OGH 11Os69/13a

OGH11Os69/13a18.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Wagner-Haase als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Badreddine R***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. September 2012, GZ 042 Hv 95/12i-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht bewilligt.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Badreddine R***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Die dagegen vom Angeklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013, GZ 11 Os 34/13d-4, zurückgewiesen, weil weder die Wahlverteidigerin noch der innerhalb der laufenden Ausführungsfrist bestellte Verfahrenshilfeverteidiger das Rechtsmittel fristgerecht ausführten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Fristversäumung (§ 285 Abs 1 StPO) - entgegen § 364 Abs 3 erster Satz StPO direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachte (vgl Lewisch, WK-StPO § 364 Rz 58) - Wiedereinsetzungsantrag schlägt fehl.

Sein Begehren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stützt der Angeklagte darauf, dass das Erstgericht dem Verfahrenshilfeverteidiger anlässlich dessen Bestellung keine vollständige Aktenkopie, sondern lediglich das Urteil samt Hauptverhandlungsprotokoll übermittelt habe. Sein nunmehriger Rechtsbeistand habe daher von der bereits erfolgten Urteilszustellung an die vormalige Wahlverteidigerin keine Kenntnis erlangt. Der Zustellvorgang sei auch nicht aus den sodann von der früheren Verteidigerin übermittelten Aktenkopien hervorgegangen, weil diese weder das Urteil noch sonstige Hinweise auf einen bereits erfolgten Zustellvorgang enthalten hätten. Der Verfahrenshilfeverteidiger sei daher von fristauslösender Urteilszustellung zum Zeitpunkt der Zustellung des Bestellungsbescheids an ihn ausgegangen.

Nach § 364 Abs 1 Z 1 StPO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einem Angeklagten - neben anderen, hier nicht aktuellen Fällen - gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels zu bewilligen, sofern er nachweist, dass ihm die Einhaltung der Frist durch unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt. Damit hat der Wiedereinsetzungswerber nicht nur für sein eigenes Verschulden, sondern auch für das seines Rechtsvertreters einzustehen, der einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab unterliegt (RIS-Justiz RS0101272).

Vorliegend wäre schon die Wahlverteidigerin gemäß § 63 Abs 2 zweiter Satz StPO verpflichtet gewesen, die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde ungeachtet des Antrags auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers und dessen tatsächlicher Bestellung auszuführen (vgl Achammer, WK-StPO § 63 Rz 16 ff), zumal ihr anlässlich der Vollmachtsauflösung die Vornahme weiterer Prozesshandlungen vom Angeklagten nicht ausdrücklich untersagt wurde (vgl ON 36). Dass dies der Wahlverteidigerin infolge unvorhergesehener oder unabwendbarer Ereignisse nicht möglich gewesen wäre, wird im Wiedereinsetzungsantrag weder behauptet noch bietet der Akteninhalt irgend einen Hinweis darauf. Diese Säumnis ist dem Angeklagten zuzurechnen, sodass bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen (vgl 12 Os 12/10x).

Die Frage, ob dem Verfahrenshilfeverteidiger der Irrtum bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbar gewesen wäre, war daher nicht mehr zu prüfen.

Somit hat es - entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur - mit der bereits mit Beschluss vom 19. März 2013, GZ 11 Os 34/13d-4, erfolgten Zurückweisung der (verspäteten) Nichtigkeitsbeschwerde sein Bewenden.

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