OGH 11Os8/84

OGH11Os8/8415.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Februar 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Helige als Schriftführer in der Strafsache gegen Richard A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach den § 11, 33 Abs 2 lit a FinStrG über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 8.September 1983, GZ 25 Vr 724/81-40, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Rittler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Tschulik, denen sich der Vertreter des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz Dr. Zettinig anschloß, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31.Mai 1938 geborene Buchhalter Richard A des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung (als Beteiligter) nach den § 11, 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt. Ihm wird angelastet, im Lauf des Jahres 1979 in Innsbruck als Buchhalter der Firma Otto B GesmbH zur Ausführung des von dem inzwischen verstorbenen Otto B ausgeführten Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung dadurch beigetragen zu haben, daß er die von Otto B unterfertigten und abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen in dessen Auftrag unrichtig vorbereitete und damit vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von 503.446 S bewirkte und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielt.

Nach den Urteilsfeststellungen faßte der Angeklagte Richard A die Umsatzsteuervoranmeldungen über Verlangen des Firmenchefs Otto B jeweils so ab, daß sie auf jene Beträge lauteten, die gerade zur Zahlung vorhanden waren. Auf seinen wiederholten Einwand, daß diese Vorgangsweise nicht statthaft sei, entgegnete Otto B, daß dies den Angeklagten nichts anginge, sondern er seine Aufträge zu erfüllen habe. Diesem Verlangen entsprach Richard A, weil er befürchtete, im Fall der Weigerung seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Da er sich aber über die Unrechtmäßigkeit seines Handelns im klaren war, versuchte er schon im Sommer 1979, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, und verließ schließlich Ende Feber 1980 die Firma Otto B GesmbH. Die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit b und 10 (sachlich Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher der Angeklagte seinen Schuldspruch bekämpft, erweist sich als unbegründet.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem Vorbringen, selbst keinen Deliktsentschluß gefaßt und bloß als Werkzeug des Otto B fungiert zu haben, zudem fehle es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Tat des Otto B, vermag der Beschwerdeführer keine Nichtigkeit im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen:

Bei der Sachverhaltsfeststellung ging das Erstgericht davon aus, daß der Angeklagte seinen Chef selbst auf die Gesetzwidrigkeit der von ihm verlangten Vorgangsweise hinwies, daß er die Unrechtmäßigkeit seines Handelns erkannte und es für gewiß hielt, daß solcherart eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer eintrat. Er brachte im Verfahren auch niemals konkret vor, daß er als vorsatzloses Werkzeug des Otto B gehandelt und ihm der Deliktswille gemangelt habe.

Insoweit entbehrt die Rechtsrüge daher schon der gesetzmäßigen Ausführung.

Wenn der Angeklagte demnach in Kenntnis der Bedeutung und der Auswirkungen seines Handelns über Auftrag des Otto B die Unterlagen für die Umsatzsteuervoranmeldungen so erstellte, daß sich ein Gesamtrechnungsbetrag nur in jener Höhe ergab, wie er zum betreffenden Zeitpunkt jeweils auch bezahlt werden konnte, so leistete er mit dieser vorbereitenden Tätigkeit einen Tatbeitrag, durch welchen die von Otto B als unmittelbarem Täter begangene Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen ursächlich gefördert wurde. Daß die dem unmittelbaren Täter geleistete Hilfe zur Vollbringung der Tat notwendig und ohne diese Hilfe eine (Tat-) Ausführung unmöglich gewesen wäre, ist nicht erforderlich (vgl. ÖJZLSK 1978/69 = EvBl 1978/107); es genügt, wenn die Tat, wie dies auf das Verhalten des Beschwerdeführers zutrifft, ohne die Förderungshandlung jedenfalls nicht so geschehen wäre, wie sie sich tatsächlich ereignete.

Der rechtlichen Annahme eines kausalen Beitrags des Angeklagten zu dem von Otto B ausgeführten Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung haftet sohin ein Rechtsirrtum nicht an.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO reklamiert der Beschwerdeführer entschuldigenden Notstand im Sinn des § 10 StGB und macht geltend, daß er für eine Ehegattin und drei minderjährige Kinder zu sorgen habe, vor Antritt seiner Stellung bei Otto B am 1.Feber 1979 mehrere Monate lang arbeitslos gewesen sei und die Anweisungen seines Arbeitgebers nur deshalb befolgt habe, um eine neuerliche Arbeitslosigkeit abzuwenden. Zudem bekämpft er die Ansicht des Erstgerichtes, daß der wirtschaftliche Nachteil, der ihm bei einem allenfalls schon einige Monate vor seinem freiwilligen Ausscheiden eintretenden Verlust des Arbeitsplatzes gedroht haben würde, nicht so bedeutend gewesen wäre, daß ein maßstabgerechter Mensch in der gleichen Situation ebenso wie der Angeklagte gehandelt hätte.

Auch insoweit kommt der Beschwerde im Ergebnis keine Berechtigung zu. Nach dem § 10 StGB ist jemand, der eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters auch von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten ist. Primäre Voraussetzung für die Annahme entschuldigenden Notstandes ist sonach, daß ein bedeutender Nachteil für den Notstandstäter selbst oder für einen anderen unmittelbar bevorsteht (vgl. Kienapfel, ÖJZ 1975, 424), d.h. die Gefahr des Eintritts eines bedeutenden Nachteils psychologisch so eindrücklich ist, daß rechtswidriges Verhalten im besonderen Fall ausnahmsweise entschuldigt werden kann (vgl. Dokumentation, 63). Hievon kann hier aber schon deshalb keine Rede sein, weil Otto B dem Angeklagten weder ausdrücklich noch konkludent eine Beendigung des Dienstverhältnisses bei Beharren auf seiner Weigerung in Aussicht stellte. Auf eine Willensäußerung seines Arbeitgebers, ihn zu entlassen oder zum rechtlich nächstmöglichen Termin zu kündigen, berief sich der Beschwerdeführer auch gar nicht. Der bloße Auftrag, Unterlagen für die Umsatzsteuervoranmeldungen in gesetzwidriger Weise zu erstellen und hiedurch an einer Abgabenverkürzung mitzuwirken, sowie eine nach den Vorstellungen des Angeklagten bei Nichtbefolgung dieser Weisung möglicherweise drohende Entlassung oder Kündigung vermochten jedenfalls entschuldigenden Notstand nicht zu begründen (vgl. 11 Os 91/80).

Da sohin schon mangels eines unmittelbar drohenden (bedeutenden) Nachteils dem Angeklagten entschuldigender Notstand nicht zustatten kommt, erübrigt sich die im § 10 StGB vorgesehene Interessenabwägung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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