Spruch:
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß die beiden Angeklagten dem Jakob B mit der Vernichtung seiner gesellschaftlichen Stellung drohten, ferner in der rechtlichen Unterstellung des ihnen zum Punkt A des Urteilssatzes angelasteten Tatverhaltens (auch) unter die Bestimmung des § 145 Vbs. 1 Z 1 (letzter Fall) StGB und demgemäß auch in den Strafaussprüchen aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Friedrich A und Gertraud A werden für die ihnen nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden Straftaten, und zwar das Verbrechen der Erpressung nach dem § 144 Abs. 1 StGB und - zu Friedrich A allein - die Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB als Beteiligter nach dem 2. Fall des § 12 StGB, der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB und nach dem § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG gemäß dem § 144 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB bei Friedrich A sowie unter weiterer Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB zu Friedrich A auf das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 12. Oktober 1981, GZ 12 b E Vr 1.803/81-7, und zu Gertraud A auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Bregenz vom 27. Mai 1981, GZ U 768/81-4, e %nZusatz-) Freiheitsstrafen, und zwar Friedrich A in der Dauer von 1 (einem) Jahr und Gertraud A in der Dauer von 7 (sieben) Monaten und 20 (zwanzig) Tagen sowie beide Angeklagte gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB wird dem Angeklagten Friedrich A die Vorhaft vom 22. September 1981, 15,00
Uhr bis zum 24. September 1981, 15,00 Uhr auf die Strafe angerechnet.
Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 27. November 1940 geborene, beschäftigungslose Friedrich A und die am 8. Mai 1960 geborene Prostituierte Gertraud A des Verbrechens der schweren Erpressung nach den §§ 144, 145 Abs. 1 Z 1 StGB, Friedrich A darüber hinaus auch noch des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB, als Beteiligter nach dem 2. Fall des § 12 StGB, des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB und des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 lit a WaffenG schuldig erkannt und hiefür (je unter Bedachtnahme auf ein Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 12. Oktober 1981, bzw ein Urteil (richtig: Strafverfügung) des Bezirksgerichtes Bregenz vom 27. Mai 1981) zu (Zusatz-)Freiheitsstrafen in der Höhe von 15 Monaten bzw 12 Monaten verurteilt.
Die von den beiden Angeklagten gegen dieses Urteil ergriffenen, von Friedrich A auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 10 und 11, von Gertraud A auf die Nichtigkeitsgründe der Z 10 und 11 des § 281 Abs. 1
StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden richten sich - soweit damit nicht die (jeweils auch mit Berufung angefochtenen) Strafaussprüche bekämpft werden - der Sache nach lediglich gegen den zu Punkt A des Urteilssatzes erfolgten Schuldspruch wegen des Verbrechens der schweren Erpressung, demzufolge Friedrich A und Gertraud A im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als Mittäter am 3. März 1980 und kurze Zeit vorher in Hohenems, bzw am 12. Februar 1981 und 17. Februar 1981 in Höchst mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Jakob B dadurch, daß sie ihm in einem Brief sowie mündlich mitteilten, sie würden seine Ehe zerstören und seine Ehegattin von seinen geschlechtlichen Beziehungen zu Gertraud A informieren, wenn er ihnen nicht einen Geldbetrag von 5.000 sfr aushändige bzw nicht ein Darlehen von 3.000 sfr gewähre, durch gefährliche Drohungen zu Handlungen nötigten, die ihn an seinem Vermögen schädigten, wobei sie dem Genötigten mit der Vernichtung seiner gesellschaftlichen Stellung drohten.
Rechtliche Beurteilung
Das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO, den Friedrich A darin erblickt, daß der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellte Beweisantrag, 'den Zeugen Herrn B zu den Widersprüchen zu befragen, wenn auch in Chur, insbesondere zur Frage, warum keine Bestätigung für das Darlehen vorgelegt wurde' (vgl S 269), abgewiesen wurde, vermag dieser Beschwerdeführer allerdings nicht darzutun. Der Beweisantrag läßt nämlich nicht erkennen, worin der Beschwerdeführer die aufzuklärenden Widersprüche erblickte - der unzulässige (vgl SSt 41/ 71 ua) Versuch dieses Versäumnis in der Nichtigkeitsbeschwerde nachzuholen, kann keine Berücksichtigung finden -
und es kann der Antragstellung in der Hauptverhandlung auch nicht entnommen werden, inwiefern der begehrten (ergänzenden) Vernehmung des Zeugen B und der Beantwortung der Frage, 'warum keine Bestätigung für das Darlehen vorgelegt wurde' im gegebenen Zusammenhang eine für die Entscheidung über die Schuld (oder den anzuwendenden Strafsatz) ausschlaggebende Bedeutung zukommen sollte. Somit liegt nach Lage des Falles schon im Hinblick auf diese unzureichende Antragstellung klar auf der Hand, daß der Beschwerdeführer durch das bezügliche - wenn auch nur mangelhaft und pauschal ('wegen hinreichend gesichertem Sachverhalt') begründete (vgl S 269) - abweisliche Zwischenerkenntnis in concreto in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt werden konnte (vgl auch ÖJZ-LSK 1977/101).
