Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
G r ü n d e :
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Katharina L***** der Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3 StGB (I./) und des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB (II./) sowie der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (III./a./ bis c./) und nach § 223 Abs 1 StGB (III./d./) schuldig erkannt.
Danach hat sie
I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Verwendung falscher Urkunden, zu Handlungen verleitet, die Friedrich H***** an seinem Vermögen um mehr als 50.000 Euro, nämlich um 271.549,03 Euro schädigten, und zwar:
1./ im Juni 2007 in Zell am See Friedrich H***** durch Vorgabe, für ihn in Deutschland einen Porsche Carrera Cabrio günstig zu erwerben, zur Ausfolgung von 55.000 Euro und 44.000 Euro;
2./ von 10. bis 16. August 2007 in Zell am See Verfügungsberechtigte der B***** AG durch Vorlage „der von ihr ausgefüllten und von Friedrich H***** zuvor erschlichenen Blankoüberweisungsbelege“, mithin unter Verwendung falscher Urkunden, und durch die Vorgabe, dieser habe zugestimmt, zur Durchführung von drei Überweisungen, und zwar von 45.000 Euro und 48.500 Euro von einem Konto des Friedrich H***** auf zwei ihrer Konten und von 14.750 Euro von einem Konto des Friedrich H***** auf ein Konto ihres Sohnes Johann-Benjamin K*****;
3./ am 13. und am 14. September 2007 in Zürich und Zell am See Verfügungsberechtigte der U***** durch Vorlage einer Friedrich H***** herausgelockten Bankvollmacht und die Vorgabe, dieser habe nachfolgenden Transaktionen betreffend eines seiner Konten zugestimmt, und zwar zur Auszahlung von 10.000 CHF (6.079,03 Euro) und 8.000 Euro an sie sowie zur Überweisung von 50.220 Euro auf das Konto ihres Zahnarztes Dr. E***** in *****;
II./ vom 13. August bis zumindest zum 18. Oktober 2007 Friedrich H***** im Urteil im Einzelnen angeführte Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert von insgesamt 498.331 Euro durch Einbruch mittels herausgelockter, mithin widerrechtlich erlangter Schlüssel mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen;
III./ nach dem 10. August 2007 „dadurch, dass sie drei von Friedrich H***** mit Datum 9. August 2007 ausgestellte Urkundenblanketten durch nachträgliches Erstellen von Texten mit einem PC und durch Ausdrucken auf einem Laserdrucker ohne Wissen und Willen des Friedrich H***** erstellte und an ihren Rechtsanwalt sowie die Polizei übergab, falsche Urkunden zum Beweis von Rechtsverhältnissen im Rechtsverkehr gebraucht, und zwar:
a./ die Urkunde ‘Inventarverkauf' zum Beweis des rechtmäßigen Ankaufs von Gegenständen von Friedrich H*****,
b./ die Urkunde ‘Kaufvereinbarung' zum Beweis des rechtmäßigen Erwerbs des Pkw Toyota Lexus H***** und
c./ die Urkunde ‘Letztwillige Verfügung' zum Beweis der ihr erteilten Ermächtigung zur Durchführung bzw Abhandlung des letzten Willens des Friedrich H***** mit dem öffentlichen Notar Dr. B*****;
(III./)d./ im Jahr 2007 durch „Erstellen einer Urkunde betreffend Anlagebestätigung“ der O***** eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz auf Gebrauch im Rechtsverkehr, nämlich zum Beweis dafür, dass sie die von Friedrich H***** erhaltenen zumindest 99.000 Euro treuhändig veranlagt habe, hergestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 1, 3, 4 und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Z 1) entsprach die Besetzung des Schöffengerichts mit einer Berufsrichterin und zwei Schöffen angesichts der Novellierung durch BGBl I 2009/52, mit welcher der letzte Satz des § 32 Abs 1 StPO dahin geändert worden war, dass das Landesgericht als Schöffengericht aus einem Richter und zwei Schöffen besteht, dem Gesetz. Die gegenteilige, im Erlass des BMJ vom 17. Juni 2009 über die Änderungen des StGB, der StPO, des JGG, des StAG und des StVG durch das Budgetbegleitgesetz 2009, JMZ 894000L/4/II3/09, JABl 2009/15, geäußerte Rechtsansicht, wonach für die Änderung der Senatszusammensetzung bei den Landesgerichten als Schöffengerichten „vom Grundsatz der perpetuatio fori auszugehen“ und demnach das Strafverfahren in der Besetzung zu führen sei, die im Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Anklage gesetzlich vorgesehen gewesen ist, vermengt Gerichtsbesetzung mit Gerichtszuständigkeit (RIS-Justiz RS0125534).
