Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Der Angeklagten Eva K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch rechtskräftige Schuld- und Freisprüche des Mitangeklagten Hans K***** enthaltenden - Urteil wurde Eva K***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie - soweit hier relevant - teils alleine, teils mit Hans K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eines Betrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, zahlungsfähige und zahlungswillige Bestandnehmerin zu sein, zur mietweisen Überlassung von Wohnungen, somit zu Handlungen verleitet, die diese in einem insgesamt 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten (Eva K***** zuzurechnender Gesamtschaden: 17.182,43 Euro), und zwar
I./ mit Hans K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken
1./ im Frühjahr 2003 in Wien Mag. Günter G***** zur Überlassung eines Mietobjekts in ***** (Schaden aufgrund nicht bezahlter Mietzinse: ca 5.000 Euro);
2./ am 1. Februar 2004 in Rannersdorf Emil S***** zur Überlassung eines Mietobjekts in ***** (Schaden aufgrund nicht bezahlter Mietzinse: 2.460 Euro),
3./ am 30. März 2007 ...
4./ am 27. Juni 2008 in Kapellen Verfügungsberechtigte der ***** zur Überlassung eines Mietobjekts in *****, wobei es hinsichtlich Eva K***** beim Versuch geblieben ist,
II./ Eva K***** alleine
1./ am 17. Dezember 2004 ...
2./ am 1. August 2005 ...
3./ am 24. April 2006 ...
4./ am 14. Juli 2007 in Wien Herbert L***** zur Überlassung eines Mietobjekts in ***** (Schaden aufgrund nicht bezahlter Mietzinse: 1.124,29 Euro)
5./ am 15. Dezember 2007 ... .
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Eva K*****.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung des Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (vgl RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).
Die den Schuldspruch I./4./ betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a) greift nach der Wiederholung der hiezu getroffenen Feststellungen isoliert eine der Beschreibung aller Tathandlungen vorangestellte, für den Regelfall getroffene (US 11 f) Konstatierung heraus und entwickelt daraus den Einwand, dass die Beschwerdeführerin mangels Unterfertigung des Nutzungsvertrags durch sie selbst „für die schädigende Betrugshandlung [nicht] verantwortlich" sei. Hierbei übergeht sie die den konkreten Einmietbetrug betreffenden Urteilsannahmen, wonach beide Angeklagte Vertragspartner der Siedlungsgenossenschaft werden wollten, dies auch mit einer Mitarbeiterin der Genossenschaft so besprochen war, sie der Genossenschaft auch schon ihre Daten und Einkommensnachweise übermittelt hatten, zu ihrem Erstaunen der Nutzungsvertrag von der Genossenschaft aber nur auf den Angeklagten Hans K***** ausgestellt wurde (US 19). Weshalb diese Konstatierungen die rechtliche Annahme eines von der Beschwerdeführerin unternommenen Betrugs nicht tragen würden und weshalb das Schöffengericht eine „objektive Schädigung" festzustellen gehabt hätte, bleibt daher unerfindlich.
Welche konkreten - zusätzlichen - Feststellungen zur inneren Tatseite der Nichtigkeitswerberin (vgl US 11 f) das Erstgericht zu treffen gehabt hätte, legt die Rüge mit der weiteren Behauptung, dass „auf Grund dieser Feststellungen" die innere Tatseite nicht konstatiert worden sei, ebenfalls nicht dar (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).
Beim Vorbringen, aus der Übersendung ihrer Daten bzw ihres Einkommensnachweises könne eine Täuschungshandlung nicht abgeleitet werden, übergeht die Rechtsmittelwerberin die Feststellung, bei allen Vertragsverhandlungen stets vorgegeben zu haben, zahlungswillige und -fähige Bestandnehmerin zu sein (US 12). Zudem leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb es denkunmöglich sein solle, dass auch sie Vertragspartner des Nutzungsvertrags hätte werden können, zumal sie nach den Konstatierungen selbst erstaunt war, dass der Vertrag nur auf den Mitangeklagten ausgestellt wurde (US 19). Gänzlich substratlos bleibt letztlich noch die Behauptung, mangels Kontrahierung des Vermieters mit der Beschwerdeführerin läge ein „völlig untauglicher" Versuch vor.
