European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00108.18A.1106.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden Urteil wurden Fillorete P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I./ und II./) und Christian C***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach haben in W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und Fillorete P***** darüber hinaus gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB) Dr. Alexander L***** durch Täuschung über Tatsachen zur Übergabe und Überweisung von – hinsichtlich Fillorete P***** 300.000 Euro, hinsichtlich Christian C***** 5.000 Euro übersteigenden – Geldbeträgen, also zu Handlungen verleitet, die ihn mit den genannten Beträgen am Vermögen schädigten, und zwar
I./ Fillorete P*****
A./ im September 2016 durch die Vorgabe, Geld für die Übernahme eines Friseursalons zu benötigen, zur Übergabe von 80.000 Euro Bargeld;
B./ im Herbst 2016 durch die Vorgabe, eine Wohnung für ihre Mutter kaufen zu wollen, zur Überweisung von 150.000 Euro und zur Übergabe weiterer 100.000 Euro Bargeld;
C./ im Dezember 2016 durch die Vorgabe, von Kosovaren bedroht zu werden und Geld für die Befriedigung deren Forderungen zu benötigen, zur Übergabe von 100.000 Euro Bargeld;
D./ im März 2017 durch die Vorgabe, ein Darlehen zurückzahlen zu müssen, widrigenfalls sie zur Prostitution gezwungen werde, zur Übergabe von 90.000 Euro Bargeld;
II./ Fillorete P***** und Christian C***** von Mitte Mai bis 26. Mai 2017 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) unter Verwendung einer falschen Urkunde, nämlich eines mit einer nachgemachten Unterschrift des (tatsächlich minderjährigen [US 8]) Elvis Pe***** versehenen Kaufvertrags über eine tatsächlich nicht existente Wohnung, durch die Vorgabe des Verkaufs dieser Wohnung durch den als Elvis Pe***** auftretenden Christian C***** zur Überweisung von 220.000 Euro.
Dagegen richten sich getrennt ausgeführte, von Fillorete P***** auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO und von Christian C***** auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerden.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge der Angeklagten Fillorete P***** verkennt, dass Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) nur bei einer (erheblich) unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe des Inhalts einer Urkunde oder einer Aussage vorliegt. Mit dem Einwand, die – im Übrigen keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache betreffende – Schlussfolgerung der Tatrichter, dass im Fall der Richtigkeit der vom Opfer vorgelegten Aufstellung im Tatzeitraum (auf dessen Firmenkonto) liquide Mittel von 642.800 Euro vorhanden gewesen sein müssten (US 18; vgl dazu Beilage A./ zu ON 37), fände im Akteninhalt keine Deckung, wird ein derartiges Fehlzitat vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt (RIS-Justiz RS0099431).
Die gegen die rechtliche Unterstellung der Schuldspruch II./ zugrunde liegenden Tat (auch) unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) dieser Angeklagten übergeht die Feststellungen zu ihrem Wissen, dass die Unterschrift des „Elvis Pe*****“ als Verkäufer der nicht existenten Wohnung auf dem in Rede stehenden Kaufvertrag in Wahrheit nicht von einer Person dieses Namens stammte sowie zu ihrer Absicht, Dr. L***** durch diesen Kaufvertrag, also eine falsche Urkunde, über die Existenz der Wohnung und ihres diesen Namen tragenden Verkäufers zu täuschen (US 8 unten iVm US 17 f) und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit. Weshalb auf Basis dieser Konstatierungen nicht von der vorsätzlichen Benützung einer falschen Urkunde zum Zweck der tatbestandsmäßigen Täuschung auszugehen wäre (RIS-Justiz RS0094405 [insb T1]; Kirchbacher in WK2 StGB § 147 Rz 11), macht das Vorbringen nicht deutlich.
Inwiefern die höchstgerichtliche Judikatur zur Verwendung einer fremden E-Card bei einem Arztbesuch (RIS-Justiz RS0121508 [T1]) für den vorliegenden Fall relevant sein könnte, legt die Angeklagte nicht dar.
Soweit die Beschwerdeführerin Rechtsfehler mangels Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung schweren Betrugs nach § 148 zweiter Fall StGB behauptet (Z 10), orientiert sie sich nicht an der – der Gesamtheit der Entscheidungsgründe hinreichend deutlich zu entnehmenden (vgl RIS-Justiz RS0117228; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) – Annahme der Tatrichter, sie habe sich durch die wiederkehrende Begehung der zu I./ und II./ genannten (vgl US 7 und 9, jeweils dritter Absatz), jeweils 5.000 Euro übersteigende Schadensbeträge aufweisenden und somit (jeweils) nach § 147 Abs 2 StGB qualifizierten insgesamt fünf Betrugshandlungen ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen (iSd § 70 Abs 2 StGB) zu verschaffen beabsichtigt.
Der Mängelrüge des Angeklagten Christian C***** ist zu entgegnen, dass Rechtsfragen – wie jene, ob es sich bei dem zu Schuldspruch II./ gegenständlichen Kaufvertrag um eine falsche Urkunde handelt, – einer Anfechtung aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht zugänglich sind (17 Os 49/14f [mwN]; vgl RIS-Justiz RS0099342). Soweit eine fehlende Begründung (Z 5 vierter Fall) der dieser Rechtsfrage zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen zur Darstellung gebracht werden soll, nimmt die Beschwerde nicht Maß an den Entscheidungsgründen (US 14 f und 17 f).
Entgegen dem weiteren Vorbringen dieses Beschwerdeführers ist die aus dem äußeren Tatgeschehen erfolgte Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 17 f) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ist rechtsstaatlich vertretbar und gerade bei – wie hier – leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).
Die einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur Vermögensschädigung des Getäuschten behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a) dieses Angeklagten übergeht die Konstatierungen zur von Dr. L***** getätigten Überweisung von 220.000 Euro für den Ankauf einer (tatsächlich nicht existenten) Wohnung für die Erstangeklagte (US 7 ff; vgl RIS-Justiz RS0094138 [T1], RS0109555).
Die weitere Forderung nach Feststellungen zum (tatsächlichen) Eintritt einer unrechtmäßigen Bereicherung entbehrt methodengerechter Ableitung aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0103999 [T1]; Kirchbacher in WK2 StGB § 146 Rz 118).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher– in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden folgt (§ 285i, § 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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