Spruch:
Dem als Revision bezeichneten Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Aus Anlaß des Revisionsrekurses wird die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß sie als Beschluß zu lauten hat:
"Der Berufung (richtig: dem Rekurs) wird nicht Folge gegeben und die erstgerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Berufung (richtig: ihres Rekurses) selbst zu tragen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die am 7.9.1945 geborene Klägerin erlitt am 17.8.1983 bei einem Verkehrsunfall als Fondsinsassin einen Oberarmbruch im Bereich des rechten Ellenbogens. Mit Bescheid der Beklagten vom 6.2.1985 wurde der Antrag der Klägerin auf Weitergewährung der ihr mit Bescheid vom 13.8.1984 bis 31.12.1984 befristet zuerkannten Invaliditätspension abgelehnt. Die dagegen von der Klägerin erhobene Klage, mit dem gegen die Beklagte gerichteten Begehren auf Weiterbezahlung der Invaliditätspension ab 1.1.1985 ist mit dem im Hauptverfahren ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Kärnten in Klagenfurt vom 22.8.1985, 10 C 29/85-8, abgewiesen worden. Nach dem auf der Grundlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Dr. Heinrich R*** vom 4.7.1985 festgestellten Leistungskalkül waren der Klägerin nur mehr leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen zumutbar, wobei das Heben und Tragen von Lasten rechtsseitig mit 7 kg zu limitieren war. Die Besserung war in der Bruchkonsolidierung unter vermehrter Belastbarkeit des rechten Armes zu sehen. Darüber hinaus wurde auf Grund des mündlichen Gutachtens des berufskundlichen Sachverständigen Albert P*** vom 22.8.1985 festgestellt, daß der Beruf einer Schneiderin leichter Art ist, wobei fallweise mittelschwere Arbeiten, wie z.B. Bügeln, vorkommen. Er wird überwiegend im Sitzen ausgeübt. Gebrauchsfähigkeit der Hände muß gegeben sein. Als mittelschwere Arbeiten, die fallweise vorkommen, ist nur das Bügeln anzusehen, wobei die Bügeleisen heutzutage ein Gewicht von 7 kg nicht mehr überschreiten. Auf Grund dieser Feststellungen vertrat das Schiedsgericht die Rechtsansicht, der Klägerin sei es durchaus möglich, wieder den von ihr erlernten Beruf als Schneiderin auszuüben.
Mit der vorliegenden, am 5.11.1986 eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Wiederaufnahme des genannten Hauptverfahrens aus dem Wiederaufnahmsgrund des "§ 69 Abs 1 lit b) AVG" (gemeint wohl:
der inhaltlich entsprechende Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO). Sie begründete dies damit, daß in dem von ihr gegen den seinerzeitigen Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer angestrengten Schadenersatzprozeß zu 18 Cg 56/86 des Landesgerichtes Klagenfurt zwei schriftliche Gutachten der Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Heinz M*** und Dr. Fritz W*** vom 9. und 17.10.1986 eingeholt und ihr am 3.11.1986 zugestellt worden seien. Zwar befaßten sich beide Gutachten nicht mit der Frage, ob die Klägerin ihre Tätigkeit als Schneiderin ausüben könne, weil sie nur zu beurteilen gehabt hätten, ob die Klägerin in der Lage sei, Aushilfsarbeiten im Gasthaus und Arbeiten am Sportplatz und im Sporthaus durchzuführen; aus den Ausführungen beider Sachverständigen ergebe sich aber doch eindeutig, daß sie seit 1.1.1985 nicht in der Lage gewesen sei, Arbeiten als Schneiderin zu verrichten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahmen in Urteilsform mit der Begründung ab, es sei unzulässig, die Wiederaufnahmsklage darauf zu stützen, daß sich aus späteren Tatumständen die mangelnde fachliche Eignung der im Vorprozeß vernommenen Sachverständigen und die objektive Unrichtigkeit ihres Gutachtens ergeben solle, oder daß ein anderer Sachverständiger später ein abweichendes Gutachten, das auf den gleichen Regeln der Wissenschaft beruhe, abgegeben habe. Da sich die Klägerin aber auf Gutachten stütze, die erst im Oktober 1986 vorgelegt worden seien und somit die objektive Unrichtigkeit des Gutachtens im Hauptverfahren dargelegt werden solle, dieses aber bereits mit Urteil vom 22.8.1985 abgeschlossen worden sei, könne dem Klagebegehren ein Erfolg nicht beschieden sein.
