OGH 11Os110/10a

OGH11Os110/10a28.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Prammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Puck ***** T***** wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter, dritter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. April 2010, GZ 27 Hv 90/09k-187, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Puck ***** T***** des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) des (teils versuchten, teils vollendeten) Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter, dritter und fünfter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB iVm § 12 zweiter (I.) und dritter (II.) Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er gewerbsmäßig (US 8) - wobei er schon einmal wegen einer Straftat im Sinn des § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war (AZ 35 Hv 156/05v des Landesgerichts Innsbruck) -

I. einen namentlich nicht bekannten niederländischen Staatsangehörigen, der im Zuge dreier, jeweils unter Verwendung eines Ford Transit und Wählen einer unbekannten Fahrtroute durchgeführter Schmuggelfahrten vorschriftswidrig Suchtgift in einer unbekannten, das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) aber jedenfalls weit übersteigenden und damit übergroßen Menge aus einem unbekannten Nachbarstaat Österreichs aus- und nach Österreich einführte und dort dem deswegen bereits rechtskräftig verurteilten Rupert K***** durch Übergabe überließ, zur Tatausführung bestimmt und zu dieser beigetragen, indem er die jeweiligen Fahrten organisierte, mit K***** die Übergabemodalitäten in Innsbruck vereinbarte, dem Suchtgiftkurier jeweils das Suchtgift mitgab und diesem auftrug, es zum vereinbarten Übergabeort nach Innsbruck zu bringen und K***** zu übergeben, und zwar:

1. zwischen Juni und Juli 2007 zum Schmuggel und zur Übergabe von ca 1.000 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt cirka 35 %) und 1.500 Gramm Cannabis (Reinheitsgehalt cirka 7,5 %);

2. Anfang September 2007 zum Schmuggel von cirka 1.000 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt cirka 35 %);

3. am 18. September 2007 zum Schmuggel von cirka 1.000 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt cirka 35 %) und zumindest 5.000 Gramm Cannabis (Reinheitsgehalt cirka 7,5 %);

II. am 21. September 2007 in St. Gallen zur Tatausführung des deswegen bereits rechtskräftig verurteilten Rupert K*****, der am selben Tag durch den mit einem Pkw über St. Margarethen erfolgenden Schmuggel von 1.349,3 Gramm Amphetamin (reines Amphetamin cirka 194 Gramm) und 833,2 Gramm (cirka 4.000 Stück) Ecstasy-Tabletten (reiner Wirkstoff an MDMA cirka 170 Gramm) vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) jedenfalls weit übersteigenden Menge aus der Schweiz aus- und nach Österreich einzuführen versuchte, beigetragen, indem er diesem die angeführten Suchtgifte im Zuge eines vereinbarten Treffens in St. Gallen für den Rücktransport nach Österreich übergab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 8 und 9 lit a StPO.

Mehrfach versuchte dieser, die Aussagetüchtigkeit des ihn massiv belastenden Zeugen Rupert K***** in Zweifel zu ziehen.

So beantragte er in der Hauptverhandlung am 22. September 2009 „zum Beweis dafür, dass der Zeuge K***** nicht aussagetüchtig ist, sondern vielmehr Störungen in der Hirnfunktion und Schäden des Gehirns aufweist, ... die Inaugenscheinnahme des Gutachtens von ao Univ.-Prof. Dr. Gerald C***** vom 22. 5. 2008 sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Psychiatrie ... und weiters zum Beweis dafür, die Einholung des Aktes 37 Hv 194/07z des LG Innsbruck ..., sowie im Besonderen die Inaugenscheinnahme des Hv-Protokolls im Akt 37 Hv 194/07z, bei welcher Verhandlung dem Zeugen K***** vorgehalten wurde, dass dessen Aussage im Strafverfahren [gemeint offenbar: Strafverfolgung] entweder wegen Verleumdung des Beschuldigten Herbert Kl***** oder wegen Verleumdung der Polizistin im Hinblick auf den Vorwurf des Amtsmissbrauchs nach sich ziehen würde und zum Beweis dafür, dass der diesbezügliche Akt 37 Hv 194/07z wegen des Verdachts auf Verleumdung gemäß § 297 StGB der Staatsanwaltschaft Innsbruck übermittelt wurde“ (ON 88 S 33). Dieser Antrag wurde vom Schöffensenat abgewiesen (ON 88 S 35).

