OGH 11Os196/96

OGH11Os196/964.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. März 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner, Dr. Schmucker und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sprinzel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rainer Dieter G***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und einer anderen strafbaren Handlung, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 23. September 1996, GZ 14 U 5/93-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 23. September 1996, GZ 14 U 5/93-12, auf endgültiges Absehen von der Verhängung einer Strafe verletzt das Gesetz in dem aus dem XX.Hauptstück der Strafprozeßordnung abzuleitenden Grundsatz der Bindungswirkung gerichtlicher Entscheidungen.

Dieser Beschluß wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit - gemäß § 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem - Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 29. März 1993, GZ 14 U 5/93-5, wurde der am 31. März 1978 geborene, sohin jugendliche Beschuldigte Rainer Dieter G***** des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.

Mit - gleichfalls gemäß § 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem - Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 12. Februar 1996, GZ 14 U 161/95-18, wurde der Genannte des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB schuldig erkannt und unter Einbeziehung des oben bezeichneten Schuldspruches (§ 15 Abs 1 JGG) zu einer Gesamtstrafe (§ 494 a Abs 1 Z 3 StPO) von 30 Tagessätzen verurteilt, welche unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf zwei weitere Verurteilungen desselben Gerichtes verhängt wurde.

Ungeachtet dieser Entscheidung sprach das Bezirksgericht Wels im Verfahren 14 U 5/93 dem Antrag des Bezirksanwaltes entsprechend mit rechtskräftigem Beschluß vom 23. September 1996 (ON 12) aus, daß von der Verhängung einer Strafe endgültig abgesehen werde (§ 15 Abs 3 zweiter Satz JGG).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der im Verfahren 14 U 161/95 des Bezirksgerichtes Wels gemäß § 15 Abs 1 JGG erfolgte nachträgliche Strafausspruch vom 12. Februar 1996 entfaltete eine Bindungswirkung, derzufolge das Gericht ohne vorangegangene Aufhebung des Urteils nicht berechtigt war, über den Entscheidungsgegenstand neuerlich abzusprechen. Das Bezirksgericht Wels hat daher durch seine Beschlußfassung vom 23. September 1996 im Verfahren 14 U 5/93 eine Entscheidungskompetenz rechtswidrig in Anspruch genommen (EvBl 1989/64 = JBl 1989, 400; 11 Os 119,120/94 ua).

Dieser Beschluß konnte weder den schon vorher rechtswirksam (und rechtskräftig) erfolgten nachträglichen Strafausspruch beseitigen noch sonst für den Verurteilten irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen; die konstitutive Wirkung des nachträglichen Strafausspruchs blieb vielmehr hievon unberührt. Da somit der Beschluß vom 23. September 1996 für Rainer Dieter G***** keinerlei Rechtswirkung entfalten konnte, war er - ohne daß damit ein Nachteil für den Verurteilten verbunden wäre - durch Aufhebung zu beseitigen (siehe abermals die vorstehend zitierte Judikatur).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte