European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00085.22T.0905.000
Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben vier weiteren Angeklagten) * J* des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
[2] Mit Schriftsatz vom 21. März 2022 brachte der Verteidiger „Berufungsantrag“ ein, weil „das Schulderkenntnis unrichtig“ wäre (ON 92).
[3] Nach Zustellung des Protokolls der Hauptverhandlung (am 7. April 2022) und des Urteils am 27. Juni 2022 erhob der Wahlverteidiger (dazu RIS‑Justiz RS0116182 [T10 und T11]) ein als Berufung bezeichnetes Rechtsmittel. Dieses enthält unter anderem die Passagen: Alle Angeklagten „waren voll alkoholisiert“ ... „obwohl sie [als Muslime] nach islamischem Gesetz alkoholfrei bleiben sollten“ ... „und daher nicht erkennbar, was wirklich damals passiert ist“. „Es gibt seit einigen Jahren die Erklärung, dass es eine Unschuldsvermutung auch für Menschen gibt die eine Anklage bekommen und auch verurteilt wurden“, es sei „zu berücksichtigen, dass weder der Staatsanwalt, noch der Richter, noch die Anwälte jemals dabei waren und man kann nicht feststellen, was wirklich damals passiert ist und haben sich alle 8 Angeklagten wieder befreundet, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass es sich nur um ein Alkoholproblem gehandelt hat, was jedoch für die Republik Österreich von Vorteil ist, weil sie dann dafür Geld ausgegeben“ hätten, es werde um „Überprüfung der Problematik“ ersucht.
[4] Der Vorsitzende des Schöffensenats wies dieses Rechtsmittel zurück, weil weder bei Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde noch bei ihrer Ausführung Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet worden seien (ON 104).
Rechtliche Beurteilung
[5] Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde (ON 105) bringt vor, die Verurteilung sei „extrem wahrheitswidrig“, „eine gerichtliche Verurteilung [sollte] nur dann rechtlich möglich sein, wenn man Sachverhalte mit 100%-iger Sicherheit feststellen kann, was in diesem Fall zu 90 % nicht möglich“ gewesen wäre, weswegen der Oberste Gerichtshof feststellen möge, dass „dieses Strafverfahren derart ungerecht war, sodass [J*] endlich einen Freispruch bekommen sollte“.
[6] Die Beschwerde vernachlässigt den eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 285a StPO, wonach der Vorsitzende eine Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen hat, wenn – wie hier – weder bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde noch bei ihrer Ausführung ein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet wurde. Sie war demnach zurückzuweisen.
[7] Es verbleibt zu bemerken, dass keinem der Schriftsätze des Verteidigers ein Begehren zu entnehmen ist, das als (Anmeldung einer) Berufung gegen den Ausspruch der Strafe zu werten wäre („Erteilung eines Freispruchs“, „Einstellung des Verfahrens“).
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