OGH 11Os1/96(11Os11/96)

OGH11Os1/96(11Os11/96)13.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brunner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kurt Josef B***** wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach §§ 232 Abs 2, 241 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 21. September 1995, GZ 23 Vr 34/95-19, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß gemäß § 494 a StPO vom selben Tag, S 181 iVm ON 19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, und des Verteidigers Mag.Bertsch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung veranlaßten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt Josef B***** des Verbrechens der Geldfälschung nach §§ 232 Abs 2, 241 StGB schuldig erkannt, weil er am 10. November 1994 in St. Gallen gemeinsam mit den abgesondert verfolgten Peter B***** und Peter St***** als Mittäter 1.157 nachgemachte Hundert-US-Dollar-Banknoten im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann (nämlich einem nicht näher identifizierten Paolo) mit dem Vorsatz übernommen hat, das Falschgeld als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die nicht berechtigt ist.

Das Delikt der Geldfälschung in der Begehungsform nach § 232 Abs 2 StGB erfaßt die Übernahme von Falschgeld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz, daß dieses als echt und unverfälscht in Verkehr gebracht wird.

Der in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobene Vorwurf, das Ersturteil enthalte keine Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite vernachlässigt den tatsächlichen Inhalt der Entscheidungsgründe. Denn nach diesem wird dem Angeklagten unmißverständlich die Organisation und Überwachung der Übergabe der Falsifikate von Peter B***** an Peter St***** mit dem erwähnten (Verbreitungs-)Vorsatz zur Last gelegt (US 6 bis 8). Die behaupteten Feststellungsmängel liegen demnach nicht vor.

Die ebenfalls im Rahmen der Rechtsrüge (der Sache nach Z 10) relevierte Frage, ob der Beschwerdeführer anstatt (unmittelbarer) Mittäterschaft nur Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) zu verantworten habe, kann wegen der rechtlichen Gleichwertigkeit der in § 12 StGB beschriebenen Beteiligungsformen auf sich beruhen, weil auch die rechtsirrige Annahme einer unrichtigen Täterschaftsform keine Urteilsnichtigkeit zu begründen vermag (Fabrizy WK § 12 Rz 102). Für den sohin nicht relevanten Beschwerdestandpunkt spricht allerdings, daß der Urteilssachverhalt keine Anhaltspunkte dafür bietet, daß der Angeklagte Verfügungsgewalt (auch nur in Form eines Mitgewahrsams) über das in Rede stehende Falschgeld erlangt hat (vgl Kienapfel WK § 232 Rz 59; RZ 1986/50 mit Anm Kienapfel).

Letztlich versagt auch der Einwand, der Subsumtionsrüge (Z 10), es liege lediglich Deliktsversuch vor, weil das Falschgeld infolge Rückstellung durch Peter St***** an den Übergeber Peter B***** nicht in Verkehr gesetzt worden sei. Abgesehen davon, daß die Beschwerdebehauptung, St***** sei als "verlängerter Arm" des B***** anzusehen, urteilsfremd und daher unbeachtlich ist, übersieht der Nichtigkeitswerber, daß das Delikt der Geldfälschung im Falle des § 232 Abs 2 StGB bereits mit der Übernahme des Falschgeldes zur Verbreitung vollendet ist. Daß die Falsifikate tatsächlich in Verkehr gesetzt wurden, ist zur Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich (SSt 48/77; EvBl 1977/263; 1978/90; 11 Os 206/85). Der Beschwerdeauffassung zuwider kommt deshalb dem der Übernahme nachfolgenden Täterverhalten keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Da nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen am gegenständlichen Falschgeld Verfügungsgewalt begründet wurde, hat das Erstgericht zu Recht Deliktsvollendung angenommen. Damit ist auch den weiteren Erwägungen der Rechtsrüge (abermals Z 9 lit a) zur Frage allenfalls bloß versuchten (und damit straflosen) Beitrages (§ 15 Abs 2 StGB) der Boden entzogen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aber auch den Berufungen und der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Das Schöffengericht hat bei der Strafbemessung als erschwerend das getrübte Vorleben des Angeklagten, als mildernd sein Geständnis zumindest in tatsächlicher Hinsicht berücksichtigt. Ausgehend davon hielt es eine Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr für tatschuldangemessen, den Widerruf der im Verfahren zum AZ 23 Vr 1529/93 des Landesgerichtes Feldkirch gewährten bedingten Strafnachsicht bei gleichzeitiger Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre indes nicht zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung für geboten (§ 53 Abs 1 StGB).

Die Staatsanwaltschaft strebt mit ihrer Berufung die Erhöhung der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe an. Zudem bekämpft sie den Beschluß, womit vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht abgesehen wurde. Der Angeklagte hinwider begehrt die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe.

Der Berufung des Angeklagten ist zunächst einzuräumen, daß seinen Vorverurteilungen die von § 33 Z 2 StGB vorausgesetzte Qualität der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB) in bezug auf die der gegenständlichen Verurteilung zugrundeliegenden Tat mangelt. Vorstrafen wegen Taten, die nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen wie die nunmehr abgeurteilte Tat sind aber nicht erschwerend, sie verhindern lediglich die Annahme des Milderungsgrundes nach § 34 Z 2 StGB. Mag dies das Erstgericht mit der Anführung des "getrübten Vorlebens" zum Ausdruck zu bringen versucht haben, so ist die Annahme der Vorstrafen als Erschwerungsgrund hier jedenfalls verfehlt. Dieser Umstand wird allerdings dadurch ausgeglichen, daß das Erstgericht das Tatsachengeständnis des Angeklagten als mildernd gewertet hat, wohingegen ein solches Tatsachengeständnis, also das Zugeben bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens, nach ständiger Judikatur nicht mildernd zu wirken vermag (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 9, § 34 RN 26).

Dem Angeklagten kommt demnach bei richtiger Beurteilung der Strafbemessungstatsachen kein Umstand als erschwerend, aber auch keiner als mildernd zu. Ausgehend davon und unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Strafbemessungsregeln des § 32 StGB entspricht die vom Erstgericht verhängte (gesetzliche Mindest-)Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten.

Die Berufung der Staatsanwaltschaft zeigt keine zusätzlichen Erschwerungsgründe auf; der Rückfall ist zwar bei Bewertung der Schuld zu berücksichtigen, er stellt aber keinen eigenen Erschwerungsgrund dar (Leukauf/Steininger aaO § 33 RN 8). Bei der Gesamtbeurteilung der Strafbemessungssituation besteht demnach auch zu einer Erhöhung der Freiheitsstrafe kein Anlaß.

Die vom Angeklagten begehrte bedingte Strafnachsicht scheitert aus spezialpräventiven Erwägungen schon im Hinblick darauf, daß die im Verfahren zum AZ 23 Vr 1529/93 des Landesgerichtes Feldkirch gewährte bedingte Strafnachsicht die angestrebte Wirkung nicht erzielt hat.

Schließlich teilt der Oberste Gerichtshof die Auffassung des Erstgerichtes, daß durch die gegenständliche Verurteilung in Verbindung mit der Verlängerung der Probezeit hinsichtlich der im vorangegangenen Verfahren gewährten bedingten Strafnachsicht eine ausreichende tatabhaltende Wirkung erzielt werden kann, weswegen auch der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, womit unter Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Verfahren zum AZ 23 Vr 1529/93 des Landesgerichtes Feldkirch abgesehen wurde, nicht Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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