OGH 10ObS86/20z

OGH10ObS86/20z24.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei V*****, Serbien, vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Witwenpension über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. April 2020, GZ 9 Rs 20/20g‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00086.20Z.0624.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Witwenpension wäre zufolge § 86 Abs 3 Z 1 (iVm § 223 Abs 1 Z 3) ASVG nur dann mit dem Tod des Ehemanns der Klägerin (und nicht erst mit dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag) angefallen, wenn der Antrag binnen sechs Monaten nach dem Tod gestellt worden wäre.

2. Die Revisionswerberin bezweifelt nicht, dass kein in § 86 Abs 3 Z 1 ASVG ausdrücklich festgelegter Fall einer Ausnahme von diesem Grundsatz verwirklicht ist. Sie will aber die Ausnahme des § 86 Abs 3 Z 1 Satz 5 ASVG analog auf den vorliegenden Fall der verspäteten eigenen Kenntnis vom Tod des Versicherten anwenden. Nach dieser Ausnahmebestimmung beginnt die Antragsfrist bei nachträglicher amtlicher Feststellung des Todestags erst mit dem Zeitpunkt dieser Feststellung.

3. Der Gesetzgeber hat die Ausnahmefälle des § 86 Abs 3 Z 1 ASVG sehr genau und detailliert umschrieben, weshalb sich aus einer bestimmten Ausnahmeregelung kein verallgemeinerungsfähiger Grundsatz ableiten lässt (vgl RIS‑Justiz RS0053931 [T4]). Das spricht gegen eine Analogie, die eine Gesetzeslücke im Sinn einer planwidrigen Unvollständigkeit voraussetzt (RS0098756 [T1]).

4. Die Regelung des § 86 Abs 3 Z 1 ASVG, dass Hinterbliebenenpensionen bei verspäteter Antragstellung nicht bereits mit dem Tod der versicherten Person anfallen, ist verfassungsrechtlich unbedenklich (RS0053931).

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