Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt wird.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.Dezember 1962 geborene Hilfsarbeiter Wolfgang K*** des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hatte er am 10.Februar 1989 in Innsbruck dem Maximilian K*** mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, 1./ mit Gewalt gegen die Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, indem er ihm eine Ohrfeige versetzte, ihn an der Brust erfaßte und "umherschupfte", wobei er ihn mehrmals zur Herausgabe von Geld aufforderte, Bargeld in der Höhe von 30 S abgenötigt; 2./ mit Gewalt gegen die Person einen Kassettenrecorder der Marke Philipps im Wert von ca 1.200 S weggenommen, indem er ihm das Radiogerät trotz Festhaltens aus der Hand riß.
Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf die Z 5 a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Die Tatsachenrüge (Z 5 a) des Angeklagten, mit der er der Sache nach geltend macht, das Erstgericht hätte auf Grund des teilweise divergierenden Vorbringens des Maximilian K*** über die Wegnahme des Radiogerätes (Punkt 2/) bei sachgerechter Beweiswürdigung zu einem Freispruch vom Raubvorwurf gelangen müssen, ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.
Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund gestattet nicht die Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung. Demnach ist das bezügliche Beschwerdevorbringen, das auch übergeht, daß sich der als Zeuge einvernommene Maximilian K*** bei seiner Tatschilderung auf
eine - unfallsbedingte - Minderung seines Erinnerungsvermögens berief (S 196), schon an sich nicht geeignet, den reklamierten Nichtigkeitsgrund darzutun: Aus der Aktenlage resultierende erhebliche Bedenken gegen entscheidende Tatsachenfeststellungen im Sinn der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO bestehen aber nicht. Der Beschwerdeführer vermag auch mit seiner die Beurteilung der Tat als bloß minderschwerer Raub gemäß dem Abs. 2 des § 142 StGB anstrebenden Subsumtionsrüge (Z 10) nicht durchzudringen. Dieser privilegierte Fall des Raubes setzt voraus, daß die ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangene Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog, und daß es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB) handelt, wobei diese Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen.
Im vorliegenden Fall wurde (worauf die Beschwerde an sich zutreffend hinweist) die Tat - entgegen der Meinung des Erstgerichtes - zwar ohne Anwendung erheblicher Gewalt begangen, weil die auf die Abnötigung eines Geldbetrages von 30 S abzielenden Tathandlungen (Versetzen einer Ohrfeige ohne Verletzungsfolgen und Hin- und Herschütteln des Tatopfers) sowie die beim Entreißen des Radiogerätes erforderlich gewesene körperliche Anstrengung sowohl für sich allein als auch in ihren Gesamtauswirkungen noch nicht als Einsetzen physischer Kraft in vehementer Weise beurteilt werden können (vgl dazu insbesondere 13 Os 157/85; ferner Zipf, WK, Rz 47 und Kienapfel, BT II2, Rz 109 und 111 - jeweils zu § 142 StGB) und auch die verwendeten Drohhandlungen eine privilegierende Tatbeurteilung nicht ausschließen (siehe Mayerhofer-Rieder, StGB3, § 142, ENr 48). Die angestrebte Raubbeute im Wert von insgesamt 1.230 S kann aber nach aktuellen wirtschaftlichen Bewertungsmaßstäben unter keinen Umständen als Sache geringen Wertes betrachtet werden. Ausgehend von den für die Beurteilung der Geringwertigkeit eines Schadens bzw einer tatgegenständlichen Sache (vgl etwa §§ 141 und 150) maßgebenden, objektiv-subjektiven Kriterien (SSt 46/71) ist zufolge der durch das StRÄG 1987 herbeigeführten Änderung der Rechtslage die Grenze, oberhalb welcher eine Sache nicht mehr als geringwertig beurteilt werden kann, mit rund 1.000 S zu veranschlagen (vgl EvBl 1989/112 und NRsp 1988/291):
Bei Anwendung dieses Maßstabes und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das auf eine monatliche Arbeitslosenunterstützung von 3.300 S angewiesene Raubopfer (US 11 iVm AS 40) durch den ihm vom Angeklagten zugefügten Schaden von 1.230 S überdurchschnittlich schwer getroffen wurde (die spätere objektive Schadensgutmachung stellt bloß einen dem Angeklagten ohnedies zugute gehaltenen Milderungsgrund dar), erweist sich die Beurteilung der vorliegenden Tat als Raub im Sinn des § 142 Abs. 1 StGB als rechtsrichtig.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über Wolfgang K*** nach dem § 142 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es das Vorliegen zahlreicher einschlägiger Vorstrafen sowie der Voraussetzungen der Strafschärfung nach dem § 39 StGB, den raschen Rückfall nach der letzten Haftentlassung und den Umstand, daß K*** seinem Opfer "Geld und eine Sache" abnötigte, als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber den relativ geringen Wert der Raubbeute bzw die geringe Höhe des abgenötigten Bargeldbetrages sowie die weitgehende Schadensgutmachung.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Die Berufung ist begründet.
Die besonderen Umstände der vorliegenden Tat lassen den Unwert des zu beurteilenden Raubgeschehens geringer als vom Erstgericht angenommen erscheinen. Vor allem die vorliegenden Milderungsgründe geboten - neben dem sozialen Umfeld, in dem sich die Tat ereignete - eine maßvolle Reduktion der Freiheitsstrafe auf das tatschuldadäquate Ausmaß von fünfzehn Monaten.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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