OGH 11Os55/97

OGH11Os55/973.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.März 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Poech als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Laszlo R***** und eine weitere Angeklagte wegen der Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a und b sowie 44 Abs 1 lit b FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 14.Jänner 1997, GZ 7 Vr 1167/96-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kirchbacher, des Vertreters des Hauptzollamtes Wien Dr.Teibinger, und der Verteidiger Dr.Benning und Dr.Vallender, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Laszlo R***** und Jozsefne B***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen - nämlich im Schuldspruch wegen der vor dem 14. November 1996 gesetzten Tathandlungen - unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des am 14.November 1996 gesetzten Tatverhaltens und demzufolge auch in den Strafaussprüchen sowie den Entscheidungen über Verfall und Wertersatz aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Laszlo R***** und Jozsefne B***** sind schuldig, sie haben am 14. November 1996 in Klingenbach versucht, vorsätzlich als Mitglied einer Schmuggelbande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes, wobei es ihnen darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Schmuggel eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

1) eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 189 Stangen Zigaretten verschiedener Marken vorschriftswidrig in das Zollgebiet zu verbringen;

2) zu ihrem Vorteil Gegenstände des Tabakmonopols, nämlich die zu 1) genannten Zigaretten, einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider einzuführen.

Sie haben hiedurch und durch das vom unberührten Teil des Schuldspruches umfaßte Verhalten die Finanzvergehen des teils vollendeten, teils versuchten Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a und b und 13 FinStrG sowie des teils vollendeten, teils versuchten vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 44 Abs 1 lit b und 13 FinStrG begangen.

Laszlo R***** wird hiefür unter Anwendung des § 21 Abs 1 und Abs 2 FinStrG nach §§ 35 Abs 4, 38 Abs 1 und 44 Abs 2 lit c FinStrG unter Zugrundelegung eines strafbestimmenden Wertbetrages gemäß § 35 Abs 4 FinStrG von 877.736 S und einer Bemessungsgrundlage nach § 44 Abs 2 lit c FinStrG idgF (BGBl 1996/421) von 740.000 S zu einer Geldstrafe in der Höhe von 600.000 S, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit sechs Monate Ersatzfreiheitsstrafe zu treten haben, sowie nach § 15 Abs 2 FinStrG zu einer gemäß § 26 Abs 1 FinStrG iVm § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt.

Gemäß § 17 Abs 1 und Abs 2 lit a iVm §§ 35 Abs 4, 38 Abs 1 und 44 Abs 3 FinStrG werden die sichergestellten 189 Stangen Zigaretten und gemäß § 17 Abs 1 und Abs 2 lit c Z 3 iVm § 38 Abs 1 FinStrG der zu den Schmuggelfahrten verwendete PKW Marke Ford Escort mit dem ungarischen Kennzeichen GEG 133 für verfallen erklärt.

Gemäß §§ 19 Abs 1 lit a, Abs 3 und Abs 4, 17 Abs 1 und Abs 2 lit a iVm §§ 35 Abs 4, 38 Abs 1 und 44 Abs 3 FinStrG wird dem Angeklagten Laszlo R***** für die nicht ergriffenen 2000 Stangen Zigaretten eine Wertersatzstrafe von 148.000 S auferlegt, an deren Stelle für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Monat zu treten hat.

Der Ausspruch über die diesen Angeklagten betreffende Vorhaftanrechnung wird aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.

Zur Strafneubemessung hinsichtlich Jozsefne B***** wird die Sache an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird das Hauptzollamt Wien auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Laszlo R***** und Jozsefne B***** anklagekonform der Finanzvergehen "des gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schmuggels nach den §§ 11, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a und b FinStrG" sowie des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG schuldig erkannt (vgl US 7 und S 245).

Nach dem Inhalt des Schuldspruches haben sie am 14.November 1996 und im Zuge von zumindest elf weiteren Angriffen in Klingenbach vorsätzlich als Mitglied einer Bande, die sich zum Schmuggel verbunden hat, unter Mitwirkung des jeweilig anderen als Bandenmitglied, wobei es ihnen darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Schmuggeldelikten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

1) eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich zumindest 2189 Stangen Zigaretten verschiedener Marken vorschriftswidrig ins österreichische Zollgebiet verbracht;

2) um ihres Vorteils willen Gegenstände des Tabakmonopols, nämlich die zu 1) genannten Zigaretten entgegen dem gesetzlichen Einfuhrverbot eingeführt.

