Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.April 1939 geborene kaufmännische Angestellte Hans Peter A des Verbrechens des Menschenhandels nach dem § 217 Abs. 2
StGB schuldig erkannt, weil er am 10.Jänner 1978 in Bangkok eine Person, nämlich Lamool B, mit dem Vorsatz, daß sie in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, gewerbsmäßige Unzucht treibe, 'durch die Vorspiegelung, daß sie in Österreich als Bar- und Animiermädchen arbeiten könne und lediglich mit Männern Champagner oder Sekt trinken müsse und dafür pro halbe Stunde S 500,-- verdiene, mithin durch Täuschung über dieses Vorhaben verleitet, in einen anderen Staat, nämlich nach Österreich, befördert' hat. Von drei weiteren Anklagepunkten (betreffend Straftaten anderer Art) wurde er rechtskräftig freigesprochen. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 2, 4, 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Verfehlt ist die Beschwerde zunächst, soweit sie sich unter Relevierung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes gegen die Abstandnahme des Schöffengerichtes von der Ladung (und Einvernahme) der im Ausland, nämlich Südostasien, befindlichen Zeugin Lamool B (vor dem erkennenden Gericht oder zumindest im Rechtshilfeweg) und gegen die Verlesung ihrer vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter abgelegten Aussagen wendet, der vom Angeklagten in der Hauptverhandlung ausdrücklich widersprochen wurde. Dieser Nichtigkeitsgrund setzt nämlich voraus, daß trotz der Verwahrung des Beschwerdeführers ein Schriftstück über einen nach dem Gesetze nichtigen Vorerhebungsoder Voruntersuchungsakt in der Hauptverhandlung verlesen wurde. Ein solcher liegt hier aber nicht vor. Denn bei dem Protokoll betreffend die Vernehmung der Zeugin Lamool B vor dem Untersuchungsrichter (ON. 4) handelt es sich nach der Aktenlage um eine rechtmäßig zustandegekommene Niederschrift über deren zeugenschaftliche Bekundungen vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 23. Februar 1978, wobei die Zeugin ihre Aussage in englischer Sprache ablegte und ein gerichtlich bestellter und beeideter Dolmetsch für diese Sprache diese Angaben in die deutsche Sprache übersetzte; das Protokoll wurde der Zeugin abschließend, in die englische Sprache - in der sie sich, wie der Protokollsinhalt zeigt, klar und sinnvoll auszudrücken vermochte - übersetzt, vorgelesen, von ihr als richtig anerkannt und unterschrieben (Bd. I/S. 22). Diese Niederschrift betrifft sohin einen gesetzmäßigen Voruntersuchungsakt, dessen Verlesung folglich nicht den Nichtigkeitsgrund der Z. 2 des § 281 Abs. 1
StPO verwirklicht; ebensowenig die Verlesung des Protokolls über die Vernehmung der Lamool B vor der Bundespolizeidirektion Graz (Bd. I/S. 11 bis 15), wobei auch der Umstand keine Nichtigkeit nach der obangeführten Gesetzesstelle bedeutet, daß der betreffenden Niederschrift (formell) nicht entnommen werden kann, ob Lamool B damals als Verdächtige oder als Auskunftsperson vernommen wurde, wie es schließlich auch völlig irrelevant ist, ob die genannte Zeugin anläßlich dieser Einvernahme zur Polizeidienststelle geladen oder vorgeführt wurde.
