OGH 11Os194/82

OGH11Os194/822.2.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Februar 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mangi als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 6. Oktober 1982, GZ. 2 a Vr 8.127/82-35, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Weber und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Dezember 1954 geborene beschäftigungslose Hilfsarbeiter Josef A des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der B (Filiale Wien 12., Breitenfurterstraße) unter Benützung teils falscher und teils verfälschter Urkunden durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorspiegelung, ein befugter und redlicher Bankkunde zu sein, zur Ausfolgung von insgesamt 2.500 S Bargeld zu Lasten des Kontos der Eva C verleitete, welche zuerst die Österreichische B, letztlich dann die Eva C im angeführten Betrag am Vermögen schädigte, und zwar am 3.August 1981 dadurch, daß er eine von Eva C ausgestellte Vollmacht zur Behebung von 500 S von ihrem Konto durch Voransetzen der Ziffer '1' auf einen Betrag von 1.500 S verfälschte sowie am 10. und am 12.August 1981

dadurch, daß er jeweils Vollmachten zur Behebung von 500 S und 1.000 S von ihrem Konto mit dem Namenszug der Eva C selbst anfertigte. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Ziffer 9 lit. a (der Sache nach Z. 9 lit. c) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er ausführt, der Vermögensschaden sei primär und unmittelbar nicht im Vermögen der B, sondern im Vermögen seiner (damaligen) Lebensgefährtin Eva C eingetreten (§ 166 Abs. 1 StGB.), weil dieser von der Bank ein (durch die Handlungen des Angeklagten nicht überschrittener) überziehungskreditrahmen eingeräumt war und die überziehung bereits wenige Tage nach Auszahlung der in Rede stehenden Beträge durch den schon zum Tatzeitpunkt mit Sicherheit zu erwartenden 'regelmäßigen und üblichen monatlichen Zahlungseingang' auf dem Konto der Eva C zur Gänze abgedeckt wurde; es fehle zur Aburteilung dieser Tat an der nach dem Gesetz (§ 166 Abs. 3 StGB.) erforderlichen Anklage. Der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.

Nach den Urteilsfeststellungen unterhielt der Angeklagte mit Eva C bis 19.August 1981 eine Lebensgemeinschaft. Auf dem Gehaltskonto der Eva C bei der Österreichischen B, Zweigstelle Breitenfurterstraße, gingen im Jahr 1981 um die Monatsmitte jeweils Beträge zwischen 6.000 S und 10.000 S ein. Von der ihr eingeräumten überziehungsmöglichkeit (bis zur Höhe eines Monatsgehaltes) machte Eva C regelmäßig Gebrauch. Am 27.Juli 1981 wies das Konto einen Sollstand von 387,03 S auf. Durch die Täuschungshandlungen vom 3. August, 10.August und 12.August 1981 gelang es dem Angeklagten, Angestellte der B zur Auszahlung von Barbeträgen von insgesamt 2.500 S zu verleiten, was - unter Berücksichtigung einer weiteren Kontobewegung im Soll - zu einer überziehung von 3.742,52 S führte, die erst durch einen Eingang in der Höhe von 7.160 S mit Wert 14. August 1981 abgedeckt wurde, sodaß der Kontoauszug an diesem Tag ein Guthaben von 3.417,48 S (insoweit unterlief dem Erstgericht in den Urteilsgründen ein nicht entscheidungswesentlicher Schreib- oder Rechenfehler; vgl. S. 164 und S. 145) aufwies.

Nach der Judikatur des Obersten Gerichshofes (vgl. RZ. 1982/34; EvBl. 1981/193) setzt die Annahme der Möglichkeit des Schadenseintrittes im Vermögen eines zum Täter im Verhältnis des § 166 StGB. stehenden Angehörigen durch Tathandlungen der in Rede stehenden Art voraus, daß im Zeitpunkt der Begehung des Betrugs ein Guthaben des Angehörigen auf dessen Konto besteht, das um den betrügerisch herausgelockten Betrag zumindest vorübergehend verringert wird. Die vorliegend auf Grund der vom Angeklagten präsentierten (zum Teil verfälschten, zum Teil falschen) 'Vollmachten' geleisteten Zahlungen vermochten hingegen schon deshalb keine Beeinträchtigung des Vermögens der Lebensgefährtin des Angeklagten im dargelegten Sinn zu bewirken, weil zu den jeweiligen Tatzeitpunkten kein Guthaben auf dem Konto der Eva C bestand und die ausgezahlten Beträge daher nicht aus deren Vermögen stammten, sondern unmittelbar aus einem durch die betrügerischen Handlungen veranlaßten, durch die Bank gewährten überziehungskredit, somit direkt aus dem Vermögen der Bank.