In der Hauptverhandlung am 17. November 2009 wiederholte der Beschwerdeführer „den Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis der Aussageuntüchtigkeit des einzigen Belastungszeugen Rupert K***** im Hinblick auf das DNA-Gutachten, insbesondere deswegen, weil der Zeuge K***** nicht nur ständig seine Angaben in diesem wie auch in anderen Verfahren ändert, sondern auch im Hinblick darauf, dass er bei der letzten Hauptverhandlung definitiv behauptet hat, er habe einen Sack mit Drogen vom Angeklagten übernommen, wobei das DNA-Gutachten ganz eindeutig erbringt, dass das Merkmalmuster des Angeklagten nicht festgestellt wurde, daher seine Täterschaft auszuschließen ist [vgl zu dieser Argumentation US 29]. Damit erweist sich neuerlich, dass der Zeuge K***** offensichtlich Falschangaben macht und wird die Entscheidung des Schöffensenats beantragt“ (ON 123 S 18). Der Schöffensenat wies das Begehren ab (ON 123 S 20).

Schließlich beantragte der Rechtsmittelwerber - unter Hinweis auf „widersprüchliche Angaben, die sich mit normaler Vernunft nicht mehr erklären lassen“ - in der Hauptverhandlung am 8. Jänner 2010 „über den Zeugen K***** ein psychiatrisches Gutachten erstellen zu lassen zum Beweis seiner mangelnden Aussagefähigkeit, dies aber im Hinblick der aktenkundigen Hinweise, wonach K***** schwere Hirnschäden aufweist“ (ON 146 S 14), was neuerlich der Ablehnung verfiel (ON 146 S 15 f).

Vorausgeschickt sei, dass das Beweisthema „Aussagefähigkeit/-tüchtigkeit eines Zeugen“ Bedeutung im Zusammenhang mit § 155 Abs 1 Z 4 StPO, aber auch mit § 288 StGB haben kann, im Gegenstand von Vorwürfen nach dem Suchtmittelgesetz aber keine entscheidende Tatsache darstellt, weil kein hier relevantes gesetzliches Tatbild auf den zu beweisenden Umstand abstellt, mit anderen Worten für die Lösung der aktuellen Schuld- und Subsumtionsfrage keinen Einfluss entfaltet.

Ob eine Person in der Wahrnehmung, Erinnerung oder Wiedergabe von Tatsachen krankhaft beeinträchtigt ist, kann allerdings sehr wohl eine erhebliche Tatsache sein. Für diese Einordnung - und somit die ausnahmsweise Notwendigkeit der Beiziehung eines psychiatrischen Experten (RIS-Justiz RS0097929) - bietet das „schwere Hirnschäden“ bloß abstrakt behauptende Antragsvorbringen indes keine substrathaften Anhaltspunkte: Dieses lässt vielmehr bei der Betonung von Ansätzen für Zweifel an der wegen jahrelangen Kokainkonsums negierten geistigen Gesundheit des Zeugen völlig die Beweisergebnisse außer Acht, die für die objektive Richtigkeit des strafrechtlich relevanten Kerns der den Angeklagten belastenden Depositionen sprechen (vgl dazu US 21 f zur Zeugin F***** und US 22 ff zum SMS-Verkehr zwischen dem Angeklagten sowie dessen Frau und dem Zeugen K*****; rechtlich Ratz, WK-StPO § 281 Rz 341 mwN).

Die Nichtbeiziehung eines Sachverständigen verletzte somit entgegen dem Rechtsmittelvorbringen (Z 4) - das neuerlich einseitig bloß die Widersprüche in den Angaben des Zeugen K***** hervorhebt (von denen die Tatrichter ohnedies ausgingen - US 25, weshalb sich auch die lediglich auf den Nachweis früherer widersprüchlicher Aussagen gerichtete Aktenbeischaffung erübrigte; das Beweisthema einer Aktenübermittlung an die Staatsanwaltschaft ist ohne jeglichen Belang für die gegenständliche Schuld- und Subsumtionsfrage) - keine gesetzlich geschützten Verteidigungsrechte (vergleichbar bereits 12 Os 52/03 [S 15] = RIS-Justiz RS0098297 [T2]).

