OGH 12Os116/05h

OGH12Os116/05h17.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael S***** wegen mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26. April 2005, GZ 14 Hv 71/04a-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige (Teil-)Freisprüche enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte (richtig:) mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II) sowie (richtig:) mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III), der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 (zu ergänzen:) Abs 1 StGB (IV) und der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB (V) schuldig erkannt.

Danach hat in der Zeit vom 15. Juli 2003 bis zum 25. Februar 2004

I. mit unmündigen Personen wiederholt - zeitweise täglich - dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er

1. sein Glied, einen oder zwei Finger in den After des am 17. Februar 1995 geborenen Sebastian V***** und

2. einen Finger in den After des am 27. Oktober 1996 geborenen Fabian V***** einführte,

II. die Penisse des Sebastian und des Fabian V***** angefasst und ersteren veranlasst, sein Glied anzufassen und zu streicheln,

III. durch die zu I und II beschriebenen Tathandlungen mit seiner Aufsicht unterstehenden unmündigen Personen unter Ausnützung dieser Stellung geschlechtliche Handlungen vorgenommen und (richtig:) von einer dieser Personen vornehmen lassen,

IV. den unmündigen Sebastian und Fabian V***** wiederholt Pornofilme vorgeführt, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, sowie

V. pornografische Darstellungen mit Unmündigen aus dem Internet herabgeladen und auf seinem Computer abgespeichert. Die dagegen aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wies das Erstgericht den (mehrfach ergänzten) Antrag auf Einvernahme des Kinderarztes der Tatopfer, Dr. Christoph K***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte die in den Schuldsprüchen I bis III beschriebenen Taten mangels „äußerer Anzeichen" nicht begangen hat (S 191, 193, 281/II), ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten ab (S 282/II), weil der Umstand, dass anlässlich der kinderärztlichen Untersuchung der Opfer keine Verletzungen feststellbar waren, durch die - in der Hauptverhandlung vorgekommenen (S 283/II) - Befunde des genannten Arztes (ON 60, 61) objektiviert (vgl auch S 282/II) und der angefochtenen Entscheidung ohnehin zugrundegelegt worden ist. Ob die Missbrauchshandlungen „nach Ansicht" Dris. K***** gesetzt worden sind, ist nicht Gegenstand des Zeugenbeweises, weil es nicht Sache eines Zeugen ist, Mutmaßungen, Meinungen, Werturteile oder Schlussfolgerungen zu äußern (EvBl 1992/189; zuletzt 11 Os 25/05i). Das ergänzende Beschwerdevorbringen hiezu hat auf sich zu beruhen, weil allein der Antrag den Gegenstand der Entscheidung des Gerichtshofes bildet und demnach auch der Oberste Gerichtshof dessen Berechtigung stets auf den Antragszeitpunkt bezogen überprüft (SSt 41/71, zuletzt 12 Os 84/05b).

Soweit die Mängelrüge (Z 5) die mangelnde Erörterung verschiedener Beweismittel zur Frage, ob die Eltern der Tatopfer deren Pflege und Erziehung vernachlässigt haben, anspricht, bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen.

Mit den rein spekulativen Beschwerdeerwägungen zur als nicht auszuschließen bezeichneten Möglichkeit von Wahrnehmungen der Tatopfer über sexuelle Handlungen ihrer Mutter sowie zur allfälligen Beeinflussung der Opfer durch „mehrfaches Befragen zum Sachverhalt" werden aus Z 5 beachtliche Mängel inhaltlich nicht einmal behauptet. Die Aussage der Zeugin Anna H*****, die Tatopfer hätten - über die gegenständlichen Vorführungen (IV) hinaus - pornografische Filme wahrgenommen, erörterten die Tatrichter hinreichend (US 16 f). Das sinngemäße Beschwerdeargument, das Erstgericht habe es unter Verletzung der Verpflichtung zu amtswegiger Wahrheitsforschung unterlassen, zur Frage der Aussageehrlichkeit der Tatopfer einen „klinischen Psychologen" beizuziehen (inhaltlich Z 5a) schlägt fehl, weil die Rüge nicht erkennen lässt, wodurch der Beschwerdeführer insoweit an der Ausübung seines Rechtes auf zweckdienliche Antragstellung gehindert gewesen sein soll (12 Os 37/04; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die angefochtene Entscheidung enthalte keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite, ignoriert die diesbezüglichen Konstatierungen (US 8 bis 10) zur Gänze und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Aus welchem Grund die Frage, ob der Beschwerdeführer an Pädophilie leide, schuld- oder subsumtionsrelevant sein soll, vermag die Beschwerde nicht darzulegen. Insofern das diesbezügliche Vorbringen als Kritik an der Urteilsbegründung zu verstehen ist (inhaltlich Z 5), wird die diesbezügliche Beweiswürdigung (US 11 bis 19) gänzlich übergangen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte