Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hubert S***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (A) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er
A.) im November 1996 in Wien als faktischer Geschäftsführer der S***** GesmbH seine ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch seinem Machtgeber Erich N***** einen Schaden von 21,072.960 ATS (= 1,531.431,73 Euro) zugefügt, indem er den Anteil der B***** AG am Jahresgewinn der V***** Handels GesmbH in der Höhe von 21,072.960 ATS, der auf das Konto der S***** GesmbH über seine Veranlassung am 6. November 1996 überwiesen und am 8. November 1996 diesem Konto gutgebucht worden war, im eigenen und nicht im Interesse der Mitglieder der Familie N***** verwendete;
B.) im Mai 2003 in Wien „bzw" Ebreichsdorf eine falsche Urkunde, nämlich eine von ihm oder in seinem Auftrag hergestellte gefälschte (richtig: falsche) Promotionsurkunde, in der seine am 17. Juli 1984 durch ein „Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Zürich" erfolgte Promotion zum „Doktor der Wirtschaftswissenschaften" fälschlich bescheinigt wird, zum Beweis seiner Berechtigung zur Führung eines Doktortitels im Verfahren TZ 1746/03 des Bezirksgerichtes Ebreichsdorf gebraucht.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 9 lit a und 10 StPO.
Mit der Verfahrensrüge (Z 3) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Anerkennung der auf § 152 Abs 1 Z 4 StPO gegründeten Aussageverweigerung durch den Zeugen Michael U***** (S 61/V). Er verkennt dabei, dass § 152 (Abs 5) StPO - und somit auch § 281 Abs 1 Z 3 StPO - auf das Vorkommen eines Beweismittels in der Hauptverhandlung abstellt, also auf die Aufnahme bestimmter Zeugenbeweise (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 219, 221), weil etwa ein Entschlagungsrecht nicht anerkannt wurde. Gewährt jedoch das Gericht einem Zeugen die Befreiung von seiner Pflicht zur Aussage (§ 150 StPO) und ist eine Partei der Meinung, es läge kein rechtlich anerkannter Grund dafür vor, muss sie sich dagegen durch einen begründeten Antrag, dem Zeugen kein solches Recht einzuräumen, zur Wehr setzen. Die abschlägige (Senats-)Entscheidung (§ 238 StPO) kann als Anknüpfung einer Verfahrensrüge nach Z 4 dienen (Kirchbacher, WK-StPO § 152 Rz 74; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 362, 364; RIS-Justiz RS0113906).
An die Abweisung seines Antrages auf eine „angemessene Frist zur Einholung der Entbindung des Zeugen Michael U***** ..." (gemeint: von seiner Verschwiegenheitspflicht gegenüber seiner Mandantschaft - vgl S 15 ff im nach S 83/V unjournalisierten Teil des Hauptverhandlungsprotokolles ON 148) knüpft der Nichtigkeitswerber nicht an. Die Berufung darauf hätte allerdings auch nicht zum angestrebten Rechtsmittelerfolg geführt, weil der Antrag offen ließ, wieweit dadurch die Erklärung des Wirtschaftrtreuhänders beeinflusst werden könnte - nur ein Verzicht der in § 152 Abs 1, Abs 2 StPO erwähnten Personen auf ihr dort genanntes Recht beseitigt die sonstige Nichtigkeit ihrer Aussage (§ 152 Abs 5 StPO; Kirchbacher, WK-StPO § 152 Rz 38 mwN).
Bleibt zu erwähnen, dass § 152 Abs 1 Z 4 StPO den angeführten Personen Zeugnisentschlagung zubilligt „über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist". Dem Rechtsmittelstandpunkt zuwider kommt es nicht darauf an, ob dem Zeugen das Beweisthema gerade als Mandatar des konkret Angeklagten bekannt wurde. Geschützt werden soll eine vertrauensvolle und vertrauliche Kontaktaufnahme mit einem Parteienvertreter ohne die Befürchtung der möglichen Schaffung eines Beweismittels überhaupt, nicht nur die des aktuellen oder künftigen Klienten - Komplizenschaften natürlich ausgeschlossen (SSt 62/126; RZ 1997/37, 114; Kirchbacher, WK-StPO § 152 Rz 32, 36). Die gegen den Schuldspruch B gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) entfernt sich mit der Behauptung, die Tat sei „als im Bereich zwischenmenschlicher oder gesellschaftlicher Beziehungen aus Renommiersucht begangene Täuschung nicht strafbar", vom festgestellten Sachverhalt einer Verwendung im Rechtsverkehr, nämlich im Zuge einer Eingabe in einem Grundbuchsverfahren; sie ist daher nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.
