OGH 10ObS98/05t

OGH10ObS98/05t8.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Brandl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Ploteny (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Arkadiusz A*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Alexander Wöß, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. März 2004, GZ 11 Rs 16/04h-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 9. Oktober 2003, GZ 7 Cgs 100/02k-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Das bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens in Verwaltungssachen mit Beschluss vom 14. September 2004, 10 ObS 99/04p, unterbrochene Verfahren wird aufgenommen.

2. Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten der Revision sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der aus Polen stammende Kläger kam im Sommer 1988 als Flüchtling nach Österreich, wo er um politisches Asyl ansuchte. Er wurde von der Schaustellerin Hedwig H*****, die gemeinsam mit ihrem Gatten Werner H***** als Schausteller mit Autodrom, Schaukeln udgl auf verschiedenen Jahrmärkten tätig war, angesprochen, ob er als Helfer bei ihnen arbeiten wolle. Der Kläger, der eine Arbeitsgenehmigung benötigte, sagte den Ehegatten H***** zu und begann mit Anfang April 1988 (gemeint wohl: 1989) mit seiner Tätigkeit. Die Ehegatten H***** wohnten in einem großen Campingwagen; auch für ihre Mitarbeiter gab es solche Unterkünfte. Die Tätigkeit des Klägers umfasste den Auf- und Abbau des Karussells, der Schaukel und des Autodroms. Er hatte generell beim Betrieb für Ordnung zu sorgen und war auch für Reinigungsarbeiten zuständig. Eine konkrete Arbeitszeit war mit dem Kläger nicht vereinbart; der Kläger hatte „rund um die Uhr" für seinen Chef (Werner H*****) da zu sein. Wenn keine der erwähnten Arbeiten zu verrichten war, trug Werner H***** dem Kläger und seinen übrigen Mitarbeitern die Verrichtung anderer Arbeiten wie beispielsweise Autowaschen auf. Der Kläger erhielt für seine Tätigkeit S 2.000 in der Woche bezahlt und von Hedwig H***** bekam er außerdem gelegentlich noch kleinere Geldbeträge.

Da Werner H***** ein sehr strenger und militanter Mensch war, hatte der Kläger Angst um seine Arbeit und kam generell allen Aufträgen seines Chefs nach. Eines Tages teilte Werner H***** dem Kläger sowie dessen Arbeitskollegen Michael S***** und Rene H***** mit, sie würden zum Schießen fahren. Obwohl der Kläger nicht wollte, verlangte Werner H***** von ihm, dass er mit einer Waffe schieße. Da Michael S***** damals sehr schlecht schoss, schoss ihm Werner H***** zwischen die Füße, sodass Michael S***** hin- und hersprang. Werner H***** fand diesen Vorfall sehr unterhaltsam, während der Kläger sich dadurch sehr belastet fühlte. Da der Kläger sah, wie Werner H***** mit anderen Mitarbeitern umging, fühlte er sich ständig unter Druck und kam allen Aufforderungen seines Chef nach, zumal er ihm wegen seiner ständigen Nachfrage nach seiner Arbeitsgenehmigung bereits etwas lästig wurde.

Am 5. 9. 1989 reinigte der Kläger die Autos des Autodroms, als Werner H***** erklärte, er habe ein Motorrad gekauft, und allen Mitarbeitern befahl, gemeinsam mit ihm zu einer Schottergrube zu fahren, um das noch nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassene Motorrad zu testen. Der Kläger wusste nicht, zu welchem (betrieblichen oder privaten) Zweck Werner H***** das Motorrad gekauft hatte. Nach der Fahrt mit dem Motorrad sollte der Kläger seine begonnene Arbeit für Werner H***** wieder fortsetzen. Der Kläger sollte als erster mit dem Motorrad fahren; er hatte aber ein mulmiges Gefühl. Daraufhin fuhren zunächst Werner H***** sowie die Arbeitskollegen H***** und Michael S***** und schließlich der Kläger. Der Kläger kam dabei mit dem Motorrad zu Sturz und zog sich einen Kompressionsbruch des 7., 8. und 9. Brustwirbelkörpers zu. Er ist seit dem Unfall ab der Höhe des 10. Brustwirbelkörpers querschnittgelähmt mit einer Blasen- und Mastdarmlähmung.