Soweit sich der Angeklagte aber auf eine Beeinträchtigung des ihm nach Artikel 6 Abs. 3 lit. d MRK. zustehenden Rechts beruft, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen, ist ihm zu entgegnen, daß von der Verletzung eines solchen Rechts sinnvollerweise nur dort gesprochen werden kann, wo die äußeren Möglichkeiten für dessen Verwirklichung gegeben sind, die Ausübung desselben jedoch trotzdem verweigert oder verhindert wird. Bei der Vorschrift des § 252 Abs. 1 Z. 1 StPO handelt es sich um einen (echten) Fall gesetzlicher Einschränkung der Rechte von Anklage und Verteidigung, die auf die Realität von Hindernissen, die der Ausübung des Fragerechtes vor dem erkennenden Gericht entgegenstehen, Bedacht nimmt. Im übrigen wurde durch die Menschenrechtskonvention keine Erweiterung der gegebenen Anfechtungsmöglichkeiten bewirkt (EvBl. 1972/36; 1975/180), weshalb eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein schöffengerichtliches Urteil - sofern sie nicht nach besonderen gesetzlichen Vorschriften auch in anderen Fällen zulässig ist - nur auf einen der in § 281 Abs. 1, 281 a StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe gestützt werden kann, von denen nach dem oben Gesagten jener der Z. 2 des § 281 Abs. 1 StPO hier aber nicht vorliegt.
Schon insoweit vermag die Beschwerde daher nicht durchzuschlagen. Im inneren Zusammenhang mit seinem Vorbringen zum vorher behandelten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer ferner in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 5.September 1978 (vgl. Bd. II/S. 144 in Verbindung mit S. 103 ff.) unter anderem gestellten Beweisantrages auf Vernehmung der Zeugin Lamool B vor dem erkennenden Gericht unter Beiziehung eines Dolmetsches für ihre Muttersprache (Thai oder Siamesisch) einen Verfahrensmangel i. S. d.
§ 281 Abs. 1 Z. 4 StPO Dem genügt es aber - ohne daß es eines Eingehens auf das weitwendige Beweisthema bedarf - zu erwidern, daß der bezügliche (wiederholte) Antrag schon deshalb (wie vorher bereits in der Hauptverhandlung vom 1.August 1978) zu Recht der Abweisung verfiel, weil die beantragte Zeugin inzwischen nach Bangkok zurückgekehrt sowie ihr Wohnsitz und Aufenthalt nicht bekannt ist und ihr persönliches Erscheinen, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, wegen entfernten Aufenthaltes füglich nicht bewerkstelligt werden konnte; das Schöffengericht durfte sich daher - wie schon eingangs ausgeführt - mit der - gesetzlich zulässigen (§ 252 Abs. 1 Z. 1 StPO) - Vorlesung des Protokolles über ihre Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter (Bd. I/ON. 4) begnügen (§ 252 Abs. 1 Z. 1 StPO); eine Einvernahme der erwähnten Zeugin im Rechtshilfeweg in Bangkok war - abgesehen von der Fragwürdigkeit ihrer Durchführbarkeit, der Tatsache, daß sie den Mitgliedern des erkennenden Gerichtes (ebenfalls) keinen persönlichen Eindruck von der Zeugin vermittelt hätte, deren Bekundungen zur Sache sich aber ohnedies schon aus dem vor dem Untersuchungsrichter aufgenommenen und in der Hauptverhandlung verlesenen (Bd. II/S. 144) Protokoll ergeben -
gar nicht beantragt worden. Soweit die Beschwerde auch die Unterlassung dieser Art von Vernehmung rügt, geht sie demnach über den Inhalt des gestellten Beweisantrages hinaus und kann darum schon aus formalen Gründen keine Berücksichtigung finden. Beschwert fühlt sich der Angeklagte ferner durch die Abweisung seines weiteren Beweisantrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Oberpolizeirates Dr. C der Bundespolizeidirektion Graz zum Beweise dafür, daß auf Grund des Bescheides der Bundespolizeidirektion Graz vom 15.Mai 1975, II-4931, Seite 2, 3. Absatz, in Verbindung mit der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Hausordnung, Punkt V 14, die Bundespolizeidirektion Graz die Meldung, daß Lamool B der Prostitution nachzugehen beabsichtige, zu