OGH 11Os90/22b

OGH11Os90/22b27.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Turner als Schriftführer in der Strafsache gegen * L* und * A* wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten L* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. März 2022, GZ 14 Hv 51/21i‑58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00090.22B.0927.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Strafaussprüchen beider Angeklagter (einschließlich jeweils der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte L* hierauf verwiesen.

Diesem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – die jungen Erwachsenen * L* und * A* – unter anderem – jeweils des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür „unter Bedachtnahme auf § 28 StGB, § 19 Abs 1 JGG nach § 142 Abs 1 StGB“ zu jeweils gemäß § 43a Abs 3 StGB teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Ausschließlich gegen den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*.

[3] Zutreffend bemängelt die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall), dass das Schöffengericht seine Strafbefugnis überschritten hat, indem es zwar davon ausging, die Strafe nach § 142 Abs 1 StGB zu bestimmen, dabei aber auch davon, dass „für derartige Verbrechen eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren (hier: § 19 Abs 1 JGG iVm § 5 Z 4 Z 2 lit a JGG: bis zu fünfzehn Jahren)“ vorgesehen sei (US 13).

[4] Das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB ist aber mit Freiheitsstrafe von einem bis zu (bloß) zehn Jahren bedroht.

[5] Bei jungen Erwachsenen bleibt es bei den Strafandrohungen der allgemeinen Strafgesetze, weil Raub in der – hier auch vorliegenden – Begehungsform der „Gewalt gegen eine Person“ eine „strafbare Handlung gegen Leib und Leben“ im Sinn der durch das GewaltschutzG 2019 (BGBl I 2019/105) geschaffenen Bestimmung des § 19 Abs 4 Z 1 JGG darstellt. In dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Katalog der erfassten strafbaren Handlungen – anders als bei § 33 Abs 2 StGB und auch im Gegensatz zu § 19 Abs 4 Z 3 JGG – gerade nicht in ausdrückliche Beziehung zu bestimmten Abschnitten des Besonderen Teils des StGB gesetzt, womit eine rechtsgutsbezogene Betrachtung anzustellen ist (siehe dazu 12 Os 140/21m [Rz 21]; zur in diesem Sinn vergleichbaren Bestimmung des § 39 Abs 1a StGB jüngst 11 Os 46/22g [Rz 9]).

[6] Die dargestellte Überschreitung der Strafbefugnis bewirkt – unabhängig davon, ob die konkret verhängte Strafe innerhalb des zulässigen Strafrahmens liegt – Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO (RIS‑Justiz RS0099852, RS0099762).

[7] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO), dass der Nichtigkeitsgrund auch dem Strafausspruch in Ansehung des Mitangeklagten A* anhaftet, weil die über diesen verhängte Strafe ebenfalls auf Basis eines unzutreffenden Strafrahmens (abermals US 13: „bis zu fünfzehn Jahren“) ausgemittelt wurde.

[8] In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden (Ratz, WK‑StPO § 285e Rz 3, § 285i Rz 4 und 5).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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