OGH 11Os46/96

OGH11Os46/966.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.August 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Prof.Dr.Hager, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Scholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard Gottfried T***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Gerhard Gottfried T*****, Werner G*****, Helmut Maria Z***** und Franz Ferdinand H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 5.Dezember 1995, GZ 22 Vr 890/95-29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tiegs, und des Verteidigers Mag.Unger jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Gerhard Gottfried T*****, Werner G*****, Helmut Maria Z***** und Franz Ferdinand H***** werden von der gegen sie erhobenen Anklage (GZ 22 Vr 850/95-19) und damit vom Vorwurf des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB (T*****), des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 als Beitragstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (G*****), des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB als Beitragstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (Z***** und H*****) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten - in Abweichung vom Anklagevorwurf des versuchten Betruges - des Vergehens (der Fälschung eines Beweismittels) nach § 293 StGB und zwar Werner G*****, Helmut Maria Z***** und Franz Ferdinand H***** nach Abs 1, Gerhard Gottfried T***** nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle schuldig erkannt.

Darnach haben

Werner G*****, Helmut Maria Z***** und Franz Ferdinand H***** (im Jahre 1994 falsche Beweismittel mit dem Vorsatz hergestellt, daß sie in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht werden, indem sie (über Ersuchen des Gerhard Gottfried T*****) zum Zwecke der nachträglichen Geltendmachung von Förderungsmitteln durch die Marktgemeinde Frastanz für bereits abgerechnete und bezahlte Leistungen früherer Jahre neue Rechnungen mit neuem Datum und unrichtigem Barzahlungsvermerk ausstellten (Schuldspruch Pkt 2.), und

Gerhard Gottfried T***** am 12.Oktober 1994 in Bregenz falsche Beweismittel in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht, indem er diese umdatierten Rechnungen mit unrichtigem paraphiertem bzw unterfertigtem Barzahlungsvermerk dem Landeswasserbauamt Bregenz zum Zwecke der Förderungserlangung für die Marktgemeinde Frastanz zur Vorlage brachte (Schuldspruch Pkt 1.).

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten mit inhaltlich weitgehend übereinstimmenden Nichtigkeits- beschwerden, in denen sie die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO geltend machen.

Die auf die Entscheidung 11 Os 71/91 (= JBl 1992, 535 = EvBl 1992/71) gestützte Auffassung der Angeklagten, die gegenständlichen Rechnungen fielen als echte Urkunden unwahren Inhaltes nicht unter den Beweismittelbegriff des § 293 StGB, steht mit der nunmehr herrschenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht im Einklang. Mit Entscheidung eines verstärkten Senats vom 5.Oktober 1994, 13 Os 81/93 (= EvBl 1995/21 = JBl 1995, 386 = RZ 1995/11) wurde nämlich klargestellt, daß echte Urkunden mit unrichtigem Inhalt (sog "Lugurkunden") Deliktsobjekt der Beweismittelfälschung nach § 293 StGB (und auch qualifikationsbegründendes Täuschungsmittel nach § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB) sein können.

Hingegen kommt den Einwänden der Beschwerdeführer, ihr Verhalten erfülle (auch) deshalb nicht den Tatbestand des § 293 StPO, weil die in Rede stehenden Förderungen im Rahmen der - dem verwaltungsbehördlichen Verfahren im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht unterliegenden - Privatwirtschaftsverwaltung vergeben werden, Berechtigung zu:

