Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurden Karl S***** (als unmittelbarer Täter: Punkt I des Urteilssatzes) und Walter Z***** (als Bestimmungstäter: II) der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (B und C) und Abs 2 lit a (A) FinStrG schuldig erkannt.
Darnach haben, zusammengefasst wiedergegeben,
(zu I) Karl S***** als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L***** Gastronomiebetriebs- und Handels GmbH vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen eine Verkürzung nachangeführter Abgaben bewirkt, und zwar
A) von 1993 bis 1994 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe
von dem § 21 Umsatzsteuergesetz 1972 bzw 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine für gewiss gehaltene Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen des Jahres 1993 im Ausmaß von 1,065.701 S und des Jahres 1994 von 597.528 S, zusammen daher in der Höhe von 1,663.229 S (= 120.871,57 EUR) sowie
B) von 1987 bis 1992 unter Verletzung einer abgabenrechtlichen
Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtigerklärung von Erlösen und Gewinnen dieser Jahre eine Verkürzung bescheidmäßig festzustellender Abgaben an Umsatzsteuer in der Höhe von insgesamt 5,978.652 S, an Alkoholabgabe in der Höhe von 4,687.509 S, an Körperschaftssteuer in der Höhe von 2,975.316 S, zusammen daher im Ausmaß von 16,018.162 S (= 1,640.852,20 EUR), und
C) von 1987 bis 1994 unter Verletzung einer abgabenrechtlichen
Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch verdeckte Gewinnausschüttung eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer für diese Jahre in der Gesamthöhe von 11,389.649 S (= 827.721,34 EUR), und
(zu II) Walter Z***** als faktischer Machthaber der L***** Gastronomiebetriebs- und Handels GmbH vorsätzlich in mehreren Tathandlungen den de iure Geschäftsführer der GmbH, Karl S*****, zu den unter I angeführten Abgabenhinterziehungen bestimmt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, die sie auf die Gründe der Z 4, 5 und 9 lit a, S***** auch auf die Z 5a des § 281 Abs 1 StPO stützen; sie sind jedoch nicht berechtigt.
Das Vorbringen der beiden Angeklagten zur Verfahrensrüge (Z 4) gibt zunächst Anlass, darauf hinzuweisen, dass notwendige Voraussetzung für eine Rüge aus Z 4 stets ein formell richtig gestellter Antrag (oder ein nach Art von Anträgen substantiierter Widerspruch) sowie ein gegen den Antrag (oder Widerspruch) gefälltes Zwischenerkenntnis oder die Nichterledigung des Antrages ist (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 302). Der Beschwerdeführer kann sich ferner nur auf Anträge berufen, die er selbst gestellt oder denen er sich, so sie von anderen Parteien gestellt wurden, unmissverständlich angeschlossen hat und schließlich muss der Antrag einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand betreffen (vgl Ratz aaO Rz 324, 322).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Karl S*****:
Soweit (daher) dieser Beschwerdeführer die Abweisung des vom Mitangeklagten Walter Z***** gestellten Antrages auf Einholung eines Buchsachverständigengutachtens (S 517/III) bekämpft, ist er zur Erhebung der Verfahrensrüge (Z 4) nicht legitimiert, weil er sich diesem Antrag nicht angeschlossen hat (Mayerhofer StPO4 § 218 Z 4 E 35, 36).
Der in der Hauptverhandlung vom 19. September 2001 beantragte Sachverständige aus dem Fachbereich der Gastronomie wiederum soll den Nachweis erbringen, dass "der der Schätzung zugrunde gelegte Rohaufschlagskoeffizient (RAK) von 3,66 % für diese Lokale zu hochgegriffen" und "die Schätzungsgrundlage unrichtig ermittelt ist" (S 517/III). Dieser Beweis konnte indes ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil dieser durchschnittliche Rohaufschlagskoeffizient vom Schöffensenat unter Bezugnahme auf die Erfahrungen des sachkundigen Finanzbeamten P***** (vgl S 479/III) in freier Beweiswürdigung als branchenüblich eingestuft wurde und zudem mit den Angaben des Steuerberaters der Angeklagten übereinstimmt. Die unsubstantiierte Behauptung, dieser Rohaufschlagskoeffizient sei "für diese Lokale zu hoch gegriffen", zielt demgegenüber bloß auf die Aufnahme eines unzulässigen Erkundungsbeweises ab, der vom Schöffensenat zu Recht abgewiesen wurde.