Dazu stellte das Erstgericht fest, daß die Angeklagten am 14.November 1996 beim Zollamt Klingenbach anläßlich ihrer Einreise aus Ungarn die Frage des österreichischen Zollbeamten nach mitgeführten einfuhrabgabepflichtigen Waren verneinten. Im Zuge einer anschließenden Revision des Fahrzeuges wurden jedoch 189 Stangen Zigaretten in Reisekoffern und Plastiksäcken verpackt vorgefunden. Davor schmuggelten die Angeklagten schon zumindest 2.000 Stangen Zigaretten nach Österreich (US 4 f).

Rechtliche Beurteilung

Die Finanzstrafbehörde erster Instanz bekämpft den Schuldspruch wegen Schmuggels mit einer auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten und tendenziell zum Vorteil der Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher Feststellungsmängel behauptet werden und das Rechtsmittelziel in der Argumentation zum Ausdruck kommt, daß das Tatverhalten am 14.November 1996 "infolge der Tathandlung der nicht ordnungsgemäßen Anmeldung" der (vom Erstgericht ohnehin angenommenen) ersten Begehungsart des § 35 Abs 1 lit a FinStrG zu unterstellen gewesen wäre, wogegen die übrigen elf Fakten wegen der Tathandlung des "unerlaubten Entfernens der gestellten Konterbande vom Amtsplatz" der dritten Begehungsart dieses Delikts (Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung) entsprochen hätten.

Der Nichtigkeitsbeschwerde liegt kein gesetzmäßiges Anfechtungsinteresse zugrunde.

Zum Teil strebt die Beschwerdeführerin eine Subsumtion an, die ohnehin vorgenommen worden ist, sodaß das Vorbringen ins Leere geht.

Der verbleibende Teil der Einwände fordert die Annahme einer vom Urteilsausspruch abweichenden rechtlich gleichwertigen Begehungsart, die an der Tatbeurteilung als Schmuggel nichts ändern würde. Die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsbeschwerde setzt aber in bezug auf deren Zielrichtung eine Beeinträchtigung der Rechte (Beschwer) desjenigen voraus, zu dessen Gunsten sie ergriffen wird (§ 282 StPO). Eine solche legitimierende Benachteiligung ist auszuschließen, wenn - wie hier - die Anfechtung eines Schuldspruches auf den bloßen Austausch einer Begehungsart eines alternativen Mischtatbestandes mit einer anderen Begehungsart desselben Tatbestandes abzielt (SSt 50/11, SSt 54/42; Nowakowski in WK Vorbem §§ 3 bis 5 Rz 69). Der Nichtigkeitsbeschwerde ist daher schon deshalb ein Erfolg zu versagen.

Trotz prozessualer Unzulässigkeit dieser Nichtigkeitsbeschwerde ist den darin angestellten rechtlichen Erwägungen schon im Hinblick auf deren über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung folgendes zu erwidern:

Mit Wirksamwerden des Vertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1.Jänner 1995 sind die wesentlichen österreichischen Zollgesetze außer Kraft getreten (§ 120 Abs 2 ZollR-DG, BGBl 1994/659). Seit diesem Zeitpunkt stehen der Zollkodex (ZK) und die Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) der Europäischen Gemeinschaft in Österreich als unmittelbar anzuwendendes Recht in Geltung.

Der Straftatbestand des § 35 Abs 1 FinStrG wurde den Vorschriften des Zollkodex über das Entstehen der Zollschuld (Art 201 ff) zunächst mit dem Bundesgesetz BGBl 1994/681 angepaßt. Er lautete ab dem 1.Jänner 1995:

"(1) Des Schmuggels macht sich schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich dem Zollverfahren oder sonst der zollamtlichen Überwachung entzieht."

Durch das am 21.August 1996 in Kraft getretene Bundesgesetz BGBl 1996/421 erfuhr die genannte Strafbestimmung eine noch weitergehende Angleichung an die Zollschuldentstehungstatbestände des Zollkodex. § 35 FinStrG hat seither im hier interessierenden Umfang folgende Fassung:

"(1) Des Schmuggels macht sich schuldig, wer

a) eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet oder aus einer Freizone oder einem Freilager in einen anderen Teil des Zollgebietes verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht oder

b) ausgangsabgabepflichtige Waren ..."