Der Kläger beantragte am 9. 5. 2000 die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall und die Gewährung einer Versehrtenrente. Seine Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt unfallsbedingt seit 9. 5. 2000 100 vH.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23. 4. 2002 den Anspruch des Klägers auf Entschädigung aus Anlass dieses Unfalls ab, weil der Kläger zum Unfallszeitpunkt nicht zur Pflichtversicherung gemeldet gewesen sei und die zum Unfall führende Fahrt mit dem Motocrossmotorrad ausschließlich privaten Zwecken gedient habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Klage mit dem Begehren auf Zahlung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß ab Antragstellung. Der Unfall habe sich während eines bestehenden Dienstverhältnisses ereignet, da der Kläger während seiner Arbeitszeit im Auftrag seines Dienstgebers mit der Motocrossmaschine gefahren sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ein Dienstverhältnis des Klägers zum Schausteller Werner H***** habe zum Unfallszeitpunkt nicht bestanden. Das Motorrad sei vom Kläger und zwei weiteren Schaustellergehilfen ohne Einwilligung des Eigentümers in Betrieb genommen worden. Das Fahren mit dem Motorrad habe ausschließlich privaten Zwecken gedient.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren dahin statt, dass es dem Kläger ab 9. 5. 2000 eine Versehrtenrente im Ausmaß 100 vH der Vollrente samt Zusatzrente als Dauerrente zuerkannte. Eine vorläufige Zahlung wurde der Beklagten nicht aufgetragen. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, der Kläger sei im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei Werner H***** beschäftigt gewesen. Der Umstand, dass Werner H***** den Kläger nicht zur Sozialversicherung angemeldet habe, schließe das Vorliegen eines Arbeitsunfalles nicht aus. Das Verhalten des Werner H***** und die für seine Mitarbeiter dadurch entstandene Drucksituation habe auch das Unfallsgeschehen vom 5. 9. 1989 zur Betriebstätigkeit im weitesten Sinn gemacht, weil Werner H***** infolge der Abhängigkeit seiner Mitarbeiter diesen keinen Entscheidungsspielraum gelassen habe. Seine Mitarbeiter hätten sich seinem Willen beugen müssen. Da damit der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und dem Arbeitsverhältnis gegeben sei, sei der Unfall vom 5. 9. 1989 als Arbeitsunfall zu qualifizieren.

Das Berufungsgericht wies in Stattgebung der Berufung der Beklagten das Klagebegehren ab. Nach seiner Rechtsansicht stehe das nach den bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes von Werner H***** angeordnete Fahren mit dem Motorrad derart außerhalb der zum Arbeitsverhältnis gehörenden Tätigkeiten, dass es objektiv nicht mehr als Teil der Erwerbstätigkeit des Klägers angesehen werden könne. Auch der Kläger habe angesichts der von ihm sonst zu verrichtenden Tätigkeiten keinesfalls berechtigterweise annehmen dürfen, noch im Rahmen seines Dienstverhältnisses zu handeln. Der für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit sei daher zu verneinen, wenn sich der Unfall des sich unter massivem Druck des Dienstgebers fühlenden Dienstnehmers bei einer ihm zwar aufgetragenen, jedoch gänzlich beriebsfremden Tätigkeit ereignet habe. Da das Vorliegen eines Arbeitsunfalles somit schon aufgrund dieser rechtlichen Erwägungen zu verneinen sei, erübrige sich ein Eingehen auf die Ausführungen zur behaupteten Aktenwidrigkeit sowie zur Tatsachen- und Beweisrüge. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Aus Anlass der Revision hat der Oberste Gerichtshof im Sinne des § 74 Abs 1 ASGG das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 14. 9. 2004, 10 ObS 99/04p, unterbrochen und ausgesprochen, dass nach rechtskräftiger Entscheidung über die Vorfrage der Versicherungspflicht des Klägers das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werde. Im vorliegenden Verfahren gehe es zunächst um die Klärung der zwischen den Parteien strittigen Vorfrage, ob der Kläger am Unfallstag der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlegen sei. Über diese Vorfrage sei gemäß § 74 Abs 1 ASGG im Verfahren in Verwaltungssachen zu entscheiden.