Das Oberlandesgericht Graz gab mit dem angefochtenen Urteil der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, wonach im Sinne der ständigen Rechtsprechung spätere Gutachten, die zu einem im Hauptprozeß erstatteten Gutachten im Widerspruch stehen, den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO nicht herstellen könnten, wenn - wie hier - das Thema der Begutachtung, nämlich der somatische Zustand der Klägerin ab Pensionsantrag und ihre daraus abzuleitende Einsatzfähigkeit, bereits im Hauptprozeß bekannt war. In Wahrheit versuche die Klägerin mit ihrem Vorbringen in der Wiederaufnahmsklage nichts anderes, als die Richtigkeit des im Hauptprozeß eingeholten medizinischen Gutachtens zu bekämpfen bzw. die seinerzeit mit Berufung geltend zu machen gewesenen Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bzw. der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nachzuholen. Im übrigen könne aber den neuen Gutachten auch gar nicht entnommen werden, daß das im Hauptverfahren erstattete Gutachten des Sachverständigen Dr. R*** etwa unrichtig gewesen wäre.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt werde. Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision, die sich aus den folgenden Gründen als Revisionsrekurs darstellt, der gemäß § 47 Abs 2 ASGG jedenfalls zulässig ist, ist nicht gerechtfertigt.
Es ist der Klägerin zuzubilligen, daß der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO auch bei einem Sachverständigen ausnahmsweise in Betracht kommen kann. Hiezu genügt es allerdings nicht, daß sich aus späteren Tatumständen die Unrichtigkeit des Gutachtens oder die mangelnde fachliche Eignung des im Vorprozeß vernommenen Sachverständigen ergeben soll. Es ist daher auch unzulässig, eine Wiederaufnahmsklage darauf zu stützen, daß ein anderer Sachverständiger später ein abweichendes Gutachten erstattet habe (vgl. Fasching IV, 515; EvBl 1958/203; SZ 49/67; 8 Ob 124/82; 2 Ob 677/85 ua.). Der Wiederaufnahmswerber müßte in einem solchen Fall vielmehr etwa den Nachweis erbringen, daß der im Hauptverfahren vernommene Sachverständige eine behauptete Zwischenerhebung in Wahrheit nicht durchgeführt habe (EvBl 1961/26; SZ 49/67) oder daß die jüngeren Gutachten auf einer neuen wissenschaftlichen Methode basieren, die zum Zeitpunkt der Begutachtung im Hauptverfahren noch unbekannt war (8 Ob 124/82). Behauptungen in dieser Richtung hat aber die Klägerin weder aufgestellt noch ergeben sich hiefür die geringsten Anhaltspunkte aus der Aktenlage. Beide Vorinstanzen haben daher ohne Rechtsirrtum erkannt, daß die Wiederaufnahmsklage auf keinen gesetzlichen Anfechtungsgrund, insbesondere nicht auf jenen des allein geltend gemachten § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, gestützt ist. Sie hätte daher vom Erstgericht bereits im Vorprüfungsverfahren gemäß § 538 Abs 1 ZPO bzw. wenn dies erst später erkannt worden wäre, gemäß § 543 ZPO durch Beschluß zurückgewiesen werden müssen. Da auch das Berufungsgericht die unzulässige Wiederaufnahmsklage nicht mit Beschluß zurückgewiesen, sondern die urteilsmäßige Abweisung durch das Erstgericht bestätigt hat, auf das Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen aber in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist (Fasching IV, 558; EvBl 1972/78; SZ 47/99 ua.), hatte auch der Oberste Gerichtshof auf Grund der vorliegenden Revision diesen Umstand aufzugreifen und entsprechend zu entscheiden. Da die erstgerichtliche Entscheidung in Wahrheit einen Beschluß über die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage darstellt und das Berufungsgericht die Rechtsausführungen gebilligt hat, aus denen sich die Gründe für die Zurückweisung ergeben, hätte es die erstgerichtliche Entscheidung mit Beschluß bestätigen müssen. Infolge amtswegiger Wahrnehmung dieses Umstandes durch den Obersten Gerichtshof war der Entscheidung des Berufungsgerichtes die entsprechende Form zu geben.
Der Kostenausspruch beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b) ASGG.
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