OGH 10ObS8/95

OGH10ObS8/9531.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Gotschy (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Vera N*****, Pensionistin, ***** wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr.Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.September 1994, GZ 33 Rs 73/94-12, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Dezember 1993, GZ 23 Cgs 158/93f-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 2.7.1993 sprach die Beklagte aus, daß der Anspruch der Klägerin auf die zur Pension gewährte Ausgleichszulage ab 1.10.1992 nicht bestehe; der in der Zeit vom 1.10.1992 bis 30.4.1993 entstandene Überbezug an Ausgleichszulage von 28.970,70 S werde rückgefordert und auf die ab 1.7.1993 fällige Pensionsleistung aufgerechnet. Der Schwiegersohn der Klägerin habe sich nämlich verpflichtet, öffentlichen Behörden alle Kosten im Zusammenhang mit ihrer Einreise, dem Aufenthalt und der Ausreise zu bezahlen.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß sie nicht zum Rückersatz des genannten Betrages verpflichtet sei, und eine monatliche Ausgleichszulage von 6.009,70 S ab 1.10.1992.

Die Beklagte beantragt die Abweisung dieser Begehren und die Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz des Überbezuges; sie stützt sich auf die in ihrem Bescheid erwähnte Verpflichtungserklärung des Schwiegersohnes der Klägerin vor dem Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien sowie auf einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihre Tochter.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte, der Klägerin die Ausgleichszulage in der Höhe der Differenz der von der Beklagten bezogenen Pension und der jugoslawischen Rente auf den Richtsatz von 6.500 S unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen ab 1.10.1992 zu gewähren und vom Rückersatz eines Überbezuges für die Zeit vom 1.10.1992 bis 30.4.1993 von 28.970,70 S Abstand zu nehmen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; weiters erklärte es den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Berufungsgericht erachtete die Sache insbesondere wegen fehlender Feststellungen über die Höhe der jugoslawischen "Rente" - es fehlen übrigens auch Feststellungen über die Höhe der österreichischen Pension - für noch nicht spruchreif und den Urteilsspruch (hinsichtlich des Leistungsbegehrens) für nicht ausreichend bestimmt, lehnte aber die Rechtsansicht der Beklagten, die Verpflichtungserklärung des Schwiegersohnes der Klägerin wäre bei der Ausgleichszulage zu berücksichtigen, ab.

Die Beklagte bekämpft den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß mit Rekurs. Sie macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das (die) Klagebegehren abzuweisen und die Klägerin zum Rückersatz von 28.970,70 S zu verpflichten.

Die Klägerin erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nach § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ZPO iVm § 47 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASGG zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin bekämpft ausschließlich die Rechtsansicht des Rekursgerichtes über die Bedeutung der erwähnten Erklärung des Schwiegersohnes der Klägerin auf deren Ausgleichszulagenanspruch.

Am 21.10.1991 unterfertige L***** S*****, der in Wien wohnende Schwiegersohn der Klägerin, vor dem Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien eine "Verpflichtungserklärung". Darin erklärte er, die Klägerin zu einem Besuch zu sich einzuladen. Er verpflichte sich, für den Unterhalt und die Unterkunft der eingladenen Person aufzukommen, weiters der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt ..... und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen. (Nach einem "Hinweis" sollen durch diese Verpflichtungserklärung beispielsweise auch Kosten für Fürsorgeleistungen und Aufwendungen für medizinische Betreuung erfaßt sein.)

Die Rekurswerberin führt aus, die beiden Vorinstanzen hätten übersehen, daß die "Verpflichtungserklärung" des Schwiegersohnes der Klägerin aus zwei Teilen bestehe. Im ersten habe sich der Genannte verpflichtet, für den Unterhalt und die Unterkunft der Klägerin aufzukommen; erst im zweiten sei vom Kostenersatz gegenüber den dort genannten Rechtsträgern die Rede. Daher sei der erste Teil der "Verpflichtungserklärung" nicht gegenüber einem Dritten, sondern gegenüber der Klägerin abgegeben worden. Damit habe er ihr ein Unterhaltsversprechen gemacht, das sie zumindest konkludent angenommen habe. Dadurch sei nach § 861 ABGB ein Vertrag entstanden. Der vertragliche Unterhaltsanspruch der Klägerin schließe einen Anspruch auf Ausgleichszulage aus.

Der erkennende Senat hat in der noch nicht veröffentlichten E 23.11.1994, 10 Ob S 176/94 unter Bedachtnahme auf das Fremdengesetz - FrG und das Aufenthaltsgesetz - AufG ausführlich begründet, daß eine solche einzig und allein aus dem Fremdenrecht erklärbare "Verpflichtungserklärung" nicht geeignet sei, den Anspruch auf Ausgleichszulage zu schmälern. Sinn und Zweck dieser gegenüber der Aufenthaltsbehörde abzugebenden Patronatserklärung sei die Sicherung jener Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen können, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines gesetzlichen Anspruches. Es könne aber nicht der Sinn einer solchen Erklärung sein, eine Gebietskörperschaft oder auch einen Sozialversicherungsträger von gesetzlich gebührenden Ansprüchen zu entlasten. Derartige Erklärungen könnten auch objektiv nicht so verstanden werden, daß der Patron diese öffentlichen Rechtsträger entlasten wolle. Er übernehme nur die Ausfallshaftung für solche Kosten, auf die kein gesetzlicher Anspruch bestehe. IdS sei auch die Verpflichtung zu verstehen, für den Unterhalt der eingeladenen Personen aufzukommen: Auch diese Verpflichtung könne nur hilfsweise für den Fall angenommen werden, daß der Eingeladene nicht über eigene Mittel für seinen Unterhalt verfügt. Habe aber ein Fremder, solange er sich im Inland aufhält, einen gesetzlichen Anspruch auf Ausgleichszulage, dann werde dieser nicht dadurch geschmälert, daß sich ein Dritter zur subsidiären Unterhaltsgewährung verpflichtet hat.

Hinsichtlich der näheren Begründung wird auf die jedermann zugängliche (§ 15a Abs 1 OGH-G) bezogene E 10 Ob S 176/94 verwiesen, die in einem Verfahren erging, an der die vom selben Rechtsanwalt vertretene Beklagte beteiligt war.

Im fortgesetzten Verfahren wird bezüglich des serbischen Rentenanspruchs auf die E SSV-NF 7/93 hingewiesen.

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