Der Beschwerdeführer übergeht ferner, dass als Basis der vorgenommenen Schätzung, deren Berechtigung in der mängelfrei konstatierten Manipulation des Rechenwerkes begründet ist (US 8 f, 19), die für glaubwürdig beurteilten Einschätzungen des Manfred H***** vor der Finanzbehörde (US 18 Mitte iVm S 511/II) und die denkfolgerichtigen Erwägungen zu den Erlösen aus den unverbucht gebliebenen Gassenverkäufen (US 18, 19) herangezogen wurden, wonach der für das Ausmaß der Steuerverkürzung relevante tägliche Bruttoumsatz 70.000 S betrug (US 17).
Die Beantwortung der Frage, ob und in welcher Höhe Einnahmen nicht in die Buchhaltung aufgenommen wurden, konnte mangels vollständiger Geschäftsunterlagen keinesfalls Gegenstand eines Sachverständigengutachtens sein und oblag damit ausschließlich den Tatrichtern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (Mayerhofer aaO E 123a).
Der in der Mängelrüge (Z 5) vorgetragenen Kritik an der Annahme eines täglichen Bruttoumsatzes von 70.000 S zuwider wurde die bekämpfte Feststellung mit den als zuverlässig angesehenen Depositionen des Zeugen Manfred H***** und den empirisch einwandfreien Erwägungen zum unversteuerten Erlös aus dem Gassenverkauf zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) begründet (US 18 f). Mit den Angaben des Zeugen Gustav V***** musste sich das Gericht schon deshalb nicht näher auseinandersetzen, weil dieser Zeuge in der Hauptverhandlung am 6. Juni 2001 keine zweckdienlichen Angaben zum Tagesumsatz des Betriebes in der ***** machen konnte (S 119 f/III).
Dass der Beschwerdeführer als für die steuerlichen Agenden allein verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der L*****-GmbH im Wissen um die Erlösmanipulationen des Mitangeklagten Walter Z***** und mit deliktsspezifischem Vorsatz handelte, hat das Schöffengericht - dem weiteren, formell auf Z 5, inhaltlich auf Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Beschwerdevorwurf zuwider - unmissverständlich festgestellt (US 8, 9, 17). Konstatierungen zu dem nicht entscheidungsrelevanten Umstand, dass die Bilanzen vom Steuerberater abgegeben wurden, sind zu Recht unterblieben.
Soweit allgemein die finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit und im Speziellen die konstatierten Gewinnausschüttungen bestritten werden, wird kein formaler Begründungsmangel aufgezeigt, sondern in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen gesucht.
Auch im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) trachtet der Beschwerdeführer, unter Hervorhebung einzelner Verfahrensergebnisse nachzuweisen, dass er für die abgabenrechtlichen Agenden nicht zuständig gewesen sei und versucht damit ebenfalls nur, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung seiner vom Schöffengericht mit mängelfreier Begründung verworfenen Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Konstatierung, der zufolge ihn als handelsrechtlichen Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens die abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht traf (US 17 Mitte), werden solcherart auf Aktenbasis nicht aufgezeigt. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich verfehlt mit der urteilsfremden Behauptung, der Angeklagte hätte von den Manipulationen des Mitangeklagten Walter Z***** keine Kenntnis gehabt, eine gesetzesgemäße Ausführung (vgl US 8 f, 17).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Walter Z*****:
Soweit der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung des vom Mitangeklagten S***** in der Hauptverhandlung vom 19. September 2001 gestellten Antrages auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gastronomie remonstriert (Z 4), ist er hiezu nicht legitimiert, weil er diesem Beweisantrag nicht beigetreten ist (Mayerhofer aaO E 35, 36).
Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Sachgebiet der Buchprüfung zum Beweis dafür, dass die Buchhaltung ordnungsgemäß geführt wurde und die sich daraus ergebenden Steuern bzw Abgaben korrekt berechnet und auch abgeführt wurden und auch keine Abgaben hinterzogen wurden, wurde im Hinblick auf die festgestellten Buchhaltungsmanipulationen vom Schöffensenat zutreffend abgelehnt.
