European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0110OS00013.9400000.0301.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
1. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Karin S* wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieser Angeklagten wegen des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 2 WaffG laut Punkt II/2 des Urteilssatzes sowie demgemäß auch in dem sie betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft und des Einziehungserkenntnisses zu obigem Schuldspruch II/2) aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
2. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Karin S* im übrigen und die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Günther J*, Franz L* und Natascha P* werden zurückgewiesen.
3. Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Günther J*, Franz L* und Natascha P* werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
4. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte Karin S* auf die zu 1. getroffene Entscheidung verwiesen.
5. Den Angeklagten fallen auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens - der Angeklagten Karin S* soweit sie auf den erfolglos gebliebenen Teil ihrer Nichtigkeitsbeschwerde entfallen ‑ zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Günther J*, Franz L*, Natascha P* und Karin S* (zu I) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB, L*, P* und S* als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB, Günther J* außerdem noch (zu II/1.) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG und Karin S* (zu II/2.) auch des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 2 WaffG schuldig erkannt.
Darnach haben in Graz
(zu I./1.) Günther J* am 31.Jänner 1993 dem Rene F* mit Gewalt gegen seine Person, nachdem er ihn durch das Verabreichen eines betäubenden Mittels in einen hilflosen Zustand versetzt hatte, fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag von mindestens 23.000 S, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern;
(zu I./2.) Franz L*, Natascha P* und Karin S* zu der unter Punkt I.1. beschriebenen Tathandlung des Günther J* dadurch beigetragen, daß sie Rene F* während der von Günther J* gesetzten Tathandlungen durch das Führen von Gesprächen ablenkten und durch ihre Anwesenheit bei der Tatausführung im zumindest stillschweigend hergestellten Einvernehmen mit dem unmittelbaren Täter Günther J* signalisierten, nötigenfalls in den Ereignisablauf auf seiten des Handelnden einzugreifen, weiters dadurch, daß sie Horst W* durch entsprechende Aufforderungen davon abhielten, die von Günther J* ausgeführte Tat zu verhindern;
(zu II./1.) Günther J* in der Zeit von 27.März bis 11.April 1993 unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole jugoslawischer Herkunft mit dem Kaliber 7,62 samt acht Schuß Munition, besessen und geführt und
(zu II./2.) Karin S* in der Zeit von zumindest Mitte 1990 bis 4.Mai 1993, wenn auch nur fahrlässig; eine verbotene Waffe (§ 11), nämlich eine Spraydose mit Reizgas, unbefugt besessen.
Gegen diese Schuldsprüche richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der vier Angeklagten, wobei der Angeklagte J* - gegen den Schuldspruch wegen Raubes ‑ die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10, der Angeklagte L* jene der Z 5 und 5 a, die Angeklagte P* die der Z 3, 4, 5 und 9 lit. a und die Angeklagte Karin S* die Gründe nach Z 4, 5 a und 9 lit. b ‑ sachlich auch lit. a ‑ des § 281 Abs. 1 StPO geltend macht.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther J*
Soweit die Mängelrüge (Z 5) die Begründung der erstgerichtlichen Feststellungen zum Tathergang als undeutlich und unvollständig bezeichnet, weil diese im "krassen Widerspruch" zu den vom Zeugen Horst W* in der Hauptverhandlung gemachten Depositionen stünden, übergeht sie die sich auf die anderslautenden Angaben dieses Zeugen vor der Polizei stützenden Urteilsannahmen samt der dazugehörigen Begründung, warum diesen Angaben Glauben geschenkt wurde (US 11). Die Rüge zeigt damit keinen Begründungsmangel im Sinn des angerufenen Nichtigkeitsgrundes auf; das bezügliche Vorbringen läuft vielmehr ‑ ebenso wie der Einwand, daß die Aussage des Zeugen W* vor dem erkennenden Gericht für einen Schuldnachweis nicht ausreiche ‑ im Ergebnis auf eine unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung hinaus. Dies gilt gleichermaßen für den Einwand des Beschwerdeführers, sein Eingeständnis, dem schlafenden Opfer die Brieftasche weggenommen zu haben, reiche bloß für eine Tatbeurteilung in Richtung des § 127 StGB.