In der Hauptverhandlung am 22. April 2010 beantragte der Angeklagte „aufgrund der heutigen Angaben des Zeugen Glenn B*****, wonach dessen Vater Kees B***** die Aufsicht über die Arbeiter und damit auch über den Angeklagten über hatte, zum Beweis dafür, dass der Angeklagte am 21. 9. 2009 [ersichtlich gemeint: 2007] zumindest bis 13:30 Uhr auf der Baustelle war, den Zeugen Kees B*****, per Adresse des Zeugen Glenn B*****. Weiters wird die Ausforschung des vollständigen Namens des Arbeiters Ivan über den Zeugen ***** D***** beantragt und anschließend die Einvernahme dieses Arbeiters zu seinen Wahrnehmungen am 21. 9. 2007 insbesondere zum Beweis dafür, dass der Angeklagte am 21. 9. 2007 bis 13:30 Uhr an der Baustelle in Nieuw Vennep war“ (ON 186 S 15). Die Abweisung dieses Antrags durch den Schöffensenat (ON 186 S 16 f) erfolgte als unzulässige Erkundungsbeweisführung (neuerlich Ratz, WK-StPO § 281 Rz 341; RIS-Justiz RS0099353 vor allem [T14]) zu Recht, weil die Tauglichkeit der Beweismittel für das genannte Beweisthema angesichts der diese gerade nicht tragenden Angaben des Arbeitgebers zu den von ihm am 21. September 2007 an der konkreten Baustelle beschäftigten Arbeitern (Zeuge ***** D***** ON 146 S 5; vgl zu „Ivan“ [im Rechtsmittel „Ivo“] auch den Zeugen Glenn B***** ON 186 S 9, der bloß allgemein und ohne konkrete Datierung von dessen Arbeit auf dieser Baustelle erzählte) konkret hätte angesprochen werden müssen. Dem Vorbringen des Nichtigkeitswerbers entgegen fällt dem Erstgericht (vgl US 17 f) diesfalls keineswegs eine unzulässig vorgreifende Beweiswürdigung zur Last. Soweit der Beschwerdeführer „zwei Engländer“ als Zeugen für seine Anwesenheit auf der Baustelle am 21. September 2007 erwähnt, vermag er keine bezughabende Antragstellung in der Hauptverhandlung zu bezeichnen - ein Antrag in diese Richtung wurde vielmehr am 8. Jänner 2010 (ON 146 S 12) lediglich „angekündigt“. Eigenständige Erhebungen des Erstgerichts (vgl ON 146 S 15) ergaben im Übrigen, dass diese Personen nicht ausgeforscht werden konnten (ON 170), weshalb jedenfalls unerreichbare Beweismittel vorliegen (vgl US 16).

Ebenfalls in der Hauptverhandlung am 22. April 2010 wurde die „ergänzende Einvernahme des Zeugen ***** D***** zum Beweis dafür angeboten, dass der Zeuge Ishmael Simeon A***** am 21. 9. 2009 [gemeint wohl: 2007] keinen Urlaub genoss, sondern an der Baustelle in Nieuw Vennep war und damit die Angaben des Zeugen Ishmael Simeon A***** auch unter Beweis gestellt sind, dass auch der Angeklagte an diesem Tag an der Baustelle war und den Zeugen wieder mit dem Bus zurückbrachte, dies allerdings nicht vor Mittag“ (ON 186 S 15). Wiederum zeigt sich dieses Vorbringen als auf unzulässige Erkundung gerichtet: Der Zeuge ***** D***** hatte nämlich ausgesagt, dass er am 21. September 2007 unter anderem Ishmael Simeon A***** auf eine andere Baustelle schickte und der Angeklagte auf dem Bauplatz in Nieuw Vennep verblieb (ON 146 S 6). Ein ergänzendes Tauglichkeitsvorbringen ist dem zum Gegenstand der Verfahrensrüge gemachten Antrag indes nicht zu entnehmen, er verfiel somit ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten der Ablehnung (ON 186 S 16, siehe auch US 16 f).

Schließlich beantragte der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 22. April 2010 „zum Beweis dafür, dass die Telefonnummern mit der Vorwahl *****[gemeint wohl: ***** und ***** weder vom Angeklagten benutzt noch diese Nummern dem Angeklagten zuzuordnen sind und diesbezügliche Erhebung der Einholung der Daten der Besitzer dieser Handynummern bzw die Erhebung des Namens jener Personen ..., auf welchen die Handynummern angemeldet sind sowie die Ladung und Einvernahme der durch die Datenerhebung auf die beiden Handynummern angemeldeten Personen. Begründend wird ausgeführt, dass das Gericht den vormaligen Beweisantrag in ON 50 mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Tatsache, auf wen eine Telefonnummer angemeldet ist, nichts darüber aussagt, wer das Handy tatsächlich benützt. Durch die Ausforschung jener Personen, auf die die beiden Handynummern angemeldet sind, könne im Anschluss daran aber die ausgeforschten Personen darüber Auskunft geben, ob sie überhaupt den Angeklagten kennen und allenfalls wenn ja, ob sie diesen das auf sie angemeldete Handy zur Nutzung übergeben haben“ (ON 186 S 15 f). Die diesbezügliche Abweisung durch den Schöffensenat (ON 186 S 17) erfolgte zu Recht: Einmal mehr handelt es sich um einen schon aus der Diktion ersichtlichen unzulässigen Erkundungsbeweis, weil der Antragsteller im Hinblick auf die einschlägigen Ergebnisse der Telefonüberwachungen (siehe dazu US 23 f und 29 f; vgl ON 2 S 83 ff, zu den Textbotschaften S 91 und 93) über Anknüpfungspunkte zur Zuordnung der Nummer ***** zu Maria ***** T***** (der Gattin des Angeklagten) hätte ausführen müssen, aus welchem Grund die begehrten Erhebungen die allein erhebliche Frage der Benutzung der Telefone hätte klären können.