Den Tatbestand des Schmuggels nach § 35 Abs 1 lit a FinStrG erfüllt somit, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig 1. in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbringt, 2. aus einer Freizone oder aus einem Freilager in einen anderen Teil des Zollgebietes der Gemeinschaft verbringt oder 3. der (sonstigen) zollamtlichen Überwachung entzieht. Die beiden ersten Begehungsarten entsprechen den Zollschuldentstehungstatbeständen des Art 202 Abs 1 lit a und b ZK, die dritte deckt sich mit jenem des Art 203 Abs 1 ZK (vgl EBRV 130 BlgNR 20.GP 4).

"Vorschriftswidriges Verbringen" einer Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft nach dem ersten Fall des § 35 Abs 1 lit a FinStrG ist jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Art 38 bis 41 ZK und der in näherer Ausführung hiezu ergangenen Vorschriften des Zollrechts-Durchführungsgesetzes (Art 202 Abs 1 letzter Satz ZK; vgl die vom Bundesministerium für Finanzen herausgegebene "Zolldokumentation", ZK-1890, 10). Aus diesen Bestimmungen ergeben sich im allgemeinen zwei bei der Wareneinfuhr zu beachtende Pflichten:

Hinsichtlich der in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren besteht die Pflicht der unver- züglichen Beförderung zu einer von den Zollbehörden bezeichneten Zollstelle, zu einem anderen von diesen Behörden bezeichneten oder zugelassenen Ort oder in eine Freizone, gegebenenfalls unter Benützung des bezeichneten Verkehrsweges nach Maßgabe der festgelegten Einzelheiten (Art 38 Abs 1 ZK; §§ 10 und 20 f ZollR-DG regeln in näherer Ausführung dieser Bestimmung den Öffnungszeiten- und den Zollstraßenzwang sowie den Nebenwegverkehr).

Die nach Maßgabe der Beförderungspflicht bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eintreffenden Waren sind zu gestellen (Art 40 ZK). Die Gestellung ist die Mitteilung an die Zollbehörden in der vorgeschriebenen Form, daß sich die Waren bei der Zollstelle oder an dem anderen Ort befinden (Art 4 Nr 19 ZK). Die zur Gestellung von Waren erforderliche Mitteilung kann bei der Zollstelle mündlich (nicht auch fernmündlich), schriftlich oder durch Vorlage von Begleit- papieren erfolgen (§ 37 ZollR-DG, für den Fall der Schrift- lichkeit ergänzt durch § 86 a BAO). Nur ausnahmsweise können Zollanmeldungen zur Überführung abgabefreier Waren in den zollrechtlich freien Verkehr auch durch andere, in Art 233 ZK-DVO bezeichnete Formen der Willensäußerung abgegeben werden (Art 230 ff ZK-DVO).

Tathandlungen des vorschriftswidrigen Verbringens einer Ware in das Zollgebiet können somit verschiedene Verhaltensweisen in einer Geschehnisphase sein, die vom Grenzübertritt bis zur allfälligen Zollabfertigung ohne die gebotene Gestellung reicht (vgl Witte, Kommentar zum Zollkodex Art 201 Rz 15; Zolldokumentation ZK-1890, 10).

Der zollamtlichen Überwachung entzogen im Sinn der dritten Begehungsart des § 35 Abs 1 lit a FinStrG wird eine Waren, wenn ein Tun oder Unterlassen zur Folge hat, daß konkret begonnene zollamtliche Überwachungsmaßnahmen nicht mehr durchgeführt werden können. Zwar unterliegen Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, gemäß Art 37 ZK schon vom Zeitpunkt des Verbringens an der "zollamtlichen Überwachung" im Sinn des Art 4 Nr 13 ZK. Doch wird der weite Überwachungsbegriff dieser Bestimmung durch das Tatbestandserfordernis des Entziehens eingeengt. Die Zollschuldentstehung gemäß Art 203 Abs 1 ZK kommt damit erst dann in Betracht, wenn bereits konkrete Maßnahmen der Zollbehörden beginnen haben (Witte, Zollkodex Art 203 Rz 3; Zolldokumentation ZK-1890, 11).

Wenn auch in der Praxis konkrete Überwachungsmaßnahmen regelmäßig erst mit der Gestellung einsetzen, sich der Anwendungsbereich des Art 203 Abs 1 ZK daher meist nahtlos an den des Art 202 Abs 1 ZK anschließt, ergibt sich aus dem Gesagten doch, daß ein und dieselbe Handlung bei Ausnahmekonstellationen zugleich beide Zollschuldentstehungstatbestände (vorschriftswidriges Verbringen in das Zollgebiet und Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung) erfüllen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Verbringende bei einer Kontrolle auf der Zollstraße, dem Weg zwischen Grenze und Zollamt, mit der Ware flieht (Witte, Zollkodex vor Art 201 Rz 6, Art 203 Rz 11).