Der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) sei festgehalten, dass sich die restriktive Interpretation der §§ 223, 224 StGB nach herrschender Meinung (vgl dafür Kienapfel/Schroll in WK2 § 223 Rz 229, § 224 Rz 55) nicht auf Fälle des Rechtsverkehres im eigentlichen Sinn erstreckt (vgl Kienapfel/Schroll in WK2 § 223 Rz 214, 216, 223, 226 f). Um einen solchen handelt es sich bei Anmerkungen unter anderem akademischer Grade im Grundbuch, wiewohl dabei die Prüfungsintensität geringer ist als bei zu Rechtserwerb oder -verlust führenden Verfahrensschritten (§§ 20 lit a erster Fall, 52, 98 GBG; vgl in Kodek, Grundbuchsrecht, Kodek § 20 GBG Rz 14, 16 und § 98 GBG Rz 7, Mahrer § 52 GBG Rz 2 f). Ob der eigentliche Zweck der grundbücherlichen Eintragung - die Ersichtlichmachung des Eigentümers mit seiner unverwechselbaren Identität - auch ohne Namenszusatz hätte erreicht werden können, ist unerheblich; genug damit, dass der Angeklagte die nach dem Grundbuchsrecht vorgesehene Möglichkeit der Anmerkung eines Doktorgrades aus welchen Gründen immer in Anspruch nehmen wollte. Auch die Subsumtionsrüge (Z 10) gegen den Schuldspruch A hält nicht am Tatsachensubstrat des angefochtenen Urteiles fest: Danach hat der Treugeber die Überweisung des Geldes auf ein Konto der machthabenden Gesellschaft nie genehmigt (US 6) - sondern wurde nach Entdeckung gezielt über deren Verwendung irregeführt (US 7) - und hatte der Angeklagte die Schädigung des Erstgenannten von Anfang an intendiert (US 8). Ins Leere gehen daher die Spekulationen des Beschwerdeführers über ein (allenfalls erwartetes) Einverständnis des Machtgebers und das angebliche Auseinanderfallen von Befugnismissbrauch und Schädigungsvorsatz (vgl dazu Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 [2006] Rz 42).
Die Kritik an der Wortwahl der Feststellungen zur subjektiven Tatseite unterstellt den Tatrichtern, sie hätten offengelassen, ob der Befugnismissbrauch des Angeklagten wissentlich erfolgte. Wiederum ignoriert der Rechtsmittelwerber die bekämpfte Entscheidung in ihrer Gesamtheit, die zur methodengerechten Ermittlung des Bedeutungsinhaltes einzelner Passagen des Urteiles zugrundezulegen ist. Daraus ergibt sich, dass die Tatrichter nach Feststellung der objektiven Missbrauchshandlung und der Versuche der Verschleierung deren Auswirkungen (US 6 f) durch das Verbum „wollen" die Vorsatzform der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) zum Ausdruck brachten, ohne das dadurch die Wissentlichkeit des Befugnismissbrauches berührt wird. Die Behauptung einer „bloßen Verwendung des Gesetzeswortlautes" ist im Gegenstand (US 8) nicht nachvollziehbar, weil sich die Tatrichter - wie dargelegt - eben nicht darauf beschränkten.
Bleibt anzumerken, dass die Feststellung, Erich N***** habe dem Angeklagten als faktischen Geschäftsführer der S***** GesmbH eine konkludente Vollmacht erteilt, den Geldbetrag anzulegen (US 8), an der Subsumtion nichts zu ändern vermag, weil sie keine Ermächtigung enthält, das Geld für eigene Interessen oder solche der genannten Gesellschaft zu verwenden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, aber entgegen der dazu vom Nichtigkeitswerber erstatteten Äußerung - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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