European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:E34470
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen unbekämpften Schuldspruch wegen des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB (II.) enthaltenden - Urteil wurde Horst F* des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 StGB (I.1.), des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB (I.2.) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 2 (richtig: § 107 Abs 1 und Abs 2) StGB (I.3.) schuldig erkannt.
Darnach hat er am 23. März 1992 in T*
1. Tanja F*, die jüngere Schwester seiner ehemaligen Lebensgefährtin Sylvia F*, mit Gewalt, indem er ihre Unterhose, ihre Strumpfhose und ihre Leggings herunterriß, sie an den Armen festhielt und einige Male würgte, zur Duldung des Beischlafs genötigt;
2. Sylvia F* dadurch, daß er sie von hinten erfaßte und ein Messer hob, wobei er zu ihr sagte, sie soll dableiben, mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich dem Verbleiben im Wohnzimmer ihrer Wohnung genötigt und
3. Sylvia F* in einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen 17.30 Uhr und 20.45 Uhr durch die Äußerung "Wenn es für uns keine gemeinsame Zukunft gibt, gehe ich lebenslänglich in den Häfen" mit dem Tode gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Gegen die Schuldsprüche I.1. bis 3. richtet sich die auf die Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch den Strafausspruch mit Berufung und den gemäß § 494a Abs 4 StPO gemeinsam mit dem Urteil verkündeten Widerrufsbeschluß mit Beschwerde bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Der nur gegen den Schuldspruch zu I.1. gerichteten Mängelrüge (Z 5) zuwider haftet dem angefochtenen Urteil in diesem Zusammenhang ein formeller Begründungsmangel nicht an.
Das Erstgericht hat die leugnende Verantwortung des Angeklagten, der von ihm nicht in Abrede gestellte Geschlechtsverkehr mit Tanja F* habe in deren PKW einverständlich stattgefunden, auf Grund der Angaben der eine Gewaltanwendung des Angeklagten zur Erzwingung des Beischlafs behauptenden Zeugin Tanja F* (31 f, 45 ff, 127 ff und 186 ff) für widerlegt erachtet. Es konnte diese Überzeugung damit untermauern, daß die Angaben der Zeugin Tanja F* mit ihrem von den Zeugen Sylvia F* (204 f, 239) und Siegfried R* (208, 237) geschilderten äußeren Erscheinungsbild nach der Tat und ihrer von den erhebenden Gendarmeriebeamten wahrgenommen und fotografierten Kratzwunde am Kinn (19, 115) im Einklang stehen und auch die Rückkehr des Angeklagten nach der Tat in die Wohnung der Sylvia F* als Versuch, die Angaben des Vergewaltigungsopfers kontrollieren zu können, sinnvoll zu erklären sind (US 16 ff). Damit ist das Erstgericht aber seiner Verpflichtung, die Entscheidungsgründe wohl mit voller Bestimmtheit, aber gedrängt zur Darstellung zu bringen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), ausreichend nachgekommen. Es war hingegen nicht verpflichtet, sich mit allen Details der Verantwortung des Angeklagten oder der Zeugenaussagen bzw. mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkretisierten Einwand schon im Vorhinein auseinanderzusetzen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 8 zu § 281 Z 5).
Ob Tanja F* noch während des Bestandes der Lebensgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und ihrer Schwester Sylvia F* bereits einmal freiwillig mit dem Angeklagten geschlechtlich verkehrt hat, ist für das Erkenntnis in der Schuldfrage ohne Bedeutung. Wenn der Angeklagte unter Hinweis auf diesen von ihm behaupteten Vorfall eine Rivalität der beiden Schwestern und darauf beruhend Falschangaben der Zeugin Tanja F* aufzuzeigen versucht, macht er damit formelle Begründungsmängel nicht geltend. Er bekämpft mit diesen Argumenten vielmehr nach Art einer Schuldberufung, sohin im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigerweise die der Zeugenaussage Sylvia F* (242) folgende Beweiswürdigung des Erstgerichtes, wonach Sylvia F* hinreichend ihr mangelndes Interesse an der Fortsetzung der Lebensgemeinschaft mit dem Angeklagten erklärt hatte und es daher unverständlich wäre, daß Tanja F* dennoch das Risiko einer falschen Anzeigeerstattung auf sich genommen hätte (US 17).
