OGH 11Os118/07y

OGH11Os118/07y20.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. November 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Imuenhinyan E***** wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 21. Mai 2007, GZ 20 Hv 1/07b-104, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Imuenhinyan E***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB [richtig: § 201 Abs 1 StGB; vgl auch S 73, 87 unten/III] (Punkt I des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II), des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Deliktsfall StGB (III), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (IV), der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB (V) und des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

(zu I) Personen mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes und teils auch dem Beischlaf gleichzusetzender Handlungen (I 2) genötigt, und zwar

1) am 13. Juli 2006 in St. Michael i.O. Juliana W*****, indem er sie mit körperlicher Gewalt in den Vorraum ihrer Wohnung zerrte, dort zu Boden stieß, ihr die Windelhose samt Überhose abstreifte, ihre Beine spreizte, sich auf sie legte und gegen ihren Willen ungeachtet ihrer Hilfeschreie den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog;

2) am 7. August 2006 in Teufenbach Helene G*****, indem er sie gegen ihren mehrfach ausdrücklich erklärten Willen und trotz ihres körperlichen Widerstandes in das Wohnzimmer ihres Wohnhauses drängte, auf den Boden drückte und mit Körperkraft niederhielt, ihr Hose und Unterhose hinunterzog, mehrere Finger in die Scheide einführte und dabei auf ihren Beinen kniete, um sie zu fixieren und ihre Beine zu spreizen, sie sodann umdrehte und mehrere Finger in ihren After einführte, sie anschließend wieder auf den Rücken drehte, sich nochmals auf sie kniete und den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog, wobei er sie mehrfach würgte, ihr den Mund zuhielt sowie einen Polster auf ihr Gesicht drückte;

(zu II) andere vorsätzlich am Körper verletzt und zwar

1) am 13. Juli 2006 in St. Michael i.O. Harald P*****, indem er ihn im Zuge eines Sprunges aus dem Fenster der ebenerdig gelegenen Wohnung zu Boden stieß, wodurch dieser ein größeres Hämatom am Rücken erlitt;

2) am 7. August 2006 in Teufenbach Maximilian G***** im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung, indem er ihm Kratzspuren bzw Hautabschürfungen an beiden Unterarmen zufügte;

(zu III) Beamte (zu ergänzen: mit Gewalt) an einer Amtshandlung zu hindern versucht, und zwar

1) am 27. Juli 2006 in Wolfsberg Beamte der Polizeiinspektion Wolfsberg, nämlich Klaus Wa*****, Dietmar R*****, Gerald Gr***** und Wolfgang Gre***** an seiner Festnahme, indem er ihnen Fußtritte und Schläge versetzte und Wolfgang Gre***** überdies biss;

2) am 25. August 2006 in Leoben die Justizwachebeamten der Justizanstalt Leoben, nämlich Herbert K*****, Rainer F***** und Werner B***** an seiner Verwahrung durch Fixierung mittels Hand- und Fußfesseln zur Verhinderung der Eigen- und Fremdgefährdung im Sicherheitshaftraum Nr. 22 der Justizanstalt Leoben, indem er ihnen Fußtritte und Schläge versetzte;

(zu IV) Beamte während der Vollziehung ihrer Aufgaben vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar

1) am 27. Juli 2006 in Wolfsberg während der Vollziehung der zu III 1 geschilderten Aufgaben

1.1) Klaus Wa*****, indem er ihm einen Fußtritt gegen den Unterarm versetzte, wodurch dieser eine Rötung und Schwellung erlitt;

1.2) Gerald Gr*****, indem er mit einer angelegten Handfessel um sich schlug und diesen dabei am linken Unterarm traf, wodurch er eine Kratzverletzung und einen Bluterguss am linken Unterarm erlitt;

1.3) Wolfgang Gre*****, indem er ihn in einen Unterarm biss, wodurch dieser eine kreisrunde Rötung und eine Kratzverletzung an einem Unterarm erlitt;

2) am 25. August 2006 in Leoben während der Vollziehung der zu III 2 geschilderten Aufgaben

2.1) Rainer F*****, indem er ihm einen Fußtritt gegen die rechte Hand versetzte, wodurch dieser eine Prellung und Schwellung am rechten Handrücken und an der rechten Handkante erlitt;

2.2) Herbert K*****, indem er ihm einen Fußtritt in den Unterbauch versetzte, wodurch dieser eine Prellung der Bauchdecke erlitt;

2.3) Werner B*****, indem er ihn mit seinen Nägeln an seiner linken Hand kratzte, wodurch dieser Kratzspuren erlitt;

(zu V) in Leoben fremde teils der öffentlichen Sicherheit dienende (1 und 3) Sachen im Wert von zirka 1.500 EUR beschädigt, und zwar

1) am 22. August 2006 das Metallwaschbecken des Sicherheitshaftraumes der Justizanstalt Leoben, indem er es durchlöcherte;

2) am 22. August 2006 einen Mistkübel, Essgeschirr und ein Radio der Justizanstalt Leoben, indem er die Gegenstände zu Boden warf bzw den Deckel des Mistkübels abriss;

3) am 25. August 2006 Bestandteile der Lüftungsabdeckung, des Waschbeckens und der WC-Anlage jeweils des Sicherheitshaftraumes Nr. 22 der Justizanstalt Leoben, indem er begann die Gegenstände unter Gewaltanwendung zu demontieren;

