Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Sean A***** wurde des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 StGB (II) schuldig erkannt, weil er
I) im Zeitraum vom 3. bis 5. Jänner 2002 in Innerlaterns mit
unmündigen Personen dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternahm, und zwar
"1) mit dem am 21. 12. 1994 geborenen Patrick N*****, indem er an ihm einen Oralverkehr durchführte;
2) mit dem am 4. 2. 1999 geborenen Manuel N*****, indem er an ihm einen Oralverkehr durchführte;
3) mit dem am 4. 2. 1999 geborenen Manuel N*****, indem er mit seinem Glied in dessen After eindrang;
4) mit dem am 4. 2. 1999 geborenen Manuel N*****, indem er sich von ihm sein Glied in den Mund nehmen ließ;
5) mit dem am 4. 2. 1999 geborenen Manuel N*****, indem er in dessen After einen 12,5 cm langen und ca 1 cm breiten Filzstift einführte";
II) zu wiederholten Malen dadurch, dass er seinen Geschlechtsteil entblößte und vor im folgenden angeführten Personen onanierte, Handlungen, die geeignet waren, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden, vor unmündigen Personen vornahm, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, und zwar:
1. im Zeitraum 3. bis 5. Jänner 2002 in Innerlaterns vor den unmündigen Manuel und Patrick N***** sowie vor dem am 23. Juli 1988 geborenen Konrad N*****;
2. im Juli 2002 in Dornbirn vor zwei unbekannten etwa sieben oder acht Jahre alten unmündigen Personen."
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit b StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Dem Beschwerdestandpunkt (Z 4) zuwider bedeutete die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf "Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass beim jugendlichen Angeklagten zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Taten die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nicht gegeben war", keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Im Sinn des dazu gerügten Zwischenerkenntnisses bezog die jugendpsychologische Sachverständige in ihrem Gutachten ON 14 den - Durchschnittswerten Dreizehnjähriger entsprechenden - Entwicklungsrückstand des Angeklagten auf fallweise auftretende Schlussfolgerungsfehler, Schwierigkeiten, manche Bedeutungsinhalte zu erfassen und unterdurchschnittliche Fähigkeiten auf rechnerischem Gebiet, nicht aber auf die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Angeklagten, was darüberhinaus auch die von der Sachverständigen gleichzeitig ausgesprochene Sanktionsempfehlung (203) verdeutlicht. Im Einklang damit stehen die erstinstanzlichen Feststellungen zur Einsicht des Angeklagten in das Unrecht der ihm angelasteten Taten (US 6 iVm 111, 143, 195).
Da der in Rede stehende angestrebte Beweis mangels Konkretisierung jener Umstände, die als Grundlage für den thematisierten Strafausschließungsgrund der verzögerten Reife nach § 4 Abs 2 Z 1 JGG eine Entwicklungshemmung außergewöhnlichen Grades (13 Os 188/93 = JUS Extra 1994, 1454) indizieren, die Abgrenzung zum unzulässigen Erkundungsbeweis verfehlt, verfiel der Antrag zu Recht der Ablehnung. Da - wie dargelegt - die Schlussfolgerungen der jugendpsychologischen Sachverständigen, wonach der Angeklagte bisher nicht gelernt habe, "mit seinen sexuellen Triebimpulsen und den entsprechenden Gefühlsüberflutungen umzugehen" und "ein spürbares Defizit an Steuerung und Verhaltenskontrolle" aufweise, nur auf Teilleistungsschwächen (197) abzielen, die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit aber unberührt lassen, haben alle dessen Schuldfähigkeit problematisierenden weiteren Beschwerdeeinwände (Z 5, 5a) auf sich zu beruhen.
Als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt erweist sich schließlich auch die Rechtsrüge (Z 9 lit b), die mit der - aktenfremden - Behauptung einer generellen Entwicklungshemmung außergewöhnlichen Grades die gebotene Orientierung am Urteilssachverhalt vermissen lässt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285a Z 2 StPO).
Daraus resultiert die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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