Mit Bescheid vom 2. 8. 2005, Zl: 6-SO-N2578/4-2005, hat der Landeshauptmann von Burgenland dem gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 5. 11. 2004 von Werner H***** erhobenen Einspruch keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Kläger am 5. 9. 1989 der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 2 ASVG unterlegen ist. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Nach rechtskräftiger Entscheidung der Vorfrage der Versicherungspflicht des Klägers war das unterbrochene Revisionsverfahren von Amts wegen wieder aufzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne der beschlossenen Aufhebung berechtigt.

Der Revisionswerber macht in seinem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, auch Verrichtungen, zu denen kein Weisungsrecht des Arbeitgebers bestehe, die der Arbeitnehmer aber aufgrund seiner persönlichen Abhängigkeit nicht ablehnen könne, stünden unter Unfallversicherungsschutz. Seine Arbeitspflichten seien nur grob umschrieben gewesen. Das Testen eines Motorrades stehe nicht von vornherein außerhalb seiner zum Arbeitsverhältnis gehörenden Tätigkeit. Er habe diese Tätigkeit während der Arbeitszeit und nur aufgrund der Anweisung des Arbeitgebers verrichtet. Einem allfälligen eigenwirtschaftlichen Interesse komme dem gegenüber nur eine untergeordnete Bedeutung zu.

Überdies habe sich der Unfall im Zuge einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ereignet und stehe auch deshalb unter Unfallversicherungsschutz. Sein Arbeitgeber habe die Motorradfahrt sämtlicher Mitarbeiter initiiert und angeordnet. Er habe sich bezüglich der Teilnahme an dieser Gemeinschaftsveranstaltung in einer Zwangslage befunden, weil auch alle anderen Schaustellergehilfen an dieser Veranstaltung teilgenommen hätten. Der Arbeitgeber habe unter Berücksichtigung der in einem Schaustellerbetrieb bestehenden lockeren Betriebsorganisation die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung auch spontan organisieren und sämtliche Arbeiter verbindlich zur Teilnahme an der geplanten Aktivität verpflichten können.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis im Sinne der beschlossenen Aufhebung teilweise Berechtigung zu.

Vorauszuschicken ist, dass das Gericht an die im Verwaltungsverfahren ergangene Entscheidung gebunden ist (SSV-NF 3/31, 3/92 ua). Im vorliegenden Fall wurde im Verwaltungsverfahren rechtskräftig ausgesprochen, dass der Kläger am Unfallstag (5. 9. 1989) der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 2 ASVG unterlegen ist. Auf dieser Grundlage ist nunmehr zu prüfen, ob sich der Unfall des Klägers im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit seiner die Pflichtversicherung begründenden Beschäftigung ereignet hat.

