European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0110OS00010.22P.0301.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte * S* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe sowie zu Zahlungen an Privatbeteiligte verurteilt; überdies wurden Vermögenswerte für verfallen erklärt.
Rechtliche Beurteilung
[2] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am 26. November 2021 meldete der durch eine Wahlverteidigerin vertretene Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 48 S 54).
[3] Das Urteil sowie das Hauptverhandlungsprotokoll wurden der Wahlverteidigerin mit Wirksamkeit (§ 89d Abs 2 GOG) vom 10. Dezember 2021 zugestellt (siehe den Zustellnachweis bei ON 1 S 23 verso sowie laut VJ).
[4] Am 29. Dezember 2021 (vgl § 89d Abs 1 GOG) gab die Wahlverteidigerin die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Angeklagten bekannt (ON 54).
[5] Dem daraufhin vom Gericht bestellten Verfahrenshilfeverteidiger wurden das Urteil sowie das Hauptverhandlungsprotokoll am 10. Jänner 2021 zugestellt (Zustellnachweis bei ON 1 S 25 verso sowie laut VJ).
[6] Nach Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, binnen vier Wochen (hier) nach Zustellung einer Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe beim Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 StPO). Der Lauf dieser Frist wird weder durch die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zur Wahlverteidigerin (zu deren Pflicht zur Vornahme fristwahrender Prozesshandlungen vgl § 63 Abs 2 zweiter Satz StPO und § 11 Abs 2 RAO) noch durch die danach erfolgte Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers beeinflusst (§ 63 Abs 2 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0125686, RS0116182 [T8, T12, T13]; Soyer/Schumann, WK-StPO § 63 Rz 29 f; Murschetz, WK-StPO § 84 Rz 4).
[7] Die durch Zustellung der Urteilsabschrift an die Wahlverteidigerin am 10. Dezember 2021 ausgelöste Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten endete daher mit Ablauf des 7. Jänner 2022 (vgl § 84 Abs 1 StPO).
[8] Da der Angeklagte weder bei der Anmeldung noch innerhalb der vierwöchigen Ausführungsfrist Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2 StPO).
[9] Gleiches gilt für die Berufung, weil der Angeklagte weder bei deren Anmeldung noch in einer rechtzeitig überreichten Berufungsschrift (§ 294 Abs 2 zweiter Satz StPO) erklärt hat, ob er den Strafausspruch, das Verfallserkenntnis oder den Zuspruch an Privatbeteiligte bekämpfen wolle (§ 296 Abs 2 StPO iVm § 294 Abs 4 StPO; RIS‑Justiz RS0100395 [insbesondere T5] und RS0100042; Ratz, WK-StPO § 294 Rz 10, § 296 Rz 5).
[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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