Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten Mu*****, C***** und L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche weiterer Angeklagter enthält, wurden Jasmin Mu*****, Jadranka C***** und Sanja L***** (unter Bezugnahme auf die im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruchteile) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB, Mu***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, C***** und L***** als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach haben sie in Graz und Wien „mit den rechtskräftig verurteilten Mario Mi***** und Miso O***** mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder andere unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die fortlaufende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Mitarbeiter der B***** C***** AG durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Urkunden, nämlich durch die Vorgabe, dass Goran C***** als Handlungsbevollmächtigter der Me***** GmbH und Zeichnungsberechtigter hinsichtlich des Firmenkontos Nr ***** bei der B***** C***** AG, die Überweisungsaufträge erteilt hätte, unter Verwendung von mit dessen nachgemachtem Namenszug versehenen gefälschten Überweisungsbelegen, zur Handlung der Überweisung nachgenannter Beträge von diesem Konto der Me***** GmbH auf die nachgenannten Konten verleitet bzw dies versucht, die die B***** C***** AG in einem (jeweils) 50.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 399.100 Euro hinsichtlich Jasmin Mu***** von insgesamt 295.620 Euro am Vermögen schädigte bzw schädigten sollte“, und zwar
I./ Jadranka C***** und Sanja L***** den unmittelbaren Täter Mario Mi***** zu den unter Punkt I./1./ bis I./4./ des im ersten Rechtsgang ergangenen (in 11 Os 62/08i-12 referierten) Urteils geschilderten unmittelbaren Tathandlungen vorsätzlich bestimmt, indem sie ihm Kontoauszüge vom Konto der Me***** GmbH mit einem Guthabensstand von rund 600.000 Euro zeigten und
1./ Jadranka C***** ihn dazu aufforderte, die unter Punkt I./1./, I./2./ und I./4./ geschilderten Überweisungen unter Verwendung gefälschter Überweisungsbelege durchzuführen;
2. Sanja L***** ihn dazu aufforderte, die unter Punkt I./1./ und I./3./ des oben erwähnten Urteils geschilderten Überweisungen unter Verwendung gefälschter Überweisungsbelege durchzuführen;
II./ Jasmin Mu***** zu den zu I./1./ und I./3./ des im ersten Rechtsgang ergangenen Urteils geschilderten Tathandlungen des unmittelbaren Täters Mario Mi***** vorsätzlich beigetragen, indem er ihm die Daten der Empfängerkonten und die Beträge nannte, ihm konkrete Anweisungen für die Durchführung der Überweisungen gab und ihm den Erhalt von „Provisionen“ nach Behebung der Gelder zusicherte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, die der Angeklagte Mu***** auf Z 5, 5a und 9 lit a, die Angeklagten C***** und L***** auf Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10, C***** auch auf Z 1a des § 281 Abs 1 StPO stützen. Die Rechtsmittel verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mu*****, die sich ausschließlich gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 148 zweiter Fall StGB) richtet:
In seiner Mängelrüge (Z 5) kritisiert der Beschwerdeführer die Unterlassung seiner Befragung (und demzufolge fehlende Beweismittel) zur Gewerbsmäßigkeit (inhaltlich Z 5a als Aufklärungsrüge), vermag aber nicht darzulegen, weshalb er - zumal rechtsanwaltlich vertreten - an der Ausübung seines Rechts, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragten, gehindert war (RIS-Justiz RS0115823, RS0114036).
Der gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung gerichtete Einwand, der Beschwerdeführer habe lediglich „einmal einen Tatbestand“ gesetzt, argumentiert urteilsfremd, wurde der Angeklagte doch wegen mehrfacher Beitragshandlungen schuldig gesprochen (US 12, 14, 15). Im Übrigen wäre auch aus einer einzelnen Tat die Ableitung gewerbsmäßigen Handelns zulässig (Jerabek in WK2 § 70 Rz 6). Die vermisste Begründung für die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite findet sich auf US 26 f.
Das pauschale Vorbringen, das Ersturteil sei im Hinblick auf § 148 StGB „mangelhaft, undeutlich, unvollständig und auch tatsachenwidrig“, entzieht sich mangels Bestimmtheit einer inhaltlichen Erwiderung.
Mit der Wiederholung der zur Mängelrüge erstatteten Kritik vermag das Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen zu erwecken.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) ignoriert die zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit getroffenen Feststellungen (US 17) und verfehlt so die gebotene Orientierung am Verfahrensrecht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).
Zur Nichtkeitsbeschwerde der Angeklagten C*****, soweit sie nicht deckungsgleich mit jener der Angeklagten L***** ist:
Aus § 281 Abs 1 Z 1a StPO behauptet die Beschwerdeführerin - trotz unbekämpft gebliebenem Protokollberichtigungsbeschluss vom 13. Mai 2011, wonach sie sich ausdrücklich mit der Vertretung durch Rechtsanwalt Mag. Christoph Rappold, dem Verteidiger der Angeklagten L***** einverstanden erklärte (ON 281) - mangelnde Vertretung durch einen Verteidiger und einen Verstoß gegen die Manuduktionspflicht des Gerichts, weil sie nicht über die Möglichkeit einer Vertagungsbitte in Kenntnis gesetzt wurde, übersieht dabei aber zum einen, dass ihre protokollierte Bereitschaft, von dem anwesenden Rechtsanwalt Mag. Rappold vertreten zu werden, bereits eine Vollmachtserteilung darstellt und zum anderen, dass Mängel bei der Bestellung bzw Bevollmächtigung mit Blick auf den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund bei tatsächlich durch einen Rechtsanwalt erfolgter Vertretung ohnedies ohne Bedeutung sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 146 f).