Dem Strafgesetzgeber kann nicht unterstellt werden, bei Neuformulierung des § 35 Abs 1 lit a FinStrG überflüssigerweise eine Begehungsart (vorschriftswidrige Verbringung in das Zollgebiet) bezeichnet zu haben, die jedenfalls von einer anderen Begehungsweise (Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung) ohnehin erfaßt sein muß. Schon die erwähnte ursprüngliche Angleichung der Strafbestimmung an das Zollrecht der Europäischen Gemeinschaft begrenzte vielmehr die letzte Tatbestandsvariante ("... sonst der zollamtlichen Überwachung entzieht") auf Handlungen, die nicht unter die erste Begehungsart fielen. Nach der Neufassung des Tatbestandes sind dementsprechend der dritten Fallgestaltung nur Verhaltensweisen zu unterstellen, die nicht schon eine der beiden anderen Tatbestandsvarianten erfüllen (idS auch Dorazil/Harbich, FinStrG Anm 2 bei § 35: Entziehen aus "der (sonstigen) zollamtlichen Überwachung").

Das Hauptzollamt Wien argumentiert damit, daß im Reiseverkehr Waren, die nicht versteckt an einen Amtsplatz gebracht werden, an dem gerade Dienst verrichtet wird, (mindestens) schlüssig gestellt sind. Hierauf müsse eine ausdrückliche Anmeldung zollpflichtiger Waen folgen. Passiere der Reisende statt dessen in seinem PKW mit solchen Waren die Zollstelle, so entstehe eine Zollschuld gemäß Art 203 ZK (Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung).

Die Auffassung, daß Waren auch schlüssig gestellt werden können, stützt das Zollamt auf eine Kommentarmeinung. Diese betrifft allerdings die Rechtslage in Deutschland, wo die Gestellungsmitteilung in beliebiger Form erfolgen kann (siehe § 8 der deutschen Verordnung vom 23.Dezember 1993, dBGBl I S 2449; dazu Witte, Zoll- kodex 37 und Kampf aaO Art 40 Rz 33, Art 41 Rz 3 f und 7). Sie läßt sich auf Österreich nicht übertragen, weil hier die "in der vorgeschriebenen Form" gebotene Gestellung (Art 4 Nr 19 ZK) nach der schon zitierten Bestimmung des § 37 ZollR-DG (was auch von Kneidinger in ÖStZ 1997, S 425 ff übersehen wird) mündlich, schriftlich oder durch Vorlage von Begleit- papieren zu geschehen hat. Eine Ausnahme besteht - wie erwähnt - nur für abgabefreie Waren, die nach der rechtlichen Fiktion des Art 234 Abs 1 ZK-DVO in bestimmten Fällen der schlüssigen Anmeldung als gestellt gelten. Abgabepflichtige Waren können somit in Österreich nicht konkludent gestellt werden (vgl Zolldokumentation ZK-1890, 9).

Damit versagt der Einwand, bezüglich der am 14.November 1996 entdeckten abgabepflichtigen Zigaretten sei die Tathandlung des Schmuggels in der nicht ordnungsgemäßen Anmeldung schlüssig gestellter Waren zu erblicken. Denn bezüglich dieser Zigaretten haben die Angeklagten durch die konstatierte Vorgangsweise ihre Gestellungspflicht verletzt. Deswegen ist ihr Verhalten nach dem ersten Fall des § 35 Abs 1 lit a FinStrG zu beurteilen. Der vom Zollamt angeführten Bestimmung des Art 234 Abs 2 ZK-DVO bedarf es zur Subsumtion nicht (dazu Kampf, Zollkodex Art 41 Rz 8).

