OGH 11Os121/13y

OGH11Os121/13y29.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Oktober 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Buchner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bernhard H***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Birgit W***** sowie die Berufung des Angeklagten Bernhard H***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. Juni 2013, GZ 63 Hv 66/13f-51, ferner über die Beschwerde der Birgit W***** gegen einen gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten Birgit W***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche des Bernhard H***** enthält, wurde Birgit W***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB sowie der Verbrechen des Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1 StGB (II./), der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (IV./) und der Vergehen des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31a Abs 1 fünfter Fall SMG (V./) schuldig erkannt.

Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, wurde Birgit W***** schuldig erkannt, zur Ausführung der strafbaren Handlung des Bernhard H*****, der am 26. Dezember 2012 in Wien durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr gegen Leib oder Leben (§ 89) Dominic Ho***** fremde bewegliche Sachen, nämlich dessen Geldbörse samt 250 Euro, unter Verwendung einer Waffe mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegnahm, indem er ihm ein Stanley-Messer mit herausstehender Klinge an den Hals hielt und mit den Worten „gib ma dei Göd“ die Geldbörse aus der Innentasche der Jacke nahm, beigetragen zu haben, indem sie ihn im Tatentschluss bestärkte, mit ihm das Überfallsopfer auswählte, Dominic Ho***** ansprach und „solcherart die Gelegenheit für die Tatbegehung schuf“.

Ausschließlich gegen diesen Schuldspruch richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Birgit W*****, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist der Schluss der Tatrichter vom gezeigten Verhalten auf das zugrundeliegende Wissen und Wollen der Birgit W***** nicht zu beanstanden (US 14; RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).

Indem die Rüge eine Scheinbegründung behauptet, aber die weiteren Erwägungen der Tatrichter zur Kenntnis der Birgit W***** vom Mitführen eines Messers durch H***** übergeht (US 15), wird sie den Anfechtungskriterien nicht gerecht (RIS-Justiz RS0119370).

Soweit die Rechtsrüge die Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB bekämpft, macht sie der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend, legt aber nicht auf dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb es weiterer Feststellungen zum Wollen bedurft hätte, obwohl das festgestellte Wissen die Willenskomponente inkludiert (RIS-Justiz RS0088835 [T4]).

Entsprechendes gilt für die Rechtsrüge (Z 9 lit a), soweit sie in Bezug auf das Wegnehmen einer fremden beweglichen Sache weitere Konstatierungen fordert.

Die zum Bereicherungsvorsatz vermissten Feststellungen finden sich auf US 10 („wissend, dass kein Rechtsanspruch auf Bargeld des Dominic Ho***** besteht“).

Aus welchem Grund die Feststellungen die Verurteilung wegen der Deliktsqualifikation nicht tragen sollten, legt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht prozessförmig dar:

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat nämlich das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810).

Ein Feststellungsmangel wird dann geltend gemacht, wenn unter Hinweis auf eine nicht durch Feststellungen geklärten aber indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600).

Diesen Anfechtungskriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, weil sie entgegen den Urteilsannahmen und ohne Bezugnahme auf ein entsprechendes Verfahrensergebnis in der Hauptverhandlung lediglich behauptet, der Waffengebrauch könne ausgeschlossen worden sein.

Aus welchem Grund es einer ausdrücklichen Absprache im Rahmen des Tatplans bedurft hätte und ein bloßes Billigen des Waffeneinsatzes am Tatort nicht genüge, legt die Rüge gleichfalls nicht prozessordnungskonform aus dem Gesetz abgeleitet dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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