Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über das Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe und demgemäß auch über die Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der österreichische Staatsbürger Heribert J***** des versuchten (gemeint: in der Entwicklungsstufe des Versuches gebliebenen) Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG (1) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (2) schuldig erkannt, weil er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte
(zu 1) in einer großen Menge auszuführen und einzuführen versucht hat, indem er am 5.Juli 1994 rund 5 kg Haschisch aus Spanien nach Frankreich einzuführen trachtete sowie
(zu 2) in der Zeit von Jänner 1996 bis 15.März 1996 in Wien Amphetamin wiederholt erworben und besessen hat.
Das Schöffengericht nahm unter Hinweis auf ein gegen den Angeklagten ergangenes, seit 21.Februar 1995 rechtskräftiges Strafurteil des Gerichtes Gerona (Spanien) vom 18.Jänner 1995 an, daß gemäß §§ 31 und 40 StGB eine Strafbemessung bei nachträglicher Verurteilung zu erfolgen habe und sah von der Verhängung einer Zusatzstrafe ab. Über das ausländischen Strafverfahren stellte das Erstgericht fest, daß der am 5.Juli 1994 in Spanien verhaftete Angeklagte vom Gericht Gerona zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, vier Monaten und zwei Tagen sowie zu zwei Geldstrafen verurteilt worden ist. Der Angeklagte war bis 31.Oktober 1995 in Spanien in Haft und benützte danach einen gewährten Haftausgang zur Flucht.
Rechtliche Beurteilung
Die Staatsanwaltschaft bekämpft das Urteil wegen des Unterbleibens eines Sanktionsausspruches mit einer auf die Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Darin zeigt die Anklagebehörde mit Recht auf, daß es im vorliegenden Fall an der gerichtlichen Befugnis zum Absehen von einer Strafe fehlt.
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend einwendet, wäre nach den festgestellten Begehungszeitpunkten der vom Angeklagten verübten Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG laut Punkt 2 des Schuldspruches eine Ahndung dieser Delikte in dem früher abgewickelten spanischen Strafverfahren allein in zeitlicher Beziehung nicht in Betracht gekommen. Auf ein vorangegangenes Urteil ist aber nur dann gemäß § 31 StGB Bedacht zu nehmen, wenn alle nunmehr abgeurteilten Straftaten vor der Fällung dieses früheren Urteils begangen worden sind. Eine Bedachtnahme kommt nicht in Betracht, wenn der Angeklagte mehrerer Straftaten schuldig erkannt wird, die er teils vor, teils nach Fällung des früheren Erkenntnisses begangen hat (Leukauf/Steininger Komm3 § 31 RN 12).
Demnach lag eine Anwendungsvoraussetzung des § 31 StGB nicht vor, weshalb es an der Rechtsgrundlage für eine Zusatzstrafbemessung oder den Verzicht auf eine Zusatzstrafe fehlte.
Im übrigen ist im Interesse der notwendigen Verfahrenserneuerung festzuhalten, daß auch ein weiterer, nicht ausdrücklich reklamierter Grund für das Vorliegen der geltend gemachten Nichtigkeit gegeben ist. Die Aktenlage weist nämlich überaus deutlich auf den vom Erstgericht nicht klargestellten Umstand hin, daß die bezügliche Verurteilung des Angeklagten in Spanien wegen des im gegenständlichen Urteil unter Punkt 1 des Schuldspruches erfaßten Verhaltens erfolgte und solcherart überhaupt keine gegenüber diesem früheren Erkenntnis "andere Tat" zu bestrafen ist, weshalb die Regelung des § 31 StGB von vornherein keine Anwendung finden konnte (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 31 Nr 17). Als Folge dieser Tatidentität wird auf die über den Angeklagten zu verhängende Strafe gemäß § 66 StGB der Zeitraum der auf die dortige Sanktion angerechneten ausländischen Untersuchungshaft (S 239) und die im Ausland effektiv verbüßte Strafzeit anzurechnen sein (Leukauf/Steininger Komm3 § 66 RN 3).
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