation sie zur gesamten Beute steht - allein insoweit von rechtlichem Belang, als sie (insgesamt) die Bagatellgrenze nicht unterschreiten darf (Dorazil-Harbich aaO § 38 E 1 a). Dies ist hier nicht der Fall.

Demgegenüber richtet sich die - vorsatzunabhängige - Höhe des Verkürzungsbetrages als ausschließlich objektive Bedingung gerichtlicher Strafbarkeit allein nach den auf dem Schmuggelgut lastenden Eingangsabgaben, soferne sie dem Grunde nach vom Verkürzungsvorsatz umfaßt sind (Dorazil-Harbich aaO § 35 E 101, 101 a).

Auch dies hat das Erstgericht verkannt und deshalb - obgleich es von dieser subjektiven Tatkomponente ausgegangen ist - rechtsirrig außer acht gelassen, daß auch auf dem verbleibenden (den Freispruch betreffenden) Suchtgiftteil Eingangsabgaben von mehr als 500.000 S, nämlich insgesamt 835.901,50 S lasteten. Dies hätte - unabhängig davon, ob auch in diesem Umfang die (lediglich strafsatzerhöhende) Qualifikation nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG anzunehmen war oder nicht - somit jedenfalls einen Schuldspruch wegen § 35 Abs 1 FinStrG erfordert, wobei die Tat infolge des Zusammentreffens mit einem gewerbsmäßigen Schmuggel (Punkt II.) nur als einziges - im Fall partieller Verneinung gewerbsmäßiger Absicht allerdings nur teilweise nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG qualifiziertes - Finanzvergehen nach § 35 Abs 1 FinStrG zu beurteilen gewesen wäre (Dorazil-Harbich aaO § 38 E 2 a).

Durch die illegale Einfuhr von insgesamt 96 kg Cannabisharz und ca 300 Gramm Kokain, die der Angeklagte jeweils unter vorsätzlicher Verletzung der ihn treffenden zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht und in der Absicht vornahm, sich durch deren Wiederholung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hat der Angeklagte demnach das Vergehen des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG in bezug auf die oben angeführte Gesamtmenge begangen.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst spruchgemäß zu erkennen.

Bei der deshalb notwendigen Neubemessung des Strafausspruchs nach dem Finanzstrafgesetz war die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch längere Zeit und die beträchtliche Gesamtmenge des Schmuggelgutes erschwerend, das Geständnis hingegen mildernd. Unter Bedachtnahme auf die vom Erstgericht festgestellten Vermögensverhältnisse des Angeklagten (US 33) entspricht eine Geldstrafe von 2 Mio S (im Nichteinbringungsfall zehn Monate Freiheitsstrafe) der tat- und täterbezogenen Schuld.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 12 Abs 3 SGG, 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren; nach § 13 Abs 2 SGG überdies eine Wertersatzstrafe von 905.000 S (im Nichteinbringungsfall sieben Monate Freiheitsstrafe). Dabei wertete es eine einschlägige Vorstrafe (wegen § 83 Abs 1 StGB), die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch längere Zeit, die vielfache Überschreitung der übergroßen Menge nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit insgesamt drei Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis des Angeklagten.

Allein gegen die Höhe der Freiheitsstrafe richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Vielmehr entspricht die vom Schöffengericht insgesamt geschöpfte Unrechtsfolge auch unter Berücksichtigung der in der Berufung vorgebrachten Argumente der tat- und täterbezogenen Schuld des Angeklagten und trägt auch den Zwecken der Spezial- und Generalprävention gebührend Rücksicht.

Zu einer Korrektur bestand demnach kein Anlaß.

Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung war aus dem Ersturteil zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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