Die Frage, ob die unfallverursachende Handlung in einem solchen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis stand, beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach subjektiven und objektiven Kriterien: Die betreffende Handlung muss vom Versicherten mit der Intention gesetzt werden, seiner - versicherungspflichtigen - Erwerbstätigkeit nachzukommen (subjektive Seite); die Handlung muss darüber hinaus auch objektiv, das heißt von der Warte eines Außenstehenden, als Ausübung oder als Ausfluss dieser Erwerbstätigkeit angesehen werden können. Dabei handelt es sich in erster Linie um Handlungsweisen, die in Erfüllung des Arbeitsvertrages verrichtet werden und die der Arbeitgeber aufgrund seiner Weisungsbefugnis anordnen kann (SSV-NF 16/36 mwN). Die versicherte Tätigkeit beschränkt sich beim Arbeitnehmer allerdings nicht auf die bloße Erfüllung des Arbeitsvertrages. § 175 Abs 2 Z 3 ASVG zeigt deutlich, dass der Versicherungsschutz auch dann besteht, wenn der Versicherte vom Arbeitgeber zu häuslichen oder „anderen" Tätigkeiten herangezogen wird. Es handelt sich dabei um Tätigkeiten, die gerade nicht Inhalt des Arbeitsvertrages sind. Das „Heranziehen" durch den Arbeitgeber ist daher aus arbeitsrechtlicher Sicht auch keine Weisung. Dem Arbeitnehmer soll jedoch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht kein Nachteil entstehen, wenn er bei einem derartigen Heranziehen (zB Gartenpflege durch den Chauffeur) nicht den Weg zum Arbeitsgericht beschreitet, sondern der unzulässigen Weisung Folge leistet. Selbst wenn daher eine arbeitsvertraglich unzulässige Weisung des Arbeitgebers vorliegt, diese aber in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag steht, ist die aufgrund der unzulässigen Weisung ausgeübte Tätigkeit dennoch Teil der geschützten Beschäftigung (Schrammel in seiner Entscheidungsbesprechung in DRdA 1999/30, 264 f; vgl auch Jöst in der Besprechung dieser Entscheidung in ZAS 1999/17, 154 f). Der Oberste Gerichtshof hat sich den erwähnten Ausführungen von Schrammel in seinen Entscheidungen 10 ObS 67/99x (= SSV-NF 13/92), 10 ObS 324/99s (= SSV-NF 13/140) und 10 ObS 109/02f (= SSV-NF 16/36) ausdrücklich angeschlossen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist bei vergleichbarer Rechtslage in Judikatur und Lehre die Auffassung herrschend, dass nicht nur eine Weisung, sondern auch ein „Ersuchen" des Unternehmers oder eines Vorgesetzten, eine bestimmte betriebsbezogene Tätigkeit auszuüben, den Versicherungsschutz selbst dann begründen kann, wenn eine Weigerung des Versicherten zu keinen arbeitsrechtlichen Folgen führen könnte. Selbst das Besorgen einer privaten Angelegenheit für einen Vorgesetzten während der Arbeitszeit steht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang, wenn der Untergebene nach den bestehenden Gepflogenheiten zu Recht hat glauben können, dass er sich einer solchen Bitte nicht entziehen konnte, wobei selbst nicht entscheidend ist, ob er im Weigerungsfall mit irgendwelchen nachteiligen Folgen für seine dienstlichen und persönlichen Belange hätte rechnen können (vgl Krasney, Die Handlungstendenz als Kriterium für die Zurechnung in der gesetzlichen Unfallversicherung, NZS 2000, 373 ff [375]; ders in Brackmann, Handbuch der SV, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII Rz 34f; Keller in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch, SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, K § 8 Rz 18 mwN ua). Nur sogenannte eigenwirtschaftliche Handlungen, die aus persönlichen Gründen erfolgen und den privaten unversicherten Interessen dienen, sollen grundsätzlich von der Unfallversicherung nicht geschützt werden (SSV-NF 7/79 ua).