Die Frage der Herkunft der nach den Urteilsannahmen verabreichten Benzodiazepin‑Tablette hinwieder war schon im Hinblick auf den vom Mitangeklagten L* zugegebenermaßen auch zur Tatzeit (ua) betriebenen Medikamentenmißbrauch (343, 344, 371 iVm 357, 388 f/I) nicht erörterungsbedürftig.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen konnte das Erstgericht aufgrund des insoweit positiven Harnbefundes im Zusammenhalt mit den als glaubwürdig beurteilten Angaben des Zeugen W* vor der Polizei (77/I) und der Angeklagten P* (121, 168/I) gemäß § 258 Abs. 2 StPO zur Überzeugung gelangen, daß dem Tatopfer benzodiazepinähnliche Stoffe "verabreicht" worden waren (US 10).
Bei seiner Argumentation verkennt der Angeklagte J* zudem das Wesen des sogenannten Zweifelsgrundsatzes, dem keineswegs die Bedeutung einer "negativen" Beweisregel zukommt, wonach sich das Gericht bei Verfahrensergebnissen, die mehrere Deutungen oder Schlußfolgerungen zulassen, grundsätzlich die für den Angeklagten günstigste der sich anbietenden Varianten zu eigen machen muß. Das Gericht hat vielmehr darüber, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist, stets nach seiner freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider den Angeklagten vorgebrachten Beweismitteln gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 258 Abs. 2 StPO), wobei es sich jede Meinung bilden kann, die den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung nicht widerspricht. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, daß Schlußfolgerungen (aus zweifelsfrei festgestellten) Prämissen zwingend sind; genug daran, daß sie den Denkgesetzen entsprechen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 258 E 26 ff, 40 ff).
Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Beschwerdeführer unter Behauptung von Feststellungsmängeln die Beurteilung seines Tatverhaltens (bloß) als Diebstahl anstrebt. Er übergeht nämlich dabei die anderslautenden Urteilsfeststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite des Raubes (US 8‑10) und unternimmt solcherart ‑ unter Wiederholung der Argumentation der Mängelrüge ‑ lediglich (abermals) den Versuch, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in Frage zu stellen und darzutun, daß die Verfahrensergebnisse auch andere für den Beschwerdeführer günstigere Feststellungen ermöglicht hätten.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz L*
In seiner Mängelrüge (Z 5) moniert der Angeklagte die Feststellung des Erstgerichtes, er sei zum Tatzeitpunkt lediglich leicht bis mittelgradig alkoholisiert gewesen, wodurch eine Beeinträchtigung oder gar die Aufhebung seiner Diskretions‑ und/oder Dispositionsfähigkeit nicht bewirkt worden sei, als unvollständig bzw. offenbar unzureichend begründet.
Dabei läßt er jedoch unberücksichtigt, daß die bezügliche Urteilsannahme (US 9) in den vom Erstgericht verwerteten (US 6) Aussagen der Zeugen F* und W* (85/I) in Verbindung mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr.Zigeuner (ON 51 und 387 ff/I) hinreichend Deckung findet. Hat doch der Schöffensenat solcherart unter aktengetreuer Wiedergabe der verwerteten Verfahrensergebnisse mit einer den Denkgesetzen entsprechenden Begründung zum Ausdruck gebracht, aus welchen Erwägungen er der auf die Annahme einer vollen Berauschung abzielende Verantwortung des Angeklagten den Glauben versagte, wobei das Gericht nach § 270 Abs. 2 Z 5 StPO nicht verpflichtet war, alle Einzelheiten der darauf Bezug habenden Verfahrensergebnisse im Detail zu erörtern und jeweils darauf zu untersuchen, inwieweit sie, isoliert betrachtet, für diese oder gegen jene Darstellung sprechen und andererseits auch nicht in der Lage, sich bei der gebotenen Würdigung mit allen, mitunter sogar erst nachträglich ins Treffen geführten Argumenten auseinanderzusetzen. Daß aus den vom Erstgericht herangezogenen Prämissen ‑ wie die Beschwerde behauptet ‑ auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden hat, stellt einen Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung dar, aus dem ein Begründungsmangel nicht abgeleitet werden kann.