prüfen hatte und trotz erlangter Kenntnis keine Untersagung aussprach, obwohl sie als Strafverfolgungsbehörde verpflichtet gewesen wäre, ein mögliches, von einem anderen gesetztes Delikt zu verhindern, sohin sowohl 'die zuständige Arbeitsmarktverwaltung als die Zulassungsbehörde wie auch die Polizeibehörde als jeweilige Kompetenz die entsprechende Zustimmung zur Ausübung der Prostitution der Lamool B erteilt' haben, weshalb sich der Angeklagte in einem Rechtsirrtum im Sinne des § 9 StGB befunden habe (S. 105, 144). Auch in diesem Punkt versagt die Verfahrensrüge. Für die Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten als Verbrechen nach § 217 Abs. 2 StGB ist allein von Belang, ob er zur Tatzeit (10.Jänner 1978) am Tatort (Bangkok) mit dem in dieser Gesetzesstelle vorausgesetzten Vorsatz die Lamool B dazu verleitet hat, sich nach Österreich zu begeben. Hingegen ist es für die subjektive Tatseite des vom Angeklagten begangenen Deliktes wie auch sonst für die Tatbildmäßigkeit unmaßgeblich, ob und warum inländische Behörden später die tatsächliche Prostitutionsausübung der rechtswidrig nach Österreich gelockten Ausländerin tolerierten, weshalb der Angeklagte hieraus (folglich) auch keinen Rechtsirrtum in bezug auf die ihm angelastete Tat ableiten kann. Durch die Ablehnung der in Rede stehenden Beweisaufnahme seitens des Erstgerichts wurde der Angeklagte sohin in seinen Verteidigungsrechten ebenfalls nicht beeinträchtigt. In Ausführung seiner Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) wirft der Beschwerdeführer dem Gericht zunächst summarisch Mangelhaftigkeit, Unvollständigkeit und teilweise Aktenwidrigkeit der Urteilsbegründung vor. Im einzelnen führt er hiezu aus, das Urteil lasse jede Begründung für die Annahme eines Handelns des Angeklagten mit bedingtem Vorsatz vermissen und setze sich nicht damit auseinander, daß die Zeugin Gerda D ausdrücklich die Verantwortung des Angeklagten hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse und Verdienstmöglichkeiten (im Eros-Center Graz) bestätigt habe, sowie die Zeugin Lamool B zuerst nach Salzburg - wo sich der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt nicht aufhielt - und dann erst freiwillig nach Graz gefahren sei; ferner habe das Erstgericht nicht berücksichtigt, daß die Bundespolizeidirektion Graz nach Aussage des Zeugen Friedrich E mit Bescheid vom 16.Dezember 1977 die Einstellung des Bordellbetriebes im Eros-Center verfügt habe, was für die Richtigkeit seiner - außerdem an sich übergangenen - Verantwortung spreche, durch die Einstellung ausländischer Mädchen als Go-Go-Tänzerinnen eine zweite Einnahmsquelle gesucht zu haben, und gleichzeitig die weitere Feststellung, zur Tatzeit sei für Lamool B die Ausübung einer anderen Funktion als jene einer Prostituierten im Eros-Center auf Grund der Art und Besetzung der dortigen Arbeitsplätze gar nicht möglich gewesen, als mit den Denkgesetzen nicht im Einklang stehend erscheinen lasse.
Der Beschwerdeführer zeigt jedoch mit diesem Vorbringen keinen Begründungsmangel des Urteils auf, nach dessen Feststellungen der Angeklagte am 10.Jänner 1978 in seiner Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter der 'Bar-Betriebe-Ges.m.b.H.', der auch das behördlich konzessionierte Bordell 'Kleiner Pelz Eros-Center' in Graz gehörte (wo die Gesellschaft im übrigen auch ihren Sitz hatte) in Bangkok die thailändische Staatsangehörige Lamool B, die dort in einem Klub als Animierdame beschäftigt war, als Arbeitskraft für Österreich unter der Vorspiegelung anwarb, sie auch hier nur als Animierdame - unter den im Urteilsspruch angeführten näheren Umständen - zu beschäftigen, obwohl er wußte, daß sie in Graz nur als Prostituierte in einem Bordell tätig werden konnte sowie sollte, und sie dann auch tatsächlich im oben genannten Etablissement als Prostituierte Verwendung fand.