Der auf § 281 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 252 Abs 1 StPO gestützte Einwand eines Verstoßes „gegen das Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 StPO“ wird dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) nicht gerecht:
Nach Neudurchführung der Verhandlung wegen Zeitablaufs (§ 276a StPO, ON 202 S 10) hatte der Verteidiger an verschiedenen Verhandlungstagen mehrere Erklärungen abgegeben, in denen er sich mit der Verlesung (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO) oder dem Vortrag (§ 252 Abs 1 Z 2a StPO) bestimmter Aktenteile einverstanden erklärte, darunter die Erklärung, der Verlesung von Aktenstücken mit Aussagen jener Personen, die in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommen worden sind, zuzustimmen, mit dem Beifügen, bei den übrigen werde eine Zustimmung nicht erteilt, sofern in der Folge nicht ausdrücklich Gegenteiliges erklärt werde (ON 223 S 60, ON 224 S 14; siehe im Übrigen die Erklärungen des Verteidigers ON 202 S 15, ON 223 S 36, 57 und 59, ON 224 S 8; vgl auch ON 223 S 60, ON 224 S 14 bis 16).
Dem ungerügten Protokoll der Hauptverhandlung zufolge wurden zahlreiche Stücke des vielbändigen Akts einverständlich verlesen (§ 252 Abs 1 Z 4 StPO) oder von der Vorsitzenden referiert (§ 252 Abs 1 Z 2a StPO). Prozessordnungskonform hätte es statt des pauschalen Beschwerdeeinwands eines Verstoßes „gegen das Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 StPO“ eines konkreten Vorbringens bedurft, welche Aktenstücke im Einzelnen nach Ansicht der Angeklagten entgegen diesem (beschränkten) Verbot in der Hauptverhandlung verlesen worden seien (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; Ratz, WK-StPO § 285d Rz 10).
Die weitere Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung der in der Hauptverhandlung (ON 224 S 8 f) gestellten Beweisanträge auf
- Vernehmung des Olivier T*****, eines Sachbearbeiters der U***** in Zürich, „als Zeuge zum Beweis dafür, dass Genannter mit dem derzeit abwesenden Friedrich H***** vor Unterfertigung der Vollmacht vom 10. August 2007 ein Telefonat geführt hat, in welchem es um die Verfügungsberechtigung und Erteilung der Vollmacht durch H***** an die Angeklagte in Berechtigung der Durchführung der Geldtransaktionen gemäß Pkt 3“ (gemeint: I/3) „der Anklageschrift ging und Vollmachtserteilung und Berechtigung Wissen und Willen des Friedrich H***** waren“, und
- „Durchführung und Beschaffung der Einreiseerklärungen des Friedrich H***** bei der südafrikanischen Einreisebehörde“ zum Beweis dafür, „dass Friedrich H***** Angaben über einen längeren Aufenthalt in Südafrika gemacht hatte und aus dieser Gegebenheit die Verwahrhandlungen der Angeklagten im Zusammenhang mit den Wertgegenständen und Berechtigungen gerechtfertigt waren“.
Durch das abweisende Zwischenerkenntnis (ON 224 S 12 ff) wurden Verteidigungsrechte nicht geschmälert:
Zum ersten Antrag ging das Schöffengericht ohnedies von der Annahme des unter Beweis gestellten Telefonats und dem Vorliegen einer Vollmacht des Friedrich H***** vom 10. August 2007 aus (ON 224 S 13). Weshalb der begehrte Zeuge - der als solcher über die Wahrnehmung von Tatsachen auszusagen hat (RIS-Justiz RS0097477, RS0097540) - in der Lage sein sollte, über „Wissen und Willen“ des Genannten zu berichten, blieb bei der Antragstellung im Dunkeln.
Warum das zum zweiten Beweisbegehren genannte Thema mit Blick auf die dem Erstgericht bereits vorgelegenen Beweisergebnisse in der Lage gewesen wäre, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0118444; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 341) wurden bei der Antragstellung ebenso wenig dargelegt.
Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 4) sind in der Hauptverhandlung getroffene Entscheidungen über Ablehnungsanträge (ON 202 S 18 ff) nicht mehr Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 132, 386).
Befangenheit bildet seit 1. Jänner 2008 einen Fall der Ausgeschlossenheit (Z 1). Sie liegt vor, wenn ein Richter an eine Rechtssache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantritt, somit die Hemmung einer unparteiischen Entscheidungsfindung durch unsachliche psychologische Motive gegeben ist (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 9; RIS-Justiz RS0096914, RS0096880).
Die Beschwerde ist, auch wenn man sie insoweit als Besetzungsrüge (Z 1) auffasst, nicht an der Prozessordnung orientiert, indem sie - entgegen dem Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) - bloß vorbringt, das Verhalten der Senatsmitglieder zeuge „von einer ,gewissen' Voreingenommenheit“ gegenüber der Angeklagten. Die bloß subjektive Besorgnis einer Befangenheit genügt im Übrigen nicht (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 10; RIS-Justiz RS0097086).
Die Sanktionsrüge (Z 11) bringt mit dem Einwand, dass den Milderungsgründen zu wenig und den Erschwerungsgründen zu viel Gewicht beigemessen worden sei, Berufungsgründe vor (RIS-Justiz RS0099920).
Das abschließende Beschwerdevorbringen zu den verfahrensaktuellen Möglichkeiten der „Willens- und Wissenserforschung“ lässt keine Orientierung an den gesetzlichen Anfechtungsmöglichkeiten erkennen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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