Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit Bescheid vom 21. 4. 2005 hat die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der am 13. 12. 1946 geborenen Klägerin auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. 4. 2005 anerkannt.
Mit Schreiben vom 16. 3. 2006 beantragte die Klägerin die Pensionsanpassung per 1. 1. 2006.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. 4. 2006 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin auf Anpassung ihrer Pension für das Jahr 2006 mit der Begründung ab, dass gemäß § 108h ASVG die erstmalige Pensionsanpassung erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner des dem Stichtag der Pensionsfeststellung (= 1. 4. 2005) zweitfolgenden Kalenderjahres, somit erstmalig mit dem 1. Jänner des Jahres 2007, vorzunehmen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Pensionsversicherungsanstalt schuldig zu erkennen, die der Klägerin seit 1. 4. 2005 gewährte vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer im gesetzlichen Ausmaß per 1. 1. 2006 anzupassen, ab. Es stellte fest, dass die Pension der Klägerin ab 1. 4. 2005 monatlich EUR 1.755,39 brutto betrage, und verwies in seiner rechtlichen Beurteilung auf § 108h Abs 1 ASVG, wonach die erstmalige Anpassung einer Pension aus der Pensionsversicherung erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner des dem Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) zweitfolgenden Kalenderjahres vorzunehmen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil es die in der Berufung allein geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die geltende Gesetzeslage nicht teilte. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 108h Abs 1 ASVG fehle und der Klägerin die Möglichkeit gegeben werden solle, die Frage eines allfälligen Normprüfungsverfahrens auch an das Höchstgericht heranzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) - im Hinblick auf die mittlerweile zu der vom Berufungsgericht als rechtserheblich bezeichneten Rechtsfrage vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zulässig. Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel wiederum ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 108h Abs 1 letzter Satz ASVG normierte Verschiebung der erstmaligen Valorisierung von Neupensionen (erst ab dem 1. Jänner des dem Stichtag zweitfolgenden Kalenderjahres) geltend und regt an, das Revisionsgericht möge die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens bezüglich dieser Regelung beim Verfassungsgerichtshof beantragen.
Wie der Oberste Gerichtshof in der mittlerweile ergangenen Entscheidung 10 ObS 86/07f, vom 26. 7. 2007 näher ausgeführt hat, bestehen jedoch nach Auffassung des erkennenden Senates gegen diese Bestimmung (die Teil eines mit der Pensionsreform 2003 beschlossenen umfangreichen Maßnahmenpaktes ist, wodurch die mittel- und langfristige Sicherung der gesetzlichen Pensionen erreicht werden soll, weshalb auch für GSVG- und BSVG-Versicherte gleichlautende Regelungen über die Verschiebung der erstmaligen Valorisierung von Neupensionen geschaffen wurden [vgl § 50 Abs 1 letzter Satz GSVG, § 46 Abs 1 letzter Satz BSVG]) keine verfassungsrechtlichen Bedenken (RIS-Justiz RS0122212):
Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, welches am 20. 8. 2003 im Teil I des BGBl unter der Nr 71 kundgemacht wurde, wurden unter anderem Maßnahmen der Pensionsreform 2003 zur Sicherung der gesetzlichen Pensionsversicherung beschlossen. Es erfolgte dabei unter anderem eine (schrittweise) Aufhebung der vorzeitigen Alterspensionen, eine Verlängerung des Pensionsbemessungszeitraumes, eine Absenkung der Steigerungspunkte für die Pensionsberechnung, eine Erhöhung der Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt bzw der Bonifikation bei späterem Pensionsantritt sowie eine Verschiebung der erstmaligen Valorisierung von Neupensionen (vgl RV 59 BlgNR XXII. GP 175 f). Im Hinblick auf die zuletzt erwähnte Maßnahme der Verschiebung der erstmaligen Valorisierung von Neupensionen wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, dem § 108h Abs 1 folgender Satz angefügt:
„Handelt es sich um eine erstmalige Anpassung, so ist diese erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner des dem Stichtag (§ 223 Abs 2) zweitfolgenden Kalenderjahres vorzunehmen; abweichend davon ist für die erstmalige Anpassung von Hinterbliebenenpensionen, die aus einer bereits zuerkannten Leistung abgeleitet sind, der Stichtag dieser Leistung maßgebend."
In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (59 BlgNR XXII. GP 335) wird dazu ausgeführt, dass ab dem Jahr 2004 in dem auf das Jahr nach Pensionsantritt folgenden Jahr erstmals valorisiert werden soll. Ausgenommen davon sind lediglich Hinterbliebenenpensionen, die sich vom Pensionsbezug des Verstorbenen ableiten. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass allen Dienstnehmern in Hinkunft durch die neue Mitarbeitervorsorge, welche die alte Abfertigung abgelöst hat, die Möglichkeit eingeräumt wurde, steuerbegünstigt schon ab Erreichung des Pensionsalters eine Zusatzrente zu erhalten.
