European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00112.18G.1016.000
Spruch:
Sandokan J***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 1. Dezember 2017, GZ 16 Hv 126/17y‑107, wurde – soweit hier relevant – Sandokan J***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (unter Anrechnung der – durch den Vollzug verwaltungsbehördlicher Ersatzfreiheitsstrafen unterbrochenen – Vorhaft seit 9. Mai 2017) verurteilt.
Danach hat er am 4. Mai 2017 in K***** zur Tat des Steve S*****, der Gewahrsamsträgern des Wettlokals P***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) und unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer CO 2 ‑Pistole fremde bewegliche Sachen, und zwar 4.135 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegnahm, indem er der Angestellten Katharina D***** die Pistole vorhielt und dabei schrie: „Geld Geld“, dadurch beigetragen, „dass er tatplangemäß durch Verlassen des Wettbüros P***** die Eingangstüre entriegelte und dadurch öffnete bzw deren Schließen verhinderte und Steve S***** dadurch den Zutritt in das Lokal ermöglichte“.
Die von Sandokan J***** gegen dieses Urteil ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 19. Juli 2018, AZ 11 Os 54/18b, zurückgewiesen. Seiner gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung versagte (mittlerweile) das Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom 12. September 2018, AZ 8 Bs 284/18b, den Erfolg.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Graz einer Beschwerde des Sandokan J***** gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 31. Juli 2018, AZ 16 Hv 126/17y, mit dem die über den Genannten verhängte Untersuchungshaft fortgesetzt worden war, nicht Folge und setzte diese aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO fort.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde behauptet eine unrichtige Beurteilung des Haftgrundes und Unverhältnismäßigkeit der Haft.
Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren dahin überprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen (vgl § 174 Abs 3 Z 4 StPO; worunter das Gesetz die deutliche Bezeichnung der den Ausspruch über das Vorliegen entscheidender Tatsachen tragenden Gründe versteht – RIS‑Justiz RS0118185) abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS‑Justiz RS0117806).
Denn § 173 Abs 2 StPO verlangt nur, dass die angenommenen Haftgründe auf bestimmten Tatsachen beruhen, kennt als Vergleichsbasis des Willkürverbots mithin nur die in Anschlag gebrachten bestimmten Tatsachen, weshalb auch eine bei dieser Prognose unterbliebene Erwägung einzelner aus Sicht eines Beschwerdeführers allenfalls erörterungsbedürftiger Umstände nicht als Grundrechtsverletzung vorgeworfen werden kann (RIS‑Justiz RS0117806 [T28]).
Davon ausgehend lassen die vom Oberlandesgericht in seiner (den Bezugspunkt der Grundrechtsbeschwerde bildenden) Entscheidung angeführten Gründe, nämlich die Hemmungslosigkeit und Gleichgültigkeit des Sandokan J***** gegenüber rechtlich geschützten Werten zufolge Teilnahme an einer massiven Vermögensstraftat bereits aus geringfügigen Gründen, zur Aufbesserung seiner tristen finanziellen Lage sowie sein Kokainkonsum und das „Hineinrutschen ins Drogenmilieu“ (BS 2), ungeachtet des in der Beschwerde ins Treffen geführten Beitrags zur Wahrheitsfindung und der Unbescholtenheit des Sandokan J***** zur Tatzeit einen willkürfreien Schluss auf die nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO begründete Gefahr zu.
Angesichts der im Ersturteil wegen des Verbrechens des schweren Raubes verhängten – in diesem Zusammenhang maßgeblichen (vgl RIS-Justiz RS0108401; Kier in WK² GRBG § 2 Rz 13) – Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten hat das Beschwerdegericht Unverhältnismäßigkeit der zum Zeitpunkt dessen Entscheidung etwa 14 Monate andauernden Untersuchungshaft zutreffend verneint. Soweit die Beschwerde die Ansicht vertritt, „für den Fall einer Reduktion der Dauer der Strafe im Rechtsmittelverfahren“ und bei Berücksichtigung der „Möglichkeit der §§ 43 und 43a StPO“ sei „die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt“, übersieht sie, dass Überlegungen zu den Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht zulässig sind und damit auch die Möglichkeit einer Herabsetzung der Freiheitsstrafe sowie deren (teilweise) bedingter Nachsicht durch das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit außer Betracht zu bleiben haben (vgl erneut RIS‑Justiz RS0108401; Kier in WK² GRBG § 2 Rz 16; Kirchbacher/Rami , WK-StPO § 173 Rz 14).
Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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