Berechtigung kommt den Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Beschwerdeführer hingegen insoweit zu, als sie sich unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 (11) StPO gegen die Annahme wenden, im Sinn des § 145 Abs. 1 Z 1 (letzter Fall) StGB Jakob B mit einer Vernichtung seiner gesellschaftlichen Stellung bedroht zu haben.
Die gesellschaftliche Stellung eines Menschen kommt in jener Wertung zum Ausdruck, die jemand von seiner sozialen Umwelt erfährt (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, § 145, RN 10), wobei unter sozialer Umwelt allerdings in der Regel ein größerer Kreis als nur die engste Familie zu verstehen ist (zur Notwendigkeit, die im § 145 StGB enthaltene eher weitläufige Generalklausel restriktiv auszulegen vgl auch Kienapfel, BT II, § 145, RN 6, und die dort gegebenen Hinweise).
Im vorliegenden Fall haben die beiden Angeklagten sowohl nach dem Spruch als auch nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils damit gedroht, die Ehegattin des Jakob B über dessen geschlechtliche Beziehungen zu Gertraud A, einer Prostituierten, zu informieren. Eine solche Drohung ließ nach Lage des Falles zwar unter Umständen eine - zur Herstellung der Qualifikation des § 145 Abs. 1 Z 1 StGB jedoch nicht ausreichende (vgl Erläuterungen 30 d Beilage zu den stenogr. Protokollen des NR XIII GP, S 237) - Beeinträchtigung der (gesellschaftlichen) Position des Bedrohten als Ehemann - in der vom Erstgericht zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 6. September 1976, 12 Os 115/76-11, wurde auch bei ähnlicher Fallkonstellation lediglich die Drohung mit einer Verletzung an der Ehre bejaht -, nicht aber die Vernichtung seiner sozialen Stellung (außerhalb des engsten Familienkreises) befürchten. Bei unbefangener Betrachtung der Situation unter Berücksichtigung des Inhalts der drohenden Äußerungen mangelte es den Drohungen somit (von der im Urteil übrigens offen gelassenen Frage abgesehen, inwieweit eine Verwirklichung der maßgeblichen Tatbestandsmerkmale auch vom Vorsatz der Angeklagten umfaßt gewesen wäre) schon an der objektiven Eignung, begründete Besorgnisse (auch) darüber zu erregen, daß die gesellschaftliche Stellung des Jakob B vernichtet werden könnte.
Da die mithin gebotene Ausschaltung dieser Qualifikation (§ 145 Abs. 1 Z 1 StGB) zwangsläufig auch eine Neubemessung der Strafen nach sich ziehen muß, erübrigt es sich, auf jene Beschwerdeausführungen einzugehen, mit denen - übrigens in nicht prozeßordnungsgemäßer Weise - die Strafaussprüche bekämpft werden.
Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerden spruchgemäß zu erkennen. Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafen konnte der Oberste Gerichtshof von den in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig angeführten Strafzumessungsgründen ausgehen. Freiheitsstrafen im (Gesamt-)Ausmaß von fünfzehn Monaten (Friedrich A) bzw acht Monaten (Gertraud A) entsprechen dem Unrechts- und Schuldgehalt aller in diesen Strafbemessungsvorgang einzubeziehenden Strafen (§ 40 StGB). Daraus ergeben sich für den vorliegenden Strafausspruch die aus dem Spruch ersichtlichen Sanktionen.
Die Vorhaftanrechnung (bei Friedrich A) und die Kostenentscheidung beruhen auf den zitierten Gesetzesstellen.
Mit ihren durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die beiden Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.
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