Zu Faktum I/4 des Urteils gehen die Tatrichter davon aus, dass die beiden Angeklagten schon 2003 wegen ihrer prekären finanziellen Lage den Entschluss fassten, fortan gewerbsmäßig Einmietbetrügereien zu verüben. In Verfolgung dieses Tatkonzepts setzten sie (ua) gemeinsam Täuschungsaktivitäten (also Ausführungshandlungen zum Betrug), die die G***** zur Überlassung eines Mietobjekts veranlassten, wobei die Gesellschaft um nicht bezahlte Miete im Betrag von 2.556,23 Euro tatsächlich geschädigt wurde (US 18 f).
Das Schöffengericht irrt daher zugunsten der Erstangeklagten, wenn es vermeint, es läge bloß Versuch vor, weil der Mietvertrag allein auf ihren Mittäter ausgestellt wurde. Der von ihr durch Täuschungs- und somit Ausführungshandlungen in unmittelbarer Täterschaft verwirklichte Betrug ist in Wahrheit vollendet. Der erstgerichtliche Rechtsirrtum schlug bei der Strafbemessung zum Vorteil der Beschwerdeführerin aus (US 33).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) baut auf diesem Rechtsirrtum auf, indem sie - fern der Kritieren des materiellen Nichtigkeitsgrundes (weil die Argumente aus dem Gesetz und nicht von den Reaktionen der lokalen Anklagebehörde abzuleiten sind) - argumentiert, dass in Fällen, in denen der Mietvertrag - umgekehrt - auf die Beschwerdeführerin ausgestellt wurde, ihr Mittäter von einer Anklage verschont blieb.
Die Beschwerde bleibt insoweit die Darlegung von Beweisergebnissen betreffend sämtliche Kriterien tätiger Reue schuldig. Schon im Blick auf die Ermittlungsergebnisse vom Juli und Dezember 2008 (S 117 und 181/II) kann von Rechtzeitigkeit iSd § 167 Abs 2 StGB keine Rede sein.
Zu der von der Nichtigkeitswerberin in Bezug auf den Schuldspruch II./4./ vorgebrachten, auf einen Forderungsverzicht des Vermieters Herbert L***** (der zusagte, von der Eintreibung des Mietzinsrückstandes Abstand zu nehmen, wenn beide Angeklagte aus dem Mietobjekt ausziehen würden; US 17) gestützten tätigen Reue fehlen auf methodengerechte Gesetzesauslegung gestützte Ausführungen, weshalb dieser Strafaufhebungsgrund ohne die von § 167 Abs 2 StGB geforderten Tätigkeit in Bezug auf eine Schadensgutmachung überhaupt zur Anwendung kommen solle, zumal eine solche aktive („tätige") Bereitschaft, den bereits eingetretenen Schaden gutzumachen oder dafür einzustehen (und nicht - wie im vorliegenden Fall durch den Auszug aus dem Bestandobjekt - bloß einen zukünftigen Schaden zu verhindern; vgl US 32), gar nicht behauptet wird (vgl dazu auch Kirchbacher/Presslauer in WK² § 167 Rz 76).
Die in der Rechtsrüge (Z 9 lit b) zu den Schuldsprüchen I./1./ und I./2./ reklamierte Verjährung der Strafbarkeit hält mit der urteilsfremden Bestreitung gewerbsmäßiger Tatbegehung neuerlich nicht an den getroffenen Urteilsannahmen fest, wonach die Beschwerdeführerin in der Absicht handelte, sich durch die wiederholte Begehung von Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen (US 2, 12). Darüber hinaus führt sie nicht aus, weshalb während der Verjährungsfrist begangene Straftaten, welche auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, auf den Ablauf der Verjährungsfrist keinen Einfluss hätten (vgl § 58 Abs 2 StGB).
Unbeachtlich sind darüber hinaus die Ausführungen in der Sanktionsrüge (Z 11), wonach die Tatzeitpunkte aller ihr in der Anklageschrift angelasteten Straftaten noch vor ihrer letzten Verurteilung vom 10. Jänner 2008 (AZ 34 Hv 80/07t des Landesgerichts für Strafsachen Wien) gelegen sind, sodass sie hinsichtlich dieser Delikte „lediglich eine Zusatzstrafe erhalten hätte dürfen", räumt die Rechtsmittelwerberin doch selbst ein, dass der Schuldspruch I./4./ wegen der erst am 27. Juni 2008 begangenen Tat (auf welche die Anklage in der Hauptverhandlung vom 27. April 2009 ausgedehnt worden war, vgl S 35/ON 30) einer Bedachtnahme auf die Vorverurteilung gemäß § 31 Abs 1 StGB entgegensteht (vgl Ratz in WK² § 31 Rz 2; Fabrizy StGB9 § 31 Rz 10a).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)