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) entgegen hat sich das Erstgericht mit den Widersprüchen in den Angaben des Zeugen K***** kritisch auseinandergesetzt (US 25 f). Die Begründung der festgestellten subjektiven Tatseite (US 6 bis 8) findet sich in US 28 - das lapidare Vorbringen „vorsichtshalber wird an dieser Stelle auch der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 a StPO geltend gemacht“ entzieht sich sachlicher Erwiderung. Die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz führt den Rechtsmittelwerber aus dem gesetzlich vorgegebenen Anfechtungsrahmen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 454; RIS-Justiz RS0102162). Dies gilt auch für die nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht normierten Berufung wegen Schuld angestellten Überlegungen zur Rolle der ursprünglich (ON 42) mitangeklagten, zwischenweilig unbekämpft und somit rechtskräftig freigesprochenen Maria ***** T*****. Die entsprechende Negativfeststellung zum Wissen der Genannten (US 8) samt Begründung (US 26 f) stellt die geltend gemachte Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) hinsichtlich der Tathandlungen des Angeklagten (US 6 und 27 f - Veranlassen und Fördern der Schmuggelfahrten) nicht her. Es ist auch keinesfalls unschlüssig (Z 5 vierter Fall), dass Übergabeorte (Faktengruppe I) durch Maria ***** T***** ohne Wissen um die zu übergebenden Sachen genannt wurden.

Weshalb der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 8 StPO verwirklicht wäre, weil „die StA spätestens mit Freispruch von Maria ***** T***** das behauptete Tatgeschehen in der Anklage hätte ändern müssen“ und weil „sich das Tatgeschehen des Schuldspruchs nicht mit der Anklage, insbesondere auch nicht mit der Anklagebegründung in Einklang bringen“ lasse, bleibt im Dunkeln. An die Beurteilung des Sachverhalts durch die anklagende Staatsanwaltschaft ist das Gericht nur insofern gebunden, als Anklage- und Urteilsfaktum im Sinne des prozessualen Tatbegriffs ident sein müssen (§ 267 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 502; Lewisch, WK-StPO § 262 Rz 23, 28 und 31 mwN; RIS-Justiz RS0098487).

Der Tatsachenrüge (Z 5a) und ihrem einleitenden Satz der Verweisung auf das „zu den oben angeführten Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO Ausgeführte“, das „zur Begründung für diesen Nichtigkeitsgrund erhoben“ wird, sei vorerst entgegengehalten, dass sich die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig unterscheiden und daher gesonderter Ausführung bedürfen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber beschwert erachtet. Der zitierte Einleitungssatz entspricht daher nicht der Prozessordnung (RIS-Justiz RS0115902).

Die zusammenfassende Darstellung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten (siehe dazu US 9 ff), der Widersprüche in den Angaben des Zeugen K***** (siehe dazu US 25 f) und der das behauptete Alibi vom 21. September 2007 betreffenden Deponate der Zeugen ***** D***** (siehe dazu US 15 f), M***** sowie C***** (siehe dazu US 12 ff) und F***** (siehe dazu US 21 ff) vermag beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldsprüchen zu Grunde liegenden Tatsachen - denen nur die verfahrensfremde Hypothese einer völlig konstruierten Belastung eines völlig Unbeteiligten entgegenstünde - zu erwecken.

Denn der formelle Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt den Richtern erster Instanz vorbehalten, die unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheiden. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit - wie in Erledigung einer Berufung wegen Schuld - sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583).

Das Thematisieren der Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit des Zeugen K***** in diesem Zusammenhang führt den Beschwerdeführer wiederum aus dem gesetzlich begrenzten Anfechtungsrahmen (RIS-Justiz RS0099649).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht die rechtlich relevanten Konstatierungen der angefochtenen Entscheidung (US 5 ff) und verfehlt mit beweiswürdigenden Überlegungen - die in der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz gipfeln - zu den Erkenntnisquellen der Tatrichter sinnfällig die prozessordnungsgemäße Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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