Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält (der Freispruch von der rechtlichen Kategorie ist verfehlt, aber unschädlich - Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) - wurden (jeweils in der bis 31. Dezember 2007 gültigen Fassung des SMG) Roland S***** der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster bis sechster Fall SMG (I 1), des Verbrechens nach §§ 12 zweiter Fall StGB, 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I 2) und des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I 3) sowie Philipp K***** und Christian Sch***** je der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter, vierter, fünfter und sechster Fall SMG (II 1), des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II 2) und des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II 3) schuldig erkannt. Danach haben sie den bestehenden Vorschriften zuwider
I) Roland S***** in Reichersberg und anderen Orten
1) von 2002 bis Mai 2007 in wiederholten Angriffen verschiedene Suchtgifte wie Cannabisharz und -kraut sowie Amphetamine (Speed) erworben, besessen, zum Teil (in Bezug auf Cannabiskraut) erzeugt, zum Teil von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt (in Form des § 12 2. Fall StGB) sowie anderen überlassen,
2) von zumindest Februar 2005 bis Februar 2007 die Mitbeschuldigten Philipp K***** und Christian Sch***** dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), für ihn in wiederholten Angriffen Suchtgifte, deren Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht, nämlich rund 2.880 Gramm „Speed" brutto mit zumindest 432 Gramm Reinsubstanz Amphetamin von Deutschland aus- und nach Österreich einzuführen, indem er diese aufforderte, das Suchtgift für ihn zu besorgen, und er wusste, dass diese das Suchtgift in Burghausen/BRD erwerben werden,
3) von 2003 bis Anfang Mai 2007 in wiederholten Angriffen Suchtgifte, deren Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht, nämlich zumindest 29.500 Gramm Cannabiskraut und -harz brutto mit zumindest 1.475 Gramm Reinsubstanz Delta 9-THC (73-fach große Menge) sowie zumindest 2.600 Gramm „Speed" brutto mit zumindest 390 Gramm Reinsubstanz Amphetamin (39-fach große Menge) durch gewinnbringenden Verkauf sowie unentgeltliche Überlassung an im Urteil namentlich genannte Abnehmer „zum Teil" in Verkehr gesetzt, wobei er dabei mit der Absicht handelte, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von Suchtgiften (auch) in großen Mengen (§ 28 Abs 6 SMG) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,
II) Philipp K***** und Christian Sch***** von zumindest Februar 2005 bis Ende April 2007 in Geinberg und anderen Orten
1) in wiederholten Angriffen verschiedene Suchtgifte wie Cannabisharz und -kraut sowie „Speed" (Amphetamin) erworben, besessen, von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt sowie anderen überlassen,
2) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in wiederholten Angriffen Suchtgifte, deren Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht, nämlich rund 3.600 Gramm „Speed" mit zumindest 540 Gramm Amphetamin Reinsubstanz von Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt,
3) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in wiederholten Angriffen Suchtgifte, deren Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht, nämlich teilweise das zu
II) 2) erwähnte Amphetamin - rund 2.880 Gramm „Speed" mit zumindest 432 Gramm Reinsubstanz - sowie rund 15.600 Gramm Cannabiskraut und -harz brutto mit zumindest 780 Gramm Reinsubstanz Delta-9-THC (39-fach großen Menge) durch gewinnbringenden Verkauf an (vor allem) Roland S***** sowie weitere Suchtgiftabnehmer in Verkehr gesetzt, wobei sie dabei mit der Absicht handelten, sich durch den wiederkehrenden Suchtgiftverkauf (auch) in großen Mengen (§ 28 Abs 6 SMG) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Roland S***** stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde dagegen auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO, Philipp K***** und Christian Sch***** machen in einem gemeinsamen Schriftsatz die Z 5 und 5a leg cit geltend.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****:
Der Beweisantrag auf „Einholung einer Bankauskunft von der Sparkasse Riedau zum Beweise dafür, dass der Angeklagte S***** zumindest seit dem Jahr 2000 Schulden gehabt hat und diese sich im Laufe der Jahre sukzessive erhöht haben" (S 340/II), bezog sich sinnfällig auf keinen für Schuld und Subsumtion bedeutenden Umstand, also nicht auf eine entscheidende Tatsache. Er blieb daher der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unentsprochen (US 15 f). Das ergänzende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde ist unbeachtlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325) - der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass eine gewerbsmäßige Intention nicht zwingend mit aktuell gewinnbringender Tätigkeit zusammenfallen muss (Jerabek in WK2 § 70 Rz 13).