Es hat diesen entscheidungswesentlichen Sachverhalt, gestützt auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens, im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung mit schlüssiger, den Denkgesetzen wie auch der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechender Begründung festgestellt. In Ansehung der vom Angeklagten gegenüber der genannten Thailänderin gesetzten Täuschungshandlung über die Art der in Aussicht genommenen beruflichen Tätigkeit in Österreich folgte es dabei vor allem den Angaben dieser Zeugin im Vorverfahren, die es - nachdem sie in gesetzmäßiger Weise in der Hauptverhandlung verlesen und damit zur Urteilsgrundlage gemacht worden waren - für glaubwürdig befand. Was aber die subjektive Tatseite anlangt, so begründete es seine Feststellungen über das (zumindest bedingt) vorsätzliche Handeln des Angeklagten hinreichend und folgerichtig mit dem Wissen des Angeklagten, daß der Einreisevermerk für Lamool B nur auf Graz lautete, dort aber als Arbeitsstätte innerhalb des Kreises der zur 'Bar-Betriebe-Ges.m.b.H.' gehörigen Etablissements (der auch Unterhaltungsbetriebe in anderen Orten Österreichs umfaßte) nur das 'Eros-Center', ein konzessioniertes Bordell (dessen Barbetrieb der 'Anbahnung' diente), in Betracht kam, wo die Angeworbene damals (deshalb) überhaupt nur als Prostituierte arbeiten konnte, zumal es an anderweitigen Arbeitsplätzen dort nur die ohnedies voll besetzten und daher nicht verfügbaren der Barfrau, der Aufräumerinnen und Buchhaltungskräfte gab. Der Verantwortung des Angeklagten, er habe Lamool B als sogenannte Go-Go-Tänzerin verwenden wollen, schenkte das Schöffengericht ersichtlich keinen Glauben; es bezog sich in diesem Zusammenhang namentlich auf die Depositionen mehrerer Zeugen, wonach bisher (von besonderen Ausnahmsfällen abgesehen) die Vorführung von Go-Go-Tänzen im 'Eros-Center' durchaus nicht üblich war und dort überhaupt programmgemäß niemals getanzt wurde. Dem - unerwähnt gebliebenen - Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 16.Dezember 1977 kommt schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil er zur Tatzeit noch gar nicht in Rechtskraft erwachsen war (sondern noch dem ordentlichen Rechtszug unterlag, wobei, wie sich aus Band I/Seite 111 ergibt, das Rechtsmittelverfahren dann auch im März 1978 noch nicht abgeschlossen war); er stand zudem - aber auch unabhängig davon - der angefochtenen Feststellung nicht entgegen. Das Erstgericht war jedenfalls keineswegs - wie der Beschwerdeführer vermeint - denknotwendig zur Annahme verhalten, der Angeklagte habe schon bei Anwerbung der Lamool B eine allfällige zukünftige Umstellung des Betriebes erwogen;
dies umso weniger, als er diese angebliche Motivation (für die von ihm behauptete Anwerbung der Genannten bloß als Go-Go-Tänzerin) erst in der letzten Hauptverhandlung neu vorbrachte (Band II/Seite 132), wogegen er vorher immer angegeben hatte, daß er durch die Einstellung einer Go-Go-Tänzerin den Umsatz des (Bordell-) Betriebes heben wollte (vgl. Band I/Seite 39 und Band II/Seite 53 und 54), und auch nach den Bekundungen der Zeugin Lamool B (Band I/Seite 20, Verlesung (Band II/Seite 144) deren Frage, ob sie