Nach dem Urteilsinhalt (AS 523) sollte die - nach Ansicht aller Angeklagten der Gemeinde Frastanz trotz einer Fristversäumung grundsätzlich zustehende (AS 529) - Förderung der gegenständlichen Abwasserbeseitigungsanlage nach den Bestimmungen des Umweltförderungsgesetzes 1993 (UFG), BGBl 1993/185 idF BGBl 1994/30 erfolgen. Ziel dieser gesetzlichen Regelung ist ua die Privatisierung der Förderungsabwicklung (vgl Prammer, Das Umweltförderungsgesetz 1993 in RdU 1/1994 S 15 ff), die vertraglich der Österreichischen Kommunalkredit AG (als Abwicklungsstelle) übertragen wurde (§§ 11 UFG). Über das grundsätzlich (§ 18 Z 2 leg cit) im Wege des Amtes der Landesregierung bei der Abwicklungsstelle einzubringende Ansuchen um Förderung, auf deren Vergabe gemäß § 4 UFG kein Rechtsanspruch besteht, entscheidet der Bundesminister nach Begutachtung der Maßnahme durch das Land und Prüfung des Ansuchens durch die Abwicklungsstelle unter Bedachtnahme auf die Empfehlung der Fachkommmission (§§ 12 Abs 2 und 4, 18 Z 2 leg cit). Für den Fall seiner stattgebenden Entscheidung sieht § 12 Abs 5 leg cit den Abschluß eines Förderungsvertrages mit dem Förderungswerber durch die Abwicklungsstelle vor; bei Ablehnung ist der Förderungswerber von der Abwicklungsstelle unter Angabe der für die Entscheidung maßgeblichen Gründe zu verständigen (§ 12 Abs 6 UFG).

Die im UFG getroffene Regelung der Förderungsvergabe (ohne Erlassung eines Bescheides) und -abwicklung und die ausdrückliche Verneinung eines Rechtsanspruches auf Förderung indizieren den privatrechtlichen Charakter (auch) der Subventionsvergabe (siehe hiezu Bernard, Die Judikatur zum Förderungswesen in Wenger, Förderungsverwaltung S 273 ff). Auch nach Pkt VII der Richtlinien für die Gewährung von Landesbeiträgen für Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen besteht kein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Förderungsbeiträgen durch das Land Vorarlberg (AS 381), die auf Beschlüssen der Landesregierung ohne Bescheidcharakter (vgl AS 115) beruht.

Die Strafnorm des § 293 StGB soll den Schutz der Rechtspflege vor Fälschung sachlicher Beweismittel gewährleisten; geschütztes Rechtsgut ist die gerichtliche und verwaltungsbehördliche Rechtsprechung, die zu den staatlichen Hoheitsrechten zählt (EvBl 1995/81).

Der Auffassung des Erstgerichtes zuwider (AS 533) scheidet aus dem Begriff des verwaltungsbehördlichen Verfahrens, auf den § 293 StGB abstellt, die Privatwirtschaftsverwaltung aus (Leukauf-Steininger StGB3 § 293 RN 9 a). Denn als Verwaltungsbehörde (auch im Sinne des § 289 StGB) sind nur jene Dienststellen (des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde) anzusehen, die zur Besorgung der Hoheitsverwaltung berufen, mithin nach den Rechtsvorschriften mit Anordnungs- und Zwangsgewalt ausgestattet sind (Leukauf-Steininger aaO § 289 RN 5).

Im Sinne der Beschwerdeargumentation erfolgt die Vergabe der Bundeswie auch der Landesförderung demnach nicht in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren im Sinne des § 293 StGB, weshalb die Herstellung und der Gebrauch von Urkunden unwahren Inhaltes mit Beziehung auf das Vergabeverfahren von dieser Strafbestimmung nicht erfaßt wird.

Die den Schuldsprüchen anhaftende Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO führt nach Aufhebung des angefochtenen Urteiles zum Freispruch der Angeklagten gemäß § 259 Z 3 StPO; eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ist demnach entbehrlich.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Gerhard Gottfried T*****, Werner G*****, Helmut Maria Z***** und Franz Ferdinand H***** war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen, daß die Genannten von der wider sie wegen Verbrechens bzw wegen Vergehens des versuchten schweren Betruges (auch in Form der Bestimmungstäterschaft) erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen werden.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

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