Mit den Widersprüchen zwischen der ersten niederschriftlichen Einvernahme der Zeugin Tanja F*, bei der sie die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs noch nicht ausdrücklich erwähnt hat, und der Zeugenaussage des diese Einvernahme seinerzeit durchführenden Gendarmeriebeamten W*, wonach Tanja F* ihm erklärt habe, daß es zwischen ihr und dem Angeklagten nicht bis zum Geschlechtsverkehr gekommen sei (AS 225), hat sich das Erstgericht ohnedies auseinandergesetzt und das Verschweigen oder Leugnen des erzwungenen Beischlafs mit der offensichtlichen Scheu des Vergewaltigungsopfers, mit einem männlichen Beamten Details des Vorfalls zu besprechen begründet. Diese Begründung überzeugt umso mehr, als Tanja F* eine eingehende Vernehmung durch eine weibliche Kriminalbeamte in Aussicht gestellt worden war. Entgegen der Auffassung der Mängelrüge begründet die Verwendung des Wortes "offensichtlich" nicht schlechthin Urteilsnichtigkeit. Eine solche wäre nur bei Fehlen einer darüber hinausgehenden Begründung gegeben (Mayerhofer‑Rieder aaO, E 88 b zu § 270).
Auch der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf aktenwidriger (der Sache nach: unvollständiger) Urteilsbegründung trifft nicht zu, steht doch die vom erhebenden Gendarmeriebeamten W* in der Hauptverhandlung vom 3. November 1992 angegebene mangelnde Erinnerung über das In‑Aussicht‑Stellen einer weiteren Einvernahme durch eine weibliche Kriminalbeamtin der Aussage der dies behauptenden Zeugin Tanja F* (AS 192) jedenfalls nicht entgegen, wozu kommt, daß eine derartige Einvernahme einige Stunden danach auch tatsächlich stattfand (45 ff, Zeugenaussage Liliane N* 244 ff).
Die Urteilsfeststellung, wonach Tanja F* infolge der Gewaltanwendung des Angeklagten zur Erzwingung des Beischlafs eine Kratzwunde am Kinn erlitt, konnte das Erstgericht gleichfalls auf die Angaben des Vergewaltigungsopfers stützen. Daß der Zeuge R* bei der Rückkehr Tanja F* in die Wohnung ihrer Schwester ebenso wie Dr. Kurt S* bei der noch am 24. März 1993 erfolgten gynäkologischen Untersuchung Tanja F* diese Verletzung nicht beachtete, bedurfte wegen ihres relativ geringen Auffälligkeitsgrades keiner weiteren Begründung, zumal diese Kratzwunde bereits in der Gendarmerieanzeige vom 24. März 1993 ausdrücklich erwähnt und damals auch fotografisch festgehalten wurde.