hier etwa auch tanzen oder Striptease machen müsse, vom Angeklagten verneint worden war und dies ihren Entschluß zur Reise nach Österreich herbeigeführt hatte. Mit dem wenige Tage währenden Zwischenaufenthalt der Lamool B in St. Johann im Pongau vor ihrer Weiterreise nach Graz hat sich das Erstgericht ohnehin auseinandergesetzt (Band II/Seite 153) und den Grund hiefür in mängelfreier Weise festgestellt. Einer weiteren Befassung damit bedurfte es nicht, zumal von vorneherein feststand, (Fassung des Einreisevermerkes) daß Lamool B nur in Graz im Eros-Center arbeiten konnte (vgl. hiezu auch die eigene Verantwortung des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter, Band I/Seite 39 verso und 39 a). Aus der Aussage der Zeugin Gerda D schließlich war in den hier ausschlaggebenden Belangen nichts zu gewinnen, sieht man davon ab, daß auch sie (zu Lasten des Angeklagten) die Funktion des 'Eros-Center' in Graz als reinen Bordellbetrieb bestätigte (vgl. Band II/Seite 21 ff., namentlich S. 25, in Verbindung mit Band II/Seite 97 ff.). Für das Schöffengericht, das im übrigen bei der Frage nach der Entscheidungswesentlichkeit von Verfahrensergebnissen zutreffend ausschließlich auf die Anwerbung am 10.Jänner 1978 in Bangkok abstellte (Bd. II S. 156), bestand darum keine Veranlassung, auf diese Zeugenaussage, welche es in den Kreis seiner Erwägungen einbezog (Band II/Seite 156), ausführlicher einzugehen. Demnach kann auch der Mängelrüge, die teilweise überhaupt nur einen unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung enthält, kein Erfolg beschieden sein.
Soweit der Angeklagte mit seiner Rechtsrüge nach der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO Feststellungsmängel in bezug auf den subjektiven Tatbestand behauptet, ist er zunächst auf die Urteilsfeststellung zu verweisen, wonach er (anläßlich seiner Täuschungshandlung) 'wußte und zumindest in Kauf nahm', daß Lamool B in Graz nur als Prostituierte arbeiten könne (Band II/Seite 157). Diese Feststellung geht mit Bezug auf das intellektuelle Vorsatzelement sogar über das vom § 5 StGB für die Vorsatzform des dolus eventualis (Abs. 1) aufgestellte Mindesterfordernis, daß der Täter die dem gesetzlichen Tatbild entsprechende Sachverhaltsverwirklichung 'ernstlich für möglich' hält, hinaus. Denn die fragliche Stelle der Urteilsbegründung kann im Zusammenhang nur dahin verstanden werden, daß das Erstgericht als erwiesen annahm, der Angeklagte habe das Eintreten des tatbildmäßigen Erfolges (nicht bloß für 'möglich', sondern) für 'gewiß' gehalten ('Wissentlichkeit' i.S. d. Absatzes 3 des § 5 StGB). Hat sich der Angeklagte aber mit der - inhaltlich der Urteilsgründe - von ihm sohin als gewiß angenommenen Tatbildverwirklichung - wie das Urteil nach dem Gesagten ferner ausspricht - 'abgefunden' (und nicht etwa auf das Ausbleiben des deliktischen Erfolgs vertraut), so enthält das Urteil auch in subjektiver Hinsicht alle Konstatierungen, welche die allfällige Annahme eines bloß bewußt fahrlässigen Vorgehens des Angeklagten ausschließen und die Beurteilung der Tat als i.S. des § 5 StGB vorsätzliche strafbare Handlung, nämlich als das Verbrechen nach § 217 Abs. 2 StGB rechtfertigten.
