OGH 11Os145/98

OGH11Os145/9815.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Zehetner als weitere Richter, in Anwesenheit der Richteramtsanwärterin Mag. Holy als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard L***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Gerhard L***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 26. Jänner 1998, GZ 37 Vr 67/96-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard L***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I), der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (II), des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (III) und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.

Danach hat er in S***** Martina W*****

zu I. von 1988 bis 1993 in wiederholten Angriffen mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt, nämlich dadurch, daß er ihr Schläge versetzte, ihr die Kleider herunterriß und sie zu Boden drückte, zur Duldung des Beischlafs genötigt;

zu II. von 1988 bis 1993 in wiederholten Angriffen außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt, nämlich durch Versetzen von Schlägen zur Duldung von geschlechtlichen Handlungen, und zwar zum Betasten der Scheide und der Brüste genötigt;

zu III. von 1988 bis 5. November 1990 durch die zu I. angeführten Taten mit einer unmündigen Person, nämlich mit der am 5. November 1976 geborenen Martina W***** den außerehelichen Beischlaf vollzogen sowie

zu IV. von 1988 bis 5. November 1990 durch die zu II. angeführten Taten eine unmündige Person, nämlich die am 5. November 1976 geborene Martina W***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Schuldsprüche gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Der Einwand zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund, es seien erhebliche Zweifel an der Objektivität des beigezogenen Sachverständigen Prof. Dr. Max F***** gegeben, weil er das Opfer von früheren Gerichtsverfahren und von psychischer Betreuung seit längerem kenne sowie aus einem nach der Hauptverhandlung erschienenen Zeitungsartikel hervorgehe, daß er ausnahmslos von der Glaubwürdigkeit der Kindesangaben ausgehe, ist verfehlt. Der Beschwerdeführer verkennt nämlich, daß die Nichtigkeitssanktion des § 281 Abs 1 Z 3 StPO hinsichtlich der relevierten Bestimmung des § 120 StPO nur deren ersten Satz betrifft, wonach als Sachverständiger nicht beizuziehen ist, wer als Zeuge nicht vernommen oder nicht beeidet werden darf oder wer zum Beschuldigten oder zum Verletzten in einem der in § 152 Abs 1 Z 2 StPO bezeichneten Verhältnisse steht (Mayerhofer StPO4 § 120 E 13a; 11 Os 2/97). Die Beschwerdeausführungen beziehen sich aber auf den (keine Nichtigkeit begründenden) zweiten Satz des § 120 StPO und sind zudem teils als verspätet (weil nicht vor der Gutachtenerstattung, sondern erst in der Rechtsmittelschrift geltend gemacht), teils als unsubstantiierte Unterstellung einseitiger Parteilichkeit unbeachtlich.

Eine Verletzung der Verteidigungsrechte (Z 4) erblickt der Angeklagte in der Abweisung (S 307) seines Antrages auf Vernehmung der Zeugin Renate W***** zum Beweise dafür, "daß der Angeklagte zwei- bis dreimal in der Wohnung der Familie W***** war, und (zwar) immer im Beisein von Franz W***** und zu diesen Zeitpunkten es nie zu geschlechtlichen Handlungen gekommen ist" (S 305). Dieses Beweisbegehren verfiel jedoch (im Ergebnis) zu Recht der Abweisung, weil bereits der Antrag den formellen Voraussetzungen nicht gerecht wird.

Denn um einen Beweisantrag im Sinne des angezogenen Nichtigkeitsgrundes als rechtserheblich darzutun, genügt die bloße Bezeichnung von Beweismittel und Beweisthema im allgemeinen nicht. Es ist vielmehr (soweit sich dies nicht schon aus der Sachlage ergibt) anzugeben, inwieweit das bei Durchführung der beantragten Beweise nach Ansicht des Antragstellers zu erwartende Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nur für die Schuldfrage von Bedeutung ist, sondern auch aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19), wobei die Begründung umso eingehender sein muß, je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschrittes im Lichte der übrigen Verfahrensergebnisse ist (Mayerhofer aaO E 19c, k; 13 Os 119/96; 11 Os 124/97).

Demgemäß entbehrt der (überdies nur auf eine unzulässige Erkundung abzielende) Antrag vor allem einer Erklärung über die Relevanz der angestrebten Zeugenvernehmung für die Lösung der Schuldfrage; werden doch dem Angeklagten Straftaten während der Anwesenheit der Mutter des Opfers gar nicht vorgeworfen.

Der behauptete Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor.

In der Tatsachenrüge (Z 5a) vermag der Nichtigkeitswerber keine sich aus den Akten ergebenden Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Die Beschwerdeausführungen beschränken sich nämlich auf die Gegenüberstellung einiger widersprüchlicher Details aus Zeugenaussagen der Martina W*****, die sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemacht hat, und zielen dabei erklärtermaßen darauf ab, die von den Tatrichtern zuerkannte Glaubwürdigkeit des Opfers zu untergraben, um auf dieser geänderten Basis der Beweiswürdigung im Zweifel zur gewünschten Feststellung zu gelangen, daß der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Straftaten nicht begangen habe. Damit gibt der Beschwerdeführer ausdrücklich zu erkennen, daß er in Wahrheit in einer - auch im Rahmen der Tatsachenrüge - unzulässigen Weise die tatrichterlichen Beweiswerterwägungen bekämpft.

Es war daher die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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