(zu VI) am 27. Juli 2006 in Auen Andreas S***** eine fremde bewegliche Sache in einem 3.000 EUR nicht übersteigenden Wert, nämlich Bargeld von 150 EUR mit Bereicherungsvorsatz weggenommen, indem er das Bargeld aus dem Vorraum des nicht abgesperrten Wohnhauses an sich nahm.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit auf die Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Die der Mängelrüge (Z 5) vorangestellte pauschale Behauptung der Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe (Z 5 erster Fall), weil ihnen nicht zu entnehmen sei, welche entscheidenden Tatsachen das Erstgericht auf der subjektiven Tatseite als erwiesen angenommen habe und aus welchen Gründen dies geschah, präzisiert der Beschwerdeführer in der Folge insoweit, als er in Ansehung der ihm angelasteten Vergewaltigungen (I 1 und I 2) das Fehlen von Feststellungen zum tatbestandsessentiellen Vorsatz moniert. Damit releviert er der Sache nach, wie auch in seiner Rechtsrüge, den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, jedoch zu Unrecht: Diesem Vorbringen ist nämlich entgegenzuhalten, dass die Tatrichter unmissverständlich - weshalb dem Urteil auch die behauptete Undeutlichkeit nicht anhaftet - davon ausgingen, dass er jeweils unaufgefordert in den Wohnbereich der ihm fremden Frauen eingedrungen ist, gewaltsam gegen den Willen und die zum Teil heftige Gegenwehr (I 2) seiner um Hilfe schreienden Opfer den Beischlaf vollzogen (I 1 und 2) sowie dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen vorgenommen hat (I 2), sodass anderes als vorsätzliches (§ 5 StGB) Vorgehen des Täters gar nicht denkbar ist. Dem Einwand mangelhafter Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht sehr wohl berücksichtigt, dass die DNA-Analysen der in den Fällen Juliana W***** und Helene G***** sichergestellten Spuren keinen Hinweis auf den Angeklagten ergaben (US 12 und 15). Einer näheren Erörterung dieser Untersuchungsergebnisse bedurfte es deshalb nicht, weil die der DNA-Analyse zugrunde liegenden Spurenträger, nämlich eine am Fenster der Wohnung der Juliane W***** gesicherte Blutspur und eines von zwei am äußeren Fensterbrett vorgefundenen Haaren nicht zwingend mit dem unter Anklage gestellten Tatgeschehen (I 1) im Zusammenhang stehen, im Übrigen aber in der Unterwäsche der Tatopfer (zu I 1 und I 2) keine männliche Genitalflüssigkeit oder Spermien festgestellt werden konnten (S 307 f/II und 337/II) und daher der Umstand, dass der Angeklagte als Verursacher der auswertbaren Spuren nicht in Betracht kommt, für die Lösung der Tatfrage ohne Bedeutung ist.

Die Abweichungen der Aussage der Zeugin Gertraud P***** in der Hauptverhandlung, in welcher sie zum Schuldspruch I 1 bekundete, dass ein Schwarzafrikaner vor Juliane W***** kniete, aber nicht angeben konnte, ob dieser eine Hose anhatte bzw ob er mit W***** den Geschlechtsverkehr vollzog (S 61/III), von ihren Angaben anlässlich ihrer Vernehmung durch die Polizei, wonach der Täter auf dem Opfer gelegen sei, die Hose nicht ausgezogen gehabt und sich auf- und abbewegt habe, weshalb sie sicher sei, dass er mit W***** Geschlechtsverkehr hatte (S 369 f/I), wurden vom Schöffengericht nicht übersehen. Nachdem Getraud P*****, damit konfrontiert, erklärt hatte, sie könne „das heute nicht mehr angeben" (S 61/III), erfolgte die - aus deren Wiedergabe im Urteil (US 14) ersichtliche - Heranziehung ihrer Aussage vor der Polizei zur Begründung des konstatierten Verhaltens des Beschwerdeführers formell mängelfrei. Der weiters behauptete Widerspruch zu den Angaben des Zeugen Harald P*****, demzufolge „ein Schwarzafrikaner gerade dabei war, aufzustehen und seine Hose heraufzuziehen" (S 57/III) liegt zudem nicht vor, vielmehr stehen die Aussagen der beiden Zeugen in den entscheidenden Punkten im Einklang, sodass auch insoweit eine nähere Erörterung dieser Aussagen nicht geboten war.

Mit der unsubstantiierten Behauptung fehlender Begründung der für die Schuldsprüche II bis VI relevanten Feststellungen zur subjektiven Tatseite legt die Beschwerde nicht dar, weshalb es angesichts der konstatierten Verletzungs- (II und IV), Beschädigungs- (V), Zueignungs- (VI) und Widerstandshandlungen (III) einer detaillierten Begründung der Annahme vorsätzlichen Handelns des Angeklagten iSd § 5 Abs 1 StGB bedurft hätte.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang zudem bemängelt, dass das Erstgericht zur Feststellung der subjektiven Tatseite lediglich die verba legalia gebraucht hat (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a), übersieht er, dass die Feststellung der subjektiven Tatseite durch Verwendung der verba legalia deren Wirksamkeit dann nicht beeinträchtigt, wenn ein Sachverhaltsbezug hergestellt wird, der vorliegend in der unmittelbar vorangestellten Schilderung des objektiven Tatgeschehens besteht (vgl ÖJZ-LS 2007/29). Die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt in Bezug auf den Schuldspruch I die bereits zur Mängelrüge ausgeführten Argumente unter zusätzlichem Hinweis auf die Schwierigkeit der Identifizierung von Personen schwarzafrikanischer Herkunft und versucht abermals den Verfahrensergebnissen andere Bedeutungen zuzuschreiben als von den erkennenden Richtern angenommen. Damit werden aber keine sich aus den Akten ergebende erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen erweckt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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