Die weitwendige Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich unter teilweiser Wiederholung des Vorbringens zur Mängelrüge im wesentlichen in der Behauptung, auf Grund unterschiedlicher Angaben der Zeugin Tanja F* sei ihre Aussage insgesamt unglaubwürdig. Damit wird aber nicht - wie dies zur gesetzmäßigen Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre - ein schwerwiegender, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommener Mangel in der Sachverhaltsermittlung aufgezeigt oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hingewiesen, die nach den Denkgesetzen der nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der erkennenden Richter in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen ließen (abermals Mayerhofer‑Rieder aaO, E 2 zu § 281 Z 5a). Daß es im PKW zu einem Geschlechtsverkehr gekommen ist, hat der Angeklagte zugestanden. Damit liegt es aber im Bereich einer vernünftigen Deduktion, daß der Beischlaf auch mit Gewalt gegen ein körperlich unterlegenes Opfer erzwungen worden sein konnte. Das Fehlen von weiteren (über die Kratzwunde hinausgehenden) Verletzungsmerkmalen schließt den von der Zeugin Tanja F* geschilderten Tathergang ebenfalls nicht aus. Damit ist das gesamte Vorbringen der Tatsachenrüge nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Soweit der Angeklagte mit seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch wegen des Vergehens der Nötigung (I.2.) einwendet, das bloße Festhalten der Zeugin Sylvia F* mit einer Hand könne das Deliktsmerkmal der Gewalt ebensowenig herstellen wie das bloße Erheben des Messers als gefährliche Drohung in der Bedeutung der Legaldefinition des § 74 Z 5 StGB zu beurteilen sei, ist die Rechtsrüge zum einen nicht gesetzmäßig ausgeführt, zum andern aber unbegründet.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht nämlich nicht bloß (kurzfristiges) Festhalten der Zeugin Sylvia F* durch den Angeklagten festgestellt. Das Erstgericht ging vielmehr davon aus, daß der Angeklagte zur Verhinderung des von Sylvia F* beabsichtigten Weggehens diese Zeugin derart stark von hinten am Hals festhielt, daß sie sich erst mit Hilfe des aus dem Nebenzimmer herbeigerufenen Siegfried R* befreien konnte, wobei sie noch mit beiden Männern zu Sturz kam. Wenn also das Begehungsmittel "Gewalt" von der Nichtigkeitsbeschwerde in Abrede gestellt wird, baut sie nicht auf dem gesamten Urteilssachverhalt auf, wie dies für eine gesetzmäßige Ausführung jedes materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre. Legt man die tatsächlichen Urteilsfeststellungen der rechtlichen Beurteilungen zugrunde, steht außer Frage, daß der Angeklagte Gewalt, das ist nicht unerhebliche physische Kraft, zur Überwindung eines wirklichen oder auch nur erwarteten Widerstandes (Leukauf‑Steininger Komm3 § 105 RN 4) angewendet hat.
Mit den weiteren Ausführungen, wonach zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes des § 105 Abs 1 StGB zugleich auch die subjektive Tatseite des § 107 Abs 1 StGB erfüllt sein müsse, verkennt der Angeklagte die Rechtslage. § 105 Abs 1 StGB verlangt - ebenso wie § 107 Abs 1 StGB - als Tathandlung den (vom bedingten Vorsatz des Täters umfaßten) Einsatz des Mittels "gefährliche Drohung" iS des § 74 Z 5 StGB oder (bzw. wie im vorliegenden Fall und) den Einsatz von Gewalt; es handelt sich also um einen alternativen Mischtatbestand (siehe Kienapfel, BT3 RN 9 und 9a zu § 105). Bei der Subsumtion ist (bei beiden Tatbeständen) der Sinngehalt und die Tragweite einer Äußerung, einer Geste oder ähnlichem als Tatsache festzustellen, während die (objektive) Eignung der Drohung, den Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnis wegen einer Verletzung an Körper, Freiheit oder Ehre einzuflößen, der rechtlichen Beurteilung unterliegt (Leukauf‑Steininger aaO, § 74 RN 23). Die beiden Tatbestände des § 105 Abs 1 und des § 107 Abs 1 StGB unterscheiden sich schließlich in dem (als Tatfrage festzustellenden) Zweck der vom Täter eingesetzten gefährlichen Drohung. Während im Fall des § 105 Abs 1 StGB der (hier ausreichend bedingte) Vorsatz des Täters sich auf die Erzwingung einer konkreten Handlung, Duldung oder Unterlassung erstrecken muß, setzt § 107 Abs 1 StGB die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Täters voraus, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht in bezug auf den Schuldspruch I.2. unter anderem festgestellt, daß der Angeklagte, während er mit einer Hand die Zeugin Sylvia F* am Hals zurückhielt, mit einem in der anderen Hand gehaltenen Messer gegen ihren Hals zufuhr, wobei er damit den Zweck verfolgte, sie nicht nur durch Gewalt (Festhalten) sondern auch durch gefährliche Drohung am Weggehen zu hindern. Es steht damit fest, daß der Messereinsatz keineswegs unbeabsichtigt erfolgte, sondern daß der Angeklagte die Messerdrohung, die nach Lage des Falles durchaus objektiv geeignet war, der Bedrohten begründete Besorgnisse hinsichtlich einer Körperverletzung einzuflößen, vorsätzlich zur Erzwingung einer Handlung, nämlich dem Verbleiben im Wohnzimmer (richtig wohl: einer Unterlassung, nämlich das Wohnzimmer zu verlassen) eingesetzt hat. Auf Grund der Urteilsfeststellungen über die angewendete Gewalt und über Sinngehalt, Tragweite und Zweck des vom Angeklagten gegen den Hals der Zeugin Sylvia F* vorgenommenen "Zufahrens" mit einem Messer ist die Subsumtion (auch) dieser Tathandlung unter den Tatbestand des § 105 Abs 1 StGB frei von einem Rechtsirrtum.