Die Mängelrüge (Z 5) ergeht sich mit dem Monieren der Nichterörterung einer Passage der Aussage des Zeugen D***** in verfahrensfremden Spekulationen, weil dieser Polizist zwar angegeben hatte, bei einem Totalwiderruf bisheriger Aussagen würde von der ermittelnden Polizei kein eigenes Protokoll aufgenommen werden, gleich danach aber deponierte, dass er sich an eine derartige Situation im Gegenstand nicht erinnern könne (S 305/II). Im Rahmen der allgemeinen Würdigung des Zustandekommens der Einlassungen der Angeklagten vor der Sicherheitsbehörde (US 10 ff) mussten somit die genannten Beweisergebnisse nicht gesondert erwähnt werden, um § 270 Abs 2 Z 5 StPO Genüge zu tun. Die weiteren Ausführungen des Nichtigkeitswerbers zum Wert der Verantwortungen der Angeklagten vor der Polizei verlassen den Anfechtungsrahmen des kollegialgerichtlichen Verfahrens, das eine Berufung wegen Schuld nicht kennt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten K***** und Sch*****:
Mit der Kritik fehlender Begründung des Beginns des Tatzeitraums (bereits) mit Februar 2005 (statt mit Juli/August dieses Jahres) spricht die Mängelrüge (Z 5 - und gleichlautend die Tatsachenrüge [Z 5a]) fallbezogen (siehe etwa RIS-Justiz RS0098693) keine entscheidende Tatsache an, weil die Qualifikationen nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG (idF vor BGBl I 2007/110) der Fakten II 2 und II 3 selbst durch einen nur rund sechs Monate kürzeren Deliktszeitraum nicht tangiert werden.
Zu Unrecht behaupten die Beschwerdeführer einen Widerspruch zwischen der Feststellung „guter Qualität" der tatverfangenen Amphetamine (US 8) und der Annahme eines Reinheitsgehalts dieser Substanzen von 15 % als „durchschnittliche Straßenqualität" (US 16); letzteres bedarf als notorisch und mangels Aufzeigens entgegenstehender Verfahrensergebnisse keiner weiteren Erörterung (RIS-Justiz RS0098570), zumal dies bereits in der Anklageschrift (ON 35) angesprochen worden war (RIS-Justiz RS0113755).
Die an Hand deren Angaben (S 69/I = 71/II; S 91/I = 51/II) angestellten Rechenoperationen hinsichtlich der Mengen an Cannabisprodukten, die der Zweit- und der Drittangeklagte für den Erstangeklagten besorgten (II 3), vernachlässigen die unstrittigen, derart in Verkehr gesetzten Mengen an Amphetaminen (US 7 f), die allein schon die Subsumtion unter § 28 Abs 4 Z 3 SMG (idF vor BGBl I 2007/110) rechtfertigen, und betreffen daher keine entscheidenden Tatsachen.
Die Kritik an unterbliebenen Erhebungen zu Fahrten der beiden Nichtigkeitswerber nach Wien (wo sie die Cannabisprodukte besorgten) verkennt, dass mit Mängelrüge eine Unvollständigkeit der Sachverhaltsaufklärung nicht geltend gemacht werden kann (Fabrizy StPO9 § 281 Rz 44). Dass die Beschwerdeführer an entsprechender Antragstellung gehindert gewesen wären, behaupten sie nicht einmal (vgl RIS-Justiz RS0114036).
Die Feststellung von „Geldschwierigkeiten" der Angeklagten (US 7) hatte ersichtlich deren Motiv für ihre Delinquenz im Auge und bedurfte daher als für die Annahme gewerbsmäßiger Absicht weder entscheidend noch fallbezogen erheblich keiner näheren Begründung durch die Tatrichter (RIS-Justiz RS0088761).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen einer dazu erstatteten Äußerung des Angeklagten S***** - bereits bei nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Erledigung der Berufungen (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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