Die Tatsachenrüge (Z 5 a) zielt im Kern darauf ab, die Beweiskraft der Aussage des Zeugen W* vor der Sicherheitsbehörde mit dem Hinweis auf dessen geistige Behinderung bzw. Analphabetentum in Zweifel ziehen. Damit vermag die Beschwerde jedoch keine aktenkundigen Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die geeignet wären, schwerwiegende Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter zu erwecken. Daß der Zeuge W* - der in der Lage war, in der Grazer "Frühbar Klinz" als Kellner zu arbeiten ‑ eine geistige Beeinträchtigung (Analphabetentum) aufweist und auf das Gericht einen "leicht lenkbaren Eindruck" machte, wurde vom Schöffensenat ohnedies berücksichtigt (US 6, 109 iVm 392/I). Schließlich wird auch mit dem Einwand, die Herstellung eines stillschweigenden Einvernehmens zur Tatverübung zwischen den (vier, mit dem Tatopfer an einem Tisch sitzenden) Angeklagten sei gar nicht möglich gewesen, keine Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO aufgezeigt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Natscha P*
Das von der Beschwerde in Ansehung des Zeugen W* ins Treffen geführte Zeugnisverbot des § 151 Z 3 StPO, dessen Verletzung aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund gerügt wird, setzt voraus, daß der Zeuge, wie ein offensichtlich völlig Geisteskranker, erwiesenermaßen unfähig ist, die Wahrheit anzugeben (Mayerhofer‑Rieder aaO § 151 E 39 und § 281 Z 3 E 16). Bestehen Zweifel an der Fähigkeit des zu Vernehmenden zur Wahrnehmung, Erinnerung und Wiedergabe des Wahrgenommenen, so muß es dem erkennenden Gericht vorbehalten bleiben, auf Grund des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks unter Abwägung aller maßgebenden Umstände zu beurteilen, ob und inwieweit er als Zeuge vernommen werden darf (vgl. Mayerhofer‑Rieder aaO § 151 E 41). Vorliegend haben die Tatrichter, wie sich aus den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit ergibt, keine Anhaltspunkte dafür gefunden, daß der Zeuge wegen seiner Leibes‑ und Gemütsbeschaffenheit außerstande sein könnte, die Wahrheit anzugeben. Derartige Anhaltspunkte vermag aber auch die Beschwerde nicht aufzuzeigen; kann doch nach der Lebenserfahrung keineswegs gesagt werden, ein zur Ausübung des Kellnerberufes geeigneter Mann sei im Regelfall zur Ablegung einer wahrheitsgemäßen Zeugenaussage über in seinem berufsspezifischen Umfeld beobachtete Vorfälle nicht fähig.
Als Verfahrensmangel nach der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO rügt die Beschwerdeführerin die Abweisung der von ihrem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge (390‑393/I); dies jedoch zu Unrecht.
Der Antrag auf Vernehmung des Polizeibeamten Franz K*, daß er die Mitteilung von der gegenständlichen Raubtat (57/I) von einer Vertrauensperson erhalten habe, die nicht Tatzeuge gewesen sei, war schon nach dem Inhalt des Beweisthemas von vornherein ungeeignet, ein der Wahrheitsfindung dienliches Ergebnis zu zeitigen; geben doch die (in den Aktenvermerken festgehaltenen, 57, 59/I) Angaben des "V‑Mannes" bzw. "Konfidenten" lediglich jene Erhebungsschritte wieder, die von der Polizei aufgrund der vom Zeugen F* noch am 31.Jänner 1993 erstatteten Anzeige bis zur Vernehmung der am Verfahren beteiligten Personen durchgeführt wurden.
Dem Beweisantrag auf Einvernahme des behandelnden Arztes des Landeskrankenhauses Graz und dem Antrag auf (ergänzende) Vernehmung des Zeugen F*, wodurch der Nachweis erbracht werden sollte, daß die im Befund des psychiatrischen Schwerpunktlabors bezeichneten chemischen Stoffe "durch Behandlung" in den Körper (das Blut) des Rene F* gelangt seien, aber auch dem weiteren Begehren auf Einvernahme des behandelnden Arztes und des Personals des Landeskrankenhauses Graz zum Beweis dafür, daß "zur Ruhigstellung des Zeugen Rene F* Schlafmittel verabreicht wurden", sind keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, daß die im Befund des Schwerpunktlabors erwähnten Stoffe im Zuge der Behandlung im Landeskrankenhaus in den Körper des Zeugen F* gelangt sein konnten bzw. daß ihm dort Schlafmittel verabreicht worden sind. Weder die in der Polizeianzeige enthaltenen Angaben des diensthabenden Arztes des psychiatrischen Krankenhauses Graz, Dr.K*, noch die Aussage des Zeugen F* lassen erkennen, daß dem mehrere Male in Bewußlosigkeit fallenden F* Beruhigungsmittel verabreicht wurden (42/I). Im übrigen wurde der Zeuge F* zu dem in der bezüglichen Verfahrensrüge relevierten Thema ohnedies vernommen. Eine allenfalls wünschenswert erschienene weitere Aufklärung hätte der Verteidiger in Ausübung des ihm gemäß § 249 Abs. 1 StPO eingeräumten Fragerechtes herbeiführen können. Das inhaltlich nur auf die Aufnahme eines bloßen Erkundungsbeweises gerichtete Beweisbegehren wurde demnach vom Erstgericht zu Recht abgelehnt.