Zum Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (I.3.) ist lediglich darauf zu verweisen, daß die Feststellung, wonach der Angeklagte mit seiner noch am Tag seiner Entlassung aus der Strafhaft gegenüber der ehemaligen Lebensgefährtin Sylvia F* abgegebenen Äußerung "wenn es für uns keine gemeinsame Zukunft gibt, gehe ich lebenslänglich in den Häfen" jedenfalls unter Einbeziehung des mit den Gründen eine Einheit bildenden Urteilsspruchs eine ausreichende Konstatierung der Absicht des Angeklagten bedeutet, Sylvia F* in Furcht und Unruhe zu versetzen. Die dem Spruch zu entnehmende ausdrückliche Urteilsannahme zur subjektiven Tatseite findet ihre sinngemäße Bestätigung überdies in den Urteilsgründen, wonach der Angeklagte durch diese Drohung "zum Ausdruck brachte, daß er Sylvia F* umbringen wolle, wenn sie nicht mit ihm zusammenbleibe, sondern sich einem anderen Mann zuwenden würde" (US 8). Diese Feststellung schließt aber auch aus, daß es sich dabei um eine bloß milieu- oder augenblicksbedingte (sohin nicht ernst gemeinte) Unmutsäußerung über das Verhalten der Zeugin gehandelt hätte. Die Bejahung der objektiven Eignung der Äußerung des Angeklagten als gefährliche Drohung iS des § 74 Z 5 StGB begründete das Erstgericht damit, daß es jedermann (damit auch dem Angeklagten) klar ist, daß man nur dann allenfalls "lebenslänglich" eingesperrt wird, wenn man einen anderen Menschen "umbringt" (US 25). In seiner Gesamtheit läßt das Urteil somit zweifelsfrei erkennen, daß der Angeklagte nach Auffassung der Tatrichter die Todesdrohung in der Absicht ausgesprochen hat, Sylvia F* in Furcht und Unruhe zu versetzen(§ 107 Abs 1 und Abs 2 StGB) und nicht mit dem Vorsatz, sie dadurch zur Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft zu nötigen (§§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB - eine im übrigen mit strengerer Strafe bedrohte Alternative). Die neuerliche ausdrückliche Feststellung der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Angeklagten, Sylvia F* in Furcht und Unruhe zu versetzen, wurde daher keineswegs aus einem Rechtsirrtum unterlassen.
Der Auffassung der Rechtsrüge zuwider besteht auch kein Zweifel an der objektiven Eignung der festgestellten Äußerung des Angeklagten als gefährliche Drohung nach dem § 74 Z 5 StGB. Dies allein wegen der Tatsache, daß der Angeklagte unmittelbar nach Entlassung aus einer über ihn ebenfalls wegen gegen das Tatopfer gerichteten früherer Straftaten verhängten Freiheitsstrafe und nach mehrfacher Verurteilung wegen Gewalttätigkeitsdelikten für Sylvia F* erkennbar mit dem Tode drohte.