Zu den inhaltlich übereinstimmenden Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten C***** und L*****:
Entgegen dem Vorbringen zur Z 3 des § 281 Abs 1 StPO (iVm § 260 StPO) wurden die Tathandlungen des abgesondert verfolgten Mario Mi***** und der Beschwerdeführerinnen im Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) nicht bloß durch Verweis auf ein „nicht im Urteil enthaltenes Fremdurteil“, sondern in ausführlicher Weise beschrieben. Im Übrigen dient die Beschreibung der Tat im Spruch nicht deren Konkretisierung, sondern lediglich der Individualisierung. Der urteilsgegenständliche Lebenssachverhalt ist somit bloß soweit abzugrenzen, um Mehrfachverurteilungen hintan zu halten und jene entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen, auf welche die gesetzliche Deliktsbeschreibung der als begründet befundenen strafbaren Handlung(en) abstellt. Die über die Individualisierung hinausgehende Konkretisierung, das heißt die Anführung der besonderen Umstände des Einzelfalls, erfolgt in den Urteilsgründen (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 9 f).
Die Verfahrensrügen (Z 4) kritisieren die Abweisung des Antrags auf Abhörung eines Tonbandmitschnitts unter „Hinweis, dass die Initiative zu dieser Fehlbelastung unter Umständen vom vormaligen Anwalt des Mario Mi***** ausgegangen“ sei (ON 243 S 12). Die Abweisung erfolgte jedoch zu Recht, weil der Inhalt des Gesprächs seitens des Gerichts ohnedies zugestanden wurde (ON 243 S 16; § 55 Abs 2 Z 3 StPO) und der (nunmehrige) Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung vor dem erkennenden Gericht die Gründe für die Änderung seines Aussageverhaltens dargelegt hat. Auf wessen Initiative die Ablegung der letztlich widerrufenen Aussage zurückgeht, ist ohne Relevanz (§ 55 Abs 2 Z 1 StPO).
Die den Beweisantrag ergänzenden Beschwerdeausführungen sind unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618).
Die Mängelrüge (Z 5; inhaltlich Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zur Bestimmungstäterschaft, übergeht aber die Konstatierungen, wonach die Beschwerdeführerinnen bei Mario Mi***** durch die in den Urteilsgründen konkretisierten Aufforderungen den Tatentschluss geweckt und ihn daher zu den inkriminierten Tathandlungen vorsätzlich bestimmt haben (US 12, 14, 17). Begründet wurden diese Feststellungen - logisch und empirisch einwandfrei - unter Bezugnahme auf die Angaben des (nunmehrigen) Zeugen Mi*****, bei gleichzeitiger Verwerfung der Verantwortung der beiden Angeklagten als unglaubwürdig (Z 5 vierter Fall).
Weiters kritisieren die Beschwerdeführerinnen die Beweiswürdigung des Erstgerichts zur Glaubwürdigkeit der belastenden Angaben des Mario Mi*****, ohne jedoch damit einen Begründungsmangel aufzeigen zu können. Mit dessen Aussageverhalten haben sich die Tatrichter gar wohl auseinandergesetzt (US 20 f; Z 5 zweiter Fall). Soweit die Rüge Erwägungen zu einzelnen Aussagepassagen des Zeugen Goran C***** vermisst, ist ihr zu erwidern, dass das Gericht dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe folgend nicht verhalten war, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen zu erörtern und darauf zu untersuchen, wie weit sie für oder gegen diese oder jene Geschehensvariante sprechen (RIS-Justiz RS0098778).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) ist nicht geeignet, aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Die spekulativen Erwägungen über den Besitz von Urkunden mit der Unterschrift des Zeugen Goran C***** orientieren sich nicht an dem als Bezugspunkt der Rüge heranzuziehenden Akteninhalt.
Nicht an den getroffenen Feststellungen hält - wie bereits oben dargestellt - das Vorbringen zu Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, das Konstatierungen zur Bestimmungstäterschaft vermisst, fest, indem es hiezu ohnedies getroffene Urteilsannahmen mit Stillschweigen übergeht (US 11 ff, 17; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) vernachlässigt die - wenn auch disloziert getroffenen - Feststellungen zum intendierten Schadensbetrag von jeweils mehr als 50.000 Euro (US 27). Die in den Rechtsmittelschriften zitierte Konstatierung, wonach jedenfalls immer ein 3.000 Euro übersteigender Betrag lukriert werden sollte (US 17), betrifft nur die - zur Qualifikation des § 148 zweiter Fall StGB führenden - Urteilsannahmen zur Gewerbsmäßigkeit.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)