Der in der neu durchgeführten Hauptverhandlung am 19. September 2001 aufrecht erhaltene Antrag auf Beischaffung der Buchhaltung der Firma B***** und Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Miteinbeziehung der Buchhaltung der Firma L***** zum Beweis dafür, "dass sämtliche Einkäufe bei der Firma B***** korrespondierend aufgezeichnet wurden und seitens der Firma L***** mittels Scheck vom Bankkonto der Firma L***** GmbH abgebucht wurden" (S 157, 159 iVm S 515/III), betraf keine entscheidende Tatsache, weil nach den mängelfrei begründeten Urteilsannahmen nicht der "Schwarzeinkauf" von Speiseöl, sondern die Verschleierung tatsächlicher Erlöse maßgeblich war (insb US 20 Mitte). Dem Begehren auf Vernehmung der Renate H***** und neuerliche Vernehmung des Gustav P***** (richtig: V*****) zum Beweis dafür, "dass zum Zeitpunkt der Steuerprüfung die Kassastreifen wie auch die Kontrollstreifen der Kassa, sohin die Grundaufzeichnungen vorhanden waren und dass weder diese noch die Buchhaltungsunterlagen mitgenommen wurden, aber auch die Betreiber der Geschäftslokale zur Herausgabe dieser Sachen nicht aufgefordert worden sind" (S 77/IV), mangelt es an der erforderlichen Präzisierung, aufgrund welcher Wahrnehmungen die genannten Zeugen zweckdienliche Angaben zu den unter Beweis zu stellenden Tatsachen machen könnten. Außerdem hat die Zeugin Renate H***** (früher: V*****) als ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers anlässlich ihrer Vernehmung beim Finanzamt für Körperschaften am 24. Februar 1994 ihr Entschlagungsrecht (§ 152 Abs 1 Z 2 StPO) in Anspruch genommen (S 63, 65/IV), konnte aber zur Hauptverhandlung am 19. September 2001 nicht vorgeführt werden (S 139/IV), weshalb auch zur Durchführbarkeit dieses Beweisantrages bei Antragstellung Ergänzungen erforderlich gewesen wären. Die in der Beschwerde nachgetragenen spekulativen Erwägungen zur Beweisrelevanz bedürfen aufgrund des Neuerungsverbotes keiner Erwiderung (Mayerhofer aaO E 40, 41).
Der Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite geht ebenfalls fehl. Mangels eines Geständnisses können Konstatierungen zum inneren Vorhaben des Täters nur durch eine lebensnahe Beurteilung seines äußeren Verhaltens getroffen werden. Mit dem Hinweis auf den konkreten "modus operandi", wonach der Angeklagte durchwegs nur die reduzierten Tageslosungen zum Zwecke der Abgabenhinterziehung in die Buchhaltung aufnehmen ließ (US 8 f, 17), werden die deliktsspezifischen Vorsatzelemente fallbezogen mängelfrei begründet.
Warum die Bejahung der rechnerischen Richtigkeit der "offiziellen" Buchhaltung zur Annahme der steuerschädlichen Einnahmensverschweigung in einem unauflöslichem Widerspruch stehen soll (Z 5), wird in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargelegt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO). Mit den sowohl in der Mängel- (Z 5) als auch in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behaupteten Feststellungsdefiziten zur "konkreten Anstiftungshandlung" wird kein materieller Nichtigkeitsgrund aufzeigt. Denn zufolge der durch § 11 FinStrG institutionalisierten Einheitstäterschaft sind die drei Täterschaftsformen rechtlich gleichrangig. Somit ist es rechtlich unerheblich, dass das Verhalten des Beschwerdeführers nach der Sachverhaltsgrundlage rechtsrichtig als Beitragstäterschaft iSd § 11 dritter Fall FinStrG zu beurteilen gewesen wäre (Dorazil/Harbich FinStrG § 11 Anm 1 f sowie E 2a, 2b, 19e, 24; Fabrizy in WK2 § 12 Rz 119 ff; Mayerhofer aaO § 281 Z 10 E 55, 56). Die tatfördernden Beitragshandlungen des Angeklagten werden aber - was die Beschwerde prozessordnungswidrig übergeht - auf US 8, 9 und 17 deutlich festgestellt.
Mit der Behauptung, die erzielten Umsätze hätten nicht geschätzt, sondern an Hand der vorgelegten Buchhaltung ermittelt werden müssen, wird kein Rechtsfehler aufgezeigt, sondern einmal mehr die zu Ungunsten des Rechtsmittelwerbers ausgefallene tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft.
Gleiches gilt für die abschließenden Beweiswerterwägungen, mit denen der Nichtigkeitswerber abermals nur seine vom Schöffengericht mängelfrei abgelehnte Sachverhaltsdarstellung durchsetzen will. Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als nicht gesetzesgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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