Gleiches gilt für den Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Medizin bzw. Pharmakologie zum Nachweis dafür, daß die "im zitierten Befund" (gemeint: des psychiatrischen Schwerpunktlabors ‑ 53/I) angeführten Stoffe "sich nicht in Tabletten, somit in Rohypnoltabletten befinden, und daß der Zeuge F* ausschließlich infolge seines hohen Alkoholkonsums eingeschlafen ist". Die Frage, ob Benzodiazepin in Rohypnoltabletten enthalten ist oder nicht, ist vorliegend schon deshalb ohne Bedeutung, weil das Erstgericht die Verabreichung gerade dieses Medikamentes letztlich offen gelassen hat ("wahrscheinlich" Rohypnol, US 8), jedenfalls aber von der Betäubung des Tatopfers durch (irgendein) benzodiazepinhältiges Mittel ausgegangen ist. Daß aber "Diazepin auch als Beimengung in Antidepressiva" enthalten sein kann, stellt die Beschwerde selbst nicht in Frage (463/I). Dem Erstgericht ist auch beizupflichten, daß durch das beantragte Sachverständigengutachten ‑ zumal die Verfahrensergebnisse auch keinen Aufschluß über die genossenen Alkoholmengen erbrachte ‑ der angestrebte Nachweis, daß der Schlafzustand bei Rene F* ausschließlich infolge des hohen Alkoholkonsums eingetreten sei, nicht zu erwarten war.
Das hinsichtlich der außerdem beantragten Zeugin Ingrid P* genannte Beweisthema, Kriminalbeamte hätten ihr erklärt, sie möge der Angeklagten Natascha P* (Tochter) sagen, den "vorhandenen Sachverhalt" zuzugeben, dann würde sie glimpflich davonkommen, läßt nicht einmal ansatzweise erkennen ‑ siehe hiezu auch das Beschwerdevorbringen 464, 465/I ‑ inwiefern die genannte Angeklagte dadurch zu einer über die wahrheitsgemäße Wiedergabe des Tatgeschehens hinausgehenden Darstellung des Ereignisablaufes verhalten worden sein sollte. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher in Wahrheit gleichfalls nicht vor.
Auch der Vorwurf der Mängelrüge (Z 5), die erstgerichtlichen Feststellungen seien undeutlich und unzureichend begründet, weil dem Urteil nicht zu entnehmen sei, auf welcher Grundlage die Annahme des Erstgerichts beruhe, daß die Angeklagte sich mit Rene F* in der Absicht unterhalten habe, diesen abzulenken, damit ihm ein Schlafmittel in das Getränk geschüttet werden könne bzw. wie das mit Günther J* stillschweigend hergestellte Einvernehmen signalisiert worden sei, geht fehl; finden doch die bezüglichen Urteilsannahmen in den von den Tatrichtern als glaubwürdig beurteilten Angaben des Zeugen W* (77/I) im Zusammenhalt mit der eigenen Verantwortung der Beschwerdeführerin (121, 169/I) eine ausreichende Stütze. Daß daraus auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für die Angeklagte günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die der Angeklagten ungünstigere entschieden hat, ist ‑ wie bereits an anderer Stelle dargelegt ‑ ein Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO), der einen Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO nicht bewirken kann.
Letztlich versagt auch der Vorwurf einer Aktenwidrigkeit, welche die Beschwerdeführerin darin erblickt, daß die Urteilskonstatierung, wonach sie sich mit Rene F* gezielt deshalb unterhielt, um diesen vom Mitangeklagten J* abzulenken, ihre vom Erstgericht insoweit verwerteten Angaben, F* habe durch die Unterhaltung mit ihr und den anderen "nicht mitbekommen", daß ihm eine Tablette in das Glas gegeben worden war, nicht richtig wiedergebe. Denn die Beschwerdeführerin übersieht dabei, daß die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung beruhenden Schlüsse aus bestimmten Verfahrensergebnissen ‑ wie hier ‑ unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht bekämpft werden kann (Mayerhofer‑Rieder aaO § 281 Z 5 E 185 f).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie ‑ unter Wiederholung der Argumentation der Mängelrüge, wonach sie "niemals den Vorsatz haben konnte, zur Tathandlung des Mitangeklagten J* einen Beitrag zu leisten" ‑ die ihren Tatbeitrag betreffenden Urteilsfeststellungen negiert und den für die gesetzmäßige Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes unabdingbaren Vergleich des festgestellten (vollständigen) Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz unterläßt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Karin S*
Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt diese Beschwerdeführerin zunächst darin, daß der Antrag ihres Verteidigers "auf Psychiatrierung des Zeugen W* zum Beweis dafür, daß dieser weder dispositions‑ noch diskretionsfähig ist, sohin nicht in der Lage ist, Vorgänge, die vorgefallen sind, schlüssig wahrnehmen zu können, und keinesfalls in der Lage ist, solche Geschehnisse zu behalten", nicht hätte abgewiesen werden dürfen; ebenso sei sie durch die abgelehnte Beischaffung des Aktes 9 e Vr 2475/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (zum gleichen Beweisthema) in ihren Verteidigungsrechten verletzt.