Wenn der Angeklagte in weiterer Ausführung seiner Rechtsrüge - hiebei die Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit. a und 10 (der Sache nach jedoch jenen der Z. 9 lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO geltend machend - den Schuldausschließungsgrund des Rechtsirrtums im Sinne des § 9 StGB für sich in Anspruch nimmt, so muß ihm vorerst entgegengehalten werden, daß er sich selbst gar nicht etwa damit verantwortet hat, bei der Verleitung der Lamool B zum Aufenthaltswechsel nach Österreich am 10.Jänner 1978 in Bangkok zwar tatbildmäßig gehandelt, das Unrecht der Tat aber wegen eines (ihm nicht vorzuwerfenden) Rechtsirrtums nicht erkannt zu haben. Auch sonstige Verfahrensergebnisse indizierten keine Feststellungen in dieser Richtung. Die Irrelevanz der (späteren) Duldung der tatsächlichen Prostitutionsausübung durch Lamool B seitens der österreichischen Behörden in diesem Zusammenhang wurde schon bei der Erledigung der Verfahrensrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO dargetan.
Die sonstigen als Rechtsrüge deklarierten Beschwerdeausführungen erschöpfen sich in Wahrheit im neuerlichen (unbeachtlichen) Versuch, die Feststellungen und damit die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen;
sie bringen schon mangels Festhaltens an dem urteilsmäßig als erwiesen angenommenen Sachverhalt keinen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung.
Das Erstgericht hat sohin die vom Schuldspruch umfaßte Tat des Angeklagten ohne Rechtsirrtum dem § 217 Abs. 2 StGB unterstellt, wobei es sich im Urteilssatz zwar - übrigens ungerügt - insoweit (hierin der Anklageschrift folgend) einer fehlerhaften Diktion bediente, als es dort richtig zu heißen hätte ' .... verleitet, sich in einen anderen Staat, nämlich nach Österreich, zu begeben' (wogegen das verwendete Zeitwort 'befördert' sprachlich einer anderen im Gesetz vorgesehenen - rechtlich gleichrangigen - Begehungsart des Verbrechens des Menschenhandels gemäß § 217 Abs. 2 StGB zugehört), aber trotzdem im Sinne der Vorschrift des § 260 Abs. 1 Z. 1 StPO keinen Zweifel darüber läßt, welcher Tat der Angeklagte schuldig befunden worden ist.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war somit zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Hans Peter A nach § 217 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Es wertete bei der Strafbemessung die zehn Vorstrafen, die mit Ausnahme zweier übertretungen nach § 431 StG. Vermögensdelikte betreffen, und zwar hauptsächlich Betrugstatbestände erfüllen, als erschwerend, die Tatsache, daß die letzte Verurteilung aus dem Jahr 1969 stammt, hingegen als mildernd.
Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Strafermäßigung an, die Staatsanwaltschaft die Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht. Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt, jene des Angeklagten ist nicht begründet.
Das Begehren des Letzteren, ihm zusätzlich als Milderungsgrund anzurechnen, daß ihm nur bedingter Vorsatz anzulasten sei, geht schon deshalb fehl, weil im Urteil festgestellt ist, daß das intellektuelle Element des Tätervorsatzes teilweise sogar über einen bloß bedingten Erfolgswillen, und zwar in der Richtung des unbedingten Vorsatzes (dolus principalis: § 5 Abs. 3 StGB) hinausgegangen ist, wie bereits bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde aufgezeigt wurde. Außerdem sind im Rahmen des Strafausspruchs die verschiedenen Vorsatzformen des § 5 (Abs. 1 bis 3) StGB an sich zunächst grundsätzlich als gleichwertig zu behandeln; derartige Unterschiede im Vorsatz können (unbeschadet besonderer Gegebenheiten im Einzelfall, welche entsprechend § 32 Abs. 3 StGB Berücksichtigung zu finden haben) für sich allein nicht strafmildernd wirken. Im übrigen stellen die Berufungsausführungen