Im vorliegenden Fall ist nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen davon auszugehen, dass der Kläger am Unfallstag im Rahmen seiner eigentlichen Arbeitstätigkeit Reinigungsarbeiten an den Autos des Autodroms verrichtete, als Werner H***** seinen Mitarbeitern befahl, gemeinsam mit ihm zur Schottergrube zu fahren, um ein von ihm neu gekauftes und noch nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassenes Motorrad zu testen. Der Kläger sollte danach seine bisherige Arbeit wieder fortsetzen. Es ist somit nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes davon auszugehen, dass sich der Unfall grundsätzlich während der Arbeitszeit des Klägers ereignete. Es kommt damit aber der weiteren Frage, ob das Testen des Motorrades über ausdrücklichen Auftrag des Arbeitgebers oder im eigenwirtschaftlichen Interesse des Klägers erfolgte, eine entscheidende Bedeutung zu. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes erteilte der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern einen entsprechenden Auftrag, dem sich der Kläger aufgrund der näher dargestellten Drucksituation nicht entziehen konnte. Dem gegenüber begehrte die Beklagte in ihrer Berufung die Feststellung, der Kläger habe ohne jeden Auftrag oder Zwang seines Arbeitgebers aus eigenem Antrieb die Gelegenheit zu der Fahrt mit dem Motorrad wahrgenommen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von seiner Rechtsansicht, beim Testen des Motorrades habe es sich um eine betriebsfremde Tätigkeit gehandelt, weshalb ein Unfallversicherungsschutz von vornherein nicht in Betracht komme, die Richtigkeit der von der Beklagten in ihren Berufungsausführungen bekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes nicht überprüft. Der Umstand, dass es sich dabei um eine betriebsfremde Tätigkeit gehandelt hat, schließt jedoch im Sinne der oben dargelegten Ausführungen den Unfallversicherungsschutz nicht von vornherein aus. Der Arbeitnehmer ist danach nämlich auch dann geschützt, wenn er vom Arbeitgeber oder Vorgesetzten zu berufsfremden Tätigkeiten, also zu Tätigkeiten, die im Arbeitsvertrag keine Grundlage haben, herangezogen wird. Er ist auch bei privaten Diensten geschützte, wenn er berechtigterweise annehmen konnte, zur Befolgung eines entsprechenden Auftrages verpflichtet zu sein oder sie zumindest nicht ablehnen zu können. Denn, wie Tomandl, Das Leistungsrecht der österreichischen Unfallversicherung 25f zutreffend ausführt, erreichen auch solche Aufträge den Adressaten nur in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer, das heißt als persönlich Abhängiger; kommt er ihnen nach, so nur in Ausübung seiner Erwerbstätigkeit. Anders ist es zu beurteilen, wenn der Arbeitnehmer eigenmächtig (= ohne Auftrag des Arbeitgebers) oder im eigenwirtschaftlichen Interesse Verrichtungen erbringt, die seine arbeitsvertraglichen Pflichten übersteigen. So hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 10 ObS 132/93 (= SSV-NF 7/79) im Fall eines Versicherten, dem von seinem Arbeitgeber für Fahrten in der Freizeit an einem verlängerten Wochenende ein Testmotorrad kostenlos gegen Erstattung eines Berichtes über allfällige technische Auffälligkeiten zur Verfügung gestellt wurde, einen Unfallversicherungsschutz bei diesen Fahrten verneint, weil für den damaligen Kläger das eigenwirtschaftliche Interesse am Motorradfahren in der Freizeit klar im Vordergrund gestanden war und das Motorradfahren zu privaten Zwecken in der Freizeit keine Ausübungshandlung des damaligen Klägers in seiner Rolle als Erwerbstätiger darstellte. Für ein solches (überwiegendes) eigenwirtschaftliches Interesse des Klägers am Motorradfahren bietet der im vorliegenden Fall festgestellte Sachverhalt jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Der Versicherungsschutz entfällt auch nicht bereits dann, wenn sich der Versicherte erhöht der Gefahr eines Unfalls aussetzte. Nur eine aus betriebsfremden Motiven selbstgeschaffene Gefahr schließt den Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall aus (vgl Krasney in Brackmann aaO § 8 Rz 171 zum Begriff: „Gefahr, selbstgeschaffene" mwN). Für das Vorliegen einer solchen aus betriebsfremden Motiven selbst geschaffenen Gefahr bestehen nach dem festgestellten Sachverhalt aber ebenfalls keine Anhaltspunkte.

Nicht zu folgen ist allerdings der weiteren Ansicht des Revisionswerbers, sein Unfall habe sich im Zuge einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ereignet und stehe auch deshalb unter Unfallversicherungsschutz. Wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung insoweit zutreffend ausführt, setzt eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter anderem ein bestimmtes Maß an Organisation in Planung und Durchführung sowie die Pflege der Betriebsverbundenheit voraus. Aus den Feststellungen ergibt sich bei einer lebensnahen Betrachtungsweise kein Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei dem vom Arbeitgeber offensichtlich ohne jede Vorankündigung angesetzten gemeinsamen Testen seines neu gekauften Motorrades um eine geplante betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung mit der Gelegenheit zur Pflege der Gemeinschaftsverbundenheit gehandelt hätte.

Da das Berufungsgericht zu der im Zusammenhang mit der entscheidungswesentlichen Frage, ob der Kläger über ausdrücklichen Auftrag seines Arbeitgebers oder aus eigenem Antrieb die Fahrt mit dem Motorrad unternommen hat, erhobenen Tatsachen- und Beweisrüge der Beklagten nicht Stellung genommen hat, ist das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben, sodass das Berufungsurteil aufzuheben war.

Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 52 ZPO.

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