Den Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erachtet der Angeklagte deshalb für gegeben, weil die Tathandlung zum Urteilspunkt II. vor seiner rechtskräftigen Verurteilung durch das Landesgericht Leoben vom 10. Februar 1992, AZ 10 E Vr 1006/91, begangen wurde, weshalb seiner Ansicht nach die Grundsätze der §§ 31 Abs 1 und 40 StGB bei der Strafbemessung anzuwenden gewesen wären und seiner Meinung nach von der Verhängung einer Zusatzstrafe hätte Abstand genommen werden können.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Angeklagte, daß bei der Strafbemessung nach den genannten Gesetzesbestimmungen auf eine frühere Verurteilung nur dann Bedacht genommen werden kann, wenn alle nunmehr zur Aburteilung gelangenden Straftaten vor Fällung des früheren Urteiles begangen wurden. Abgesehen davon, daß die unterlassene Bedachtnahme auf ein derartiges Urteil lediglich mit Berufung gerügt werden könnte, kommt eine Bedachtnahme dann nicht in Betracht, wenn der Angeklagte ‑ wie hier - mehrerer Straftaten schuldig erkannt wird, die er teils vor (II.), teils nach (I.) Fällung des früheren Urteiles begangen hat (Leukauf‑Steininger Komm3 § 31 RN 12).
Die teils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte, im übrigen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aber auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Schöffengericht hat bei der Strafbemessung als erschwerend das Vorliegen von sieben einschlägigen Vorverurteilungen, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehenstatbeständen sowie die Wiederholung beim Betrug, als mildernd hingegen lediglich das Teilgeständnis des Angeklagten gewertet und auf Grund dieser Strafbemessungstatsachen eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten für tatschuld- und tätergerecht angesehen.
Das Vorbringen der Berufung, daß nur Vorverurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten einen besonderen Erschwerungsgrund iS des § 33 Z 2 StGB begründen, der Angeklagte aber bisher noch nie wegen eines Sittlichkeitsdelikts verurteilt worden sei, übersieht, daß gemäß dem § 71 StGB mit Strafe bedrohte Handlungen dann auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, wenn sie gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet oder auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind. Abgesehen davon, daß Gewalt- und Sittlichkeitsdelikte sich gleichermaßen gegen die körperliche Integrität des Opfers richten und daher kriminologisch gesehen als gleichartiges Verhalten zu beurteilen sind (Leukauf‑Steininger Komm3 § 71 RN 2), liegt sämtlichen Vorverurteilungen auch die im gegenständlichen Fall zum Ausdruck kommende gewalttätige Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten, sohin der gleiche Charaktermangel zugrunde, weswegen das Erstgericht die Vorverurteilungen des Angeklagten zu Recht als einschlägig bewertete und damit als erschwerend heranzog. Bezüglich der in der Berufung wiederholten Argumente zur Frage der Strafe bei nachträglicher Verurteilung (§ 31 StGB) ist auf die diesbezüglichen Ausführungen bei Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 11) zu verweisen. Da die Ausführungen der Berufung daher zu keiner Veränderung der Strafbemessungsgründe führen und diese Gründe vom Erstgericht zutreffend dargestellt und bewertet wurden, fand sich auch kein Anlaß zu einer Herabsetzung der über den Angeklagten verhängten tatschuldangemessenen Freiheitsstrafe.
Zur Beschwerde gegen den gemeinsam mit dem Urteil verkündeten und ausgefertigten Widerrufsbeschluß in Ansehung der im Verfahren AZ 10 E Vr 1006/91 des Kreisgerichtes Leoben gewährten bedingten Strafnachsicht genügt der Hinweis darauf, daß der Angeklagte selbst seine Beschwerdeausführungen nur auf die Annahme aufbaut, daß seiner Nichtigkeitsbeschwerde zum Schuldspruch I.1. bis 3. Erfolg beschieden wäre.
Tatsächlich sind die Erwägungen des Schöffengerichtes, die zum Widerruf der gewährten bedingten Strafnachsicht geführt haben rechtsrichtig, weswegen auch der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben mußte.
Aus all diesen Erwägungen war wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.
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