über weite Strecken nur eine unbeachtliche Polemik gegen die Sachverhaltskonstatierungen des Schöffengerichts dar. Der in erster Instanz angenommene einzige Erschwerungsgrund bedarf vorerst insofern einer Berichtigung, als sieben der in der Strafregisterauskunft ausgewiesenen zehn Vorstrafen Vermögensdelikte betreffen. Geht man aber von der Begriffsbestimmung des § 71 StGB aus, so zeigt sich, daß diese sieben Verurteilungen Taten zum Gegenstand hatten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten wie die dem nunmehrigen Schuldspruch unterzogene: Betrug, Diebstahl, Unterschlagung, Veruntreuung und Ausgabe von ungedeckten Schecks beruhen auf gleichartigen verwerflichen Beweggründen wie der - seinem Wesen nach ein typisches Ausbeutungsdelikt darstellende (vgl. Dokumentation zum StGB S. 197) -
Menschenhandel nach § 217 StGB, wobei der Angeklagte vorliegend (i. S. d. Absatzes 2 dieser Gesetzesstelle) zu Täuschungshandlungen gegriffen hat, die den für das Vermögensdelikt des Betrugs (§ 146 ff. StGB) charakteristischen Irreführungsakten durchaus ähnlich sind. Dazu kommt in allen diesen Fällen als Triebfeder der gleiche Charaktermangel des Täters, für den es sich stets um die möglichst mühelose Erlangung von Vermögensvorteilen und damit im Endergebnis um die so gestaltete Verschaffung seines Wohlstands handelt. Die Bezeichnung des Verbrechens nach § 217 Abs. 2 StGB als 'Formaldelikt' (Urteil II. Bd. S. 159) offenbart eine fundamentale Unkenntnis strafrechtstheoretischer Grundbegriffe: Die Strafrechtslehre unterscheidet Material- oder Erfolgsdelikte und Formal- oder schlichte Tätigkeitsdelikte.
Wesentlich für die ersteren ist, daß ein Erfolg an Personen oder Sachen eintritt, der wiederum ein Verletzungs- oder auch nur ein Gefährdungserfolg sein kann; danach teilt man die Material- oder Erfolgsdelikte in die Untergruppen der Verletzungsdelikte sowie der (konkreten oder abstrakten) Gefährdungsdelikte. Formaltatbestände (schlichte Tätigkeitsdelikte) sind dagegen Begehungsdelikte ohne jeden Erfolg.
Davon kann angesichts der (generalisierenden) Tatbeschreibungen in den beiden Absätzen des § 217 StGB nicht im entferntesten die Rede sein. Vielmehr verkörpert sowohl Abs. 1
als auch Abs. 2 des § 217 StGB infolge der dort verpönten (besonderen Art der) Ausbeutung des Menschen zur Unzucht, Abs. 2 überdies zufolge der dort kriminalisierten Verletzung des Selbstbestimmungsrechts jedes Menschen je ein echtes, unverkennbares Verletzungsdelikt. Das ändert die Gewichtung der für den Strafausspruch insgesamt maßgebenden Erwägungen wesentlich. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 19.April 1978, 10 Os 28/78 (= LSK. 1979/54), grundsätzlich ausgesprochen hat, bedarf der Menschenhandel zunächst und vor allem auf Grund internationaler, von Österreich ratifizierter Abkommen, die den Rechtsstandard der zivilisierten Staaten prästieren, einer wirksamen Bekämpfung. Im konkreten Fall hat die Staatsanwaltschaft überdies zutreffend darauf hingewiesen, daß mit Rücksicht auf die Erwerbstätigkeit des Angeklagten als Eigentümer bzw. Mitbesitzer diverser Animierlokale auch spezialpräventive Erfordernisse gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht im entscheidenden Maß sprechen. Hält man dazu, daß die (einschlägigen) Vorstrafen des Angeklagten zwar teilweise sehr empfindlich, aber samt und sonders ungenügend waren, um A zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu veranlassen, so ergibt sich zusammenfassend, daß es der Vollstreckung der verhängten Strafe sowohl aus spezial- wie auch aus generalpräventiven Gründen bedarf.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher Folge zu geben; das gleichartige Rechtsmittel des Angeklagten mußte demgegenüber ohne Erfolg bleiben.
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