Der Umstand, daß es der kontoführenden Bank in der Folge gelang, eine Abdeckung des buchhalterisch entstandenen Debetsaldos durch den Kontoinhaber und damit eine Schadensüberwälzung zu erreichen, hat strafrechtlich ebensowenig Bedeutung, wie der Beschwerdeeinwand, daß der Bank aus der Manipulation des Angeklagten kein 'Kreditrisiko' entstanden sei. Denn für die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Betrug genügt es, daß der Schaden - wie vorliegend - zunächst bei einer anderen Person als einem Familienangehörigen (§ 166 StGB.) eintrat (LSK. 1980/161). Darauf, ob, wann und mit welch hoher Wahrscheinlichkeit Eingänge auf dem Konto zu erwarten sind, kommt es nicht an, zumal es dem Kontoinhaber in der Regel freisteht, über zu erwartende Eingänge bis zuletzt anders zu disponieren und überdies ein einem Organ der kontenführenden Bank anläßlich der zur Kontenbelastung führenden Vorgänge unterlaufenes Verschulden Hindernis für eine Schadensüberwälzung auf den Kontoinhaber sein könnte. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, vorliegend noch überlegungen rechtlicher Art für den Fall einer zur Tatzeit gegebenen Deckung des Kontos anzustellen.

Mangels Begehung der Tat im Familienkreis (§ 166 StGB.) liegt sohin dem angefochtenen Schuldspruch die vom Gesetz geforderte Anklage (des öffentlichen Anklägers) zugrunde, weshalb die geltend gemachte Nichtigkeit des Urteils nicht gegeben ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 147 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB. auf die Urteile des Kreisgerichtes Krems a.d.Donau vom 4.Mai 1982, GZ. 9 E Vr 97/82- 15, und des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8.September 1982, GZ. 2 a Vr 8.127/82-27, zu einer Freiheitsstrafe (als Zusatzstrafe) in der Dauer von sechs Monaten. Es wertete bei der Strafzumessung als erschwerend die Wiederholung der Betrugshandlungen, den - auch die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllenden - raschen Rückfall und die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstraftaten des Angeklagten, als mildernd sein reumütiges Geständnis.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes, ja sogar ein Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe anstrebt, kommt in gewissem Umfang Berechtigung zu. Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht richtig und vollständig festgestellt. Entgegen den Berufungsausführungen trat durch die Tat des Angeklagten ein Schaden (bei Eva C) ein. Es kann auch nicht davon gesprochen werden, daß der Angeklagte sich freiwillig (in nennenswertem Ausmaß) der Zufügung höheren Schadens enthalten hätte, war doch nach Lage des Falles bei einer Fälschung oder Verfälschung der 'Vollmachten' auf einen erheblich höheren Betrag wegen des damit verbundenen höheren Auffälligkeitswertes eine peniblere Kontrolle durch Bankangestellte zu erwarten. Dennoch erscheint dem Obersten Gerichtshof das vom Erstgericht gewählte Strafausmaß überhöht: Vorliegend fällt dem Angeklagten eine Schadenssumme von 2.500 S zur Last. Gegenstand der beiden Urteile, auf die Bedacht genommen wurde, war der durch keine Qualifikation beschwerte Diebstahl eines Geldbetrages von 500 S und der (in Gesellschaft zweier Komplizen) versuchte Diebstahl von (etwa einem Kanister) Superbenzin. Bei gemeinsamer Aburteilung aller dieser Taten wäre nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes trotz der ganz beträchtlichen Vorstrafenbelastung des Angeklagten vor allem im Hinblick auf die erwähnten Schadensbeträge unter Beachtung des allgemeinen Strafzumessungsgrundsatzes des § 32 Abs. 3 StGB. mit einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten vorzugehen gewesen. Dementsprechend war das Ausmaß der nun verhängten Zusatzstrafe zu mindern.

Die Kostenentscheidung ist in der im Spruch genannten Gesetzesstelle verankert.

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