Nach der Bestimmung des § 108h Abs 1 letzter Satz ASVG, welche gemäß der Übergangsbestimmung des § 607 Abs 3b ASVG nur auf Leistungen anzuwenden ist, deren Stichtag (§ 223 Abs 2) - wie hier - nach dem 31. 12. 2003 liegt, ist die der Klägerin mit Stichtag 1. 4. 2005 zuerkannte vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer erstmals mit Wirksamkeit ab 1. 1. des dem Stichtag (1. 4. 2005) zweitfolgenden Kalenderjahres, also ab 1. 1. 2007, anzupassen. Der Revisionswerberin ist darin beizupflichten, dass diese Verschiebung der erstmaligen Pensionsanpassung auf den 1. 1. des auf den Stichtag zweitfolgenden Kalenderjahres faktisch eine dauerhafte Kürzung der Pension im Ausmaß der jeweils entfallenden Anpassung darstellt. Die in § 108h ASVG angeführten Pensionen wurden mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2006 wie folgt erhöht: Betrug die Pension nicht mehr als EUR 1.875,-- monatlich (das ist das Fünfzehnfache der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 ASVG), so war sie mit dem Anpassungsfaktor von 1,025 zu vervielfachen, sonst betrug die Erhöhung EUR 46,88 (vgl Verordnung der BMSGK, BGBl II 2005/374 - ASoK 2005, 396).
Der Oberste Gerichtshof hat zu den von Revisionswerberin im Hinblick auf diesen Pensionsverlust geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken aber schon in der Entscheidung 10 ObS 86/07f ausgeführt wie folgt:
„Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. In dieser Rechtsprechung kommt jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründbar sein muss. Weiters wird darin die Auffassung vertreten, dass auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen, die an sich sachlich gerechtfertigt sind, nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich begründen können. Dabei hat der Verfassungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber den Gleichheitssatz dann verletzt, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, wobei diesem - aus dem Gleichheitssatz erfließenden - Vertrauensschutz gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zukommt (VfSlg 15269 mwN ua).
Die von der Revisionswerberin als verfassungswidrig erachtete Regelung verfolgt als Teil der Pensionsreform 2003 das Ziel, das Pensionssystem mittel- und langfristig zu sichern. Eine im öffentlichen Interesse liegende Zielsetzung dieser Art ist an sich geeignet, Kürzungsregelungen wie die hier in Rede stehende sachlich zu rechtfertigen.
Der erkennende Senat hat auch nicht das Bedenken, dass die hier in Rede stehende faktische Kürzung des Pensionsbezuges im Hinblick auf die Intensität des Eingriffes in die vom Kläger bis dahin erworbene Pensionsanwartschaft aus der Sicht des Gleichheitssatzes unzulässig wäre. So hielt der Verfassungsgerichtshof beispielsweise eine dauernde Pensionskürzung von 1,4 % bei stufenweisen Inkrafttreten (VfSlg 14867), eine Gehaltsreduktion von etwa 1,5 % (VfSlg 14888), eine Beitragserhöhung um 3,4 % (VfGH B998/01 = ZAS 2002/7, 54) und sogar eine im Durchschnitt 12 %ige Kürzung von Beamtenpensionen als Folge einer Verringerung der Bemessungsgrundlage bei vorzeitiger Pensionierung (VfSlg 15269) für geringfügig und damit schon aus diesem Grunde für verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Pensionsentfall durch die mit 1. 1. 2006 unterbliebene Pensionsanpassung betrug beim Kläger maximal EUR 46,88 monatlich (= höchstens 2,5 %) und war daher im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht derart intensiv, dass er einen sachlich nicht begründbaren Eingriff in erworbene Rechtspositionen bewirken würde. Im Übrigen wird in der Lehre ganz allgemein die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber auch nach österreichischem Recht im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes eine Pensionsanpassung für einzelne Jahre sistieren kann (vgl Tomandl, Gedanken zum Vertrauensschutz im Sozialrecht, ZAS 2000, 129 ff [134] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes).
Soweit die Revisionswerberin meint, es gebe keine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung zwischen 'erstmaliger' und 'fortgesetzter' Pensionsanpassung, ist ihr entgegenzuhalten, dass das Schutzbedürfnis der noch aktiven Versicherten in der Regel geringer ist als jenes der Pensionisten, die ihre Pension im Vertrauen auf das gesetzlich festgeschriebene Leistungsniveau angetreten haben und deren Möglichkeiten, in der Pension auf Kürzungen ihrer Pension zu reagieren bestenfalls beschränkt, in den meisten Fällen aber überhaupt nicht vorhanden sind."
Dass das Berufungsgericht die von der Klägerin auch im vorliegenden Fall geltendgemachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der zitierten Bestimmung verneint hat, entspricht somit der dargestellten Rechtsprechung. In der Revision, die „die schon in der Berufung geltend gemachte Argumentation" aufrecht erhält und „der guten Ordnung halber" wiederholt, wird dagegen nicht Stichhältiges vorgebracht, weshalb das Rechtsmittel - im Hinblick auf die mittlerweile bereits vorliegende einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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