Ebenso haben die Angeklagten nach dem Urteils- sachverhalt bei den elf früheren Schmuggelfahrten ihrer Gestellungspflicht zuwidergehandelt. Die Beschwerdeauffassung, daß die unbemerkt eingebrachten - abgabepflichtigen - Zigaretten schlüssig gestellt worden seien, ist wie dargelegt unzutreffend, die daran geknüpfte Folgerung des Zollamtes, daß als Tathandlung des Schmuggels nur das unerlaubte Entfernen der gestellten Konterbande vom Amtsplatz in Betracht komme, demzufolge verfehlt. Der auf diese Fahrten bezogene Schuldspruch ist fehlerfrei.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde ist festzustellen, daß dem Urteil ein nicht geltend gemachter, gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmender Nichtigkeitsgrund insofern anhaftet, als den Angeklagten bezüglich der entdeckten Tathandlung vom 14.Novem- ber 1996 Deliktsvollendung und nicht bloß Versuch angelastet wurde (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO). Vollendet ist der Schmuggel auch nach der nunmehrigen Rechtslage erst mit der gelungenen vorschriftswidrigen Verbringung. Daß die Zollschuld gemäß Art 202 Abs 2 ZK schon im Zeitpunkt des Verstoßes gegen Gestellungsvorschriften entsteht (Witte, Zollkodex Art 202 Rz 7), ist für die Unterscheidung von Versuch und Vollendung des Schmuggels ohne Bedeutung. Ausschlaggebendes Kriterium für die Abgrenzung des vollendeten Schmuggels vom versuchten ist die Vereitelung der Zollbehandlung, somit die Beendigung der Zollab- fertigung (RZ 1985/63). Wird die Ware auf dem Amtsplatz des Zollamtes entdeckt, ist daher nur Versuch gegeben (Dorazil/Harbich, FinStrG § 35 Anm 4 und E 1, 28 b, 29, 30, 31 b, 35, 35 a sowie Anm 5 c zum unveränderten § 14 Abs 2 lit b; Mayerhofer/Rieder, Nebengesetze3 § 35 FinStrG E 8, 8 a). Dasselbe gilt für die Vollendung des idealkon- kurrierenden Monopoldeliktes nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG.

Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Korrektur des Schuldspruches, soweit er sich auf das Verhalten der Angeklagten vom 14.November 1996 bezieht. Die gebotene Teilkassation des Schuldspruches zieht die Aufhebung der Strafaussprüche und diesbezügliche Entscheidungserneuerungen nach sich.

Zu der den Angeklagten Laszlo R***** betreffenden Strafneubemessung:

Nach § 21 Abs 1 und Abs 2 FinStrG war für die Finanzvergehen des Schmuggels unter besonders erschwerenden Umständen nach §§ 35 Abs 4, 38 Abs 1 FinStrG und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 2 FinStrG auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, deren Höhe, ausgehend von den strafbestimmenden Wertbeträgen von 877.736 S bis zu dessen vierfachem Wert zuzüglich des dem Tabakmonopol zugrundeliegenden strafbestimmenden Wertbetrag von 740.000 S, mit 4,250.944 S limitiert ist.

Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend die Vielzahl der Angriffe, als mildend das umfassende und reumütige Geständnis des Angeklagten und dessen bisheriger ordentlicher Lebenswandel sowie der Umstand gewertet, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten erachtet der Oberste Gerichtshof eine Geldstrafe in der Höhe von 600.000 S, an deren Stelle im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten zu treten hat, aus generalpräventiven Überlegungen (§ 15 Abs 2 FinStrG) außerdem eine Freiheitsstrafe von drei Monaten tat- und tätergerecht. Weil jedoch die bloße Androhung des Vollzuges der Freiheitsstrafe insbesondere im Hinblick auf die verhängten Geldstrafen ausreichend erscheint, um den Angeklagten von weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten und es unter diesen Vorausssetzungen auch nicht der Vollstreckung der Freiheitsstrafe bedarf, um der Begehung von Straftaten durch andere entgegenzuwirken, war der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen (§ 26 Abs 1 FinStrG, § 43 Abs 1 StGB).

Darüber hinaus waren die sichergestellten Zigaretten für verfallen zu erklären, desgleichen das für die Schmuggelfahrten verwendete Beförderungsmittel, ohne welches die in Rede stehenden Finanzvergehen nicht hätten begangen werden können, während für die nicht mehr greifbaren zumindest 2.000 Stangen Zigaretten eine anteilige Wertersatzstrafe von 148.000 S, im Falle deren Uneinbring- lichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat, auszusprechen war.

Hinsichtlich der Angeklagten Jozsefne B***** war die Sache zur Strafneubemessung an das Erstgericht zu verweisen, weil dieser Angeklagten die Vorladung zum Gerichtstag nicht zugestellt werden konnte und demgemäß dem Obersten Gerichtshof eine Sachentscheidung in der Straffrage verwehrt war.

Mit seiner Berufung war das Hauptzollamt auf diese Entscheidung zu verweisen.

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