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Begutachtung des Horst W* durch einen psychiatrischen Sachverständigen reklamiert, fehlt es mangels einer entsprechenden Antragstellung in erster Instanz schon an den formellen Voraussetzungen einer solchen Rüge; davon abgesehen käme eine derartige Begutachtung nur ausnahmsweise, nämlich dann in Betracht, wenn das Verfahren konkrete (objektive) Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Aussageuntüchtigkeit des zu vernehmenden Zeugen ergibt (vgl. Mayerhofer‑Rieder aaO § 151 E 40), woran es aber vorliegend ‑ wie bereits bei Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten P* dargelegt wurde ‑ fehlt.
Aber auch durch die Abweisung des Antrages auf Beischaffung des Aktes 9 e Vr 7475/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zum Beweis dafür, daß die "Dispositions‑ und Diskretionsfähigkeit des Zeugen W* nicht gegeben ist unter Hinweis auf ein in diesem Akt diesbezüglich erliegendes ärztliches Attest und die Ausführungen des erst nach Hauptverhandlung beigezogenen Verteidigers" wurden Verteidigungsrechte der Angeklagten S* nicht verletzt. Weder die Frage der Diskretions‑ und Dispositionsfähigkeit des damals des Vergehens nach § 95 StGB verdächtigten Horst W* noch der Hinweis auf ein nicht näher konkretisiertes ärztliches Attest, aber auch nicht der (nicht substantiierte) Verweis auf "die Ausführungen" eines in einem anderen Verfahren beigezogenen Verteidigers lassen erkennen, welchen Einfluß all diese Umstände auf die Frage der nunmehrigen Aussagetüchtigkeit des Horst W* als Zeuge (über Wahrnehmungen in Ausübung seines Berufes) haben soll.
In der Tatsachenrüge (Z 5 a) versucht die Beschwerdeführerin ihre Beteiligung an der Raubtat in Zweifel zu ziehen, indem sie einzelne Verfahrensergebnisse herausgreift und daraus für sie günstigere Schlußfolgerungen ‑ im Sinn ihrer vom Schöffengericht abgelehnten (leugnenden) Verantwortung ‑ abgeleitet wissen will. Damit vermag die Beschwerde weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen.
Im bisher erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten S* wie auch (zur Gänze) jene der Angeklagten J*, L* und P* gemäß § 285 d Abs. 1 StPO zurückzuweisen.
Berechtigt ist die Beschwerde der Angeklagten S* hingegen, soweit sie zum Schuldspruch nach dem Waffengesetz (Punkt II.2.) Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite (sachlich Z 9 lit. a) aber auch (im Sinn des § 9 StGB) mangelndes Unrechtsbewußtsein (Z 9 lit. b) geltend macht.
Dazu hat das Erstgericht lediglich festgestellt, daß die Angeklagte fahrlässig eine Spraydose mit Reizgas unbefugt besessen hat (US 4, 10, 13). Für das der Beschwerdeführerin insoweit angelastete Vergehen nach § 36 Abs. 1 Z 2 WaffG genügt zwar Fahrlässigkeit, doch muß sich diese nicht nur auf den Besitz der Waffe als solchen, sondern auch auf deren Verbotensein beziehen. Darüber wie auch zur Frage der Vorwerfbarkeit des von der Angeklagten S* der Sache nach behaupteten Rechtsirrtums (§ 9 StGB) sind den Urteilsgründen allerdings keinerlei Feststellungen zu entnehmen.
Der von der Beschwerde zutreffend aufgezeigte Feststellungsmangel erfordert die Aufhebung des bezüglichen Schuldspruchs und insoweit die Anordnung der Verfahrenserneuerung in erster Instanz (§ 285 e StPO). Mit ihrer Berufung war die Angeklagte S* auf die damit verbundene Aufhebung (auch) des sie betreffenden Strafausspruchs zu verweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten J*, L* und P* fällt in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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