European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00062.22K.0728.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung der * G* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.
[2] Danach hat sie unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie (sowie einer psychischen Verhaltensstörung durch Alkohol) beruht, am 10. Dezember 2021 in J* an einer fremden Sache, nämlich den im Eigentum der Stadtgemeinde J* stehenden baulich verbundenen Mehrparteienwohnhäusern * ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem sie im Schlafzimmer ihrer Mietwohnung in der * im Bett Feuer legte, wobei eine Ausbreitung des Brandes auf die weiteren Wohnungen und das Nachbargebäude durch das rasche Einschreiten der Feuerwehr verhindert werden konnte, somit eine Tat begangen, die als Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Strafe bedroht ist.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen.
[4] Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung des „zum Beweis dafür, dass die im Gesetz geforderte große Wahrscheinlichkeit neuerlicher Tathandlungen mit schweren Folgen nicht gegeben ist“, gestellten Antrag auf „Einholung eines weiteren Gutachtens aus dem Fachgebiet Neurologie/Psychiatrie“ (ON 46 S 9) kritisiert, bezog sich dieses Begehren ausschließlich auf die Gefährlichkeitsprognose, somit nicht auf eine (für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage oder die Einweisungsbefugnis) erhebliche Tatsache, weshalb die abschlägige Entscheidung (ON 46 S 10) insoweit nicht aus Z 4 (oder Z 11 erster Fall iVm Z 4) bekämpft werden kann (RIS‑Justiz RS0114964, RS0118319 [T2]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 322).
[5] Der Antrag auf Einholung eines brandtechnischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass der Brand auf eine (vom Schöffensenat im Übrigen auf Basis des Berichtes des Bezirksbrandermittlers [ON 9 iVm ON 46 S 7] ausgeschlossene – ON 47 S 4) „technische Ursache“ zurückzuführen sei, legte nicht dar (ON 46 S 9), weshalb die begehrte Beweisaufnahme das von der Betroffenen behauptete Ergebnis erbringen werde und war solcherart auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0118444; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330 f).
[6] Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 325).
[7] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die tatrichterlichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (ON 47 S 3) ignoriert und unter eigenständiger Bewertung der Beweisergebnisse für sich günstigere Schlussfolgerungen reklamiert, entfernt sie sich prozessordnungswidrig vom Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810, RS0099658, RS0116565 [T2]).
[8] Sie bekämpft vielmehr die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (vgl Ratz, WK‑StPO Vor